Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 25/2022

Ausgabe 15.7.2022

Lesedauer: 9 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Inhaltsübersicht



Im Brennpunkt


Kroatiens Euro-Beitritt ist auch für Österreichs Wirtschaft ein Gewinn

Politiker am Rednerpult
© European Union 2022
Die EU-Finanzminister:innen haben die Aufnahme Kroatiens in die Eurozone mit 1. Jänner 2023 final beschlossen. „Die Erweiterung der Eurozone ist ein Zeichen der europäischen Einheit und Gemeinsamkeit und gerade in dieser Zeit von großer Bedeutung. 20 von 27 EU-Ländern bezahlen künftig mit dem Euro. Die übrigen sieben EU-Staaten sind mit Ausnahme von Dänemark verpflichtet, den Euro einzuführen, sobald sie die vereinbarten Konvergenzkriterien erreichen. Für die heimische Wirtschaft bringt dies große Vorteile“, begrüßte die stv. Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich, Mariana Kühnel, den Beschluss des ECOFIN-Rats in Brüssel.

Österreichische Unternehmen, die in Kroatien tätig sind, müssen in Zukunft keine Wechselspesen mehr bezahlen und ersparen sich die Währungsabsicherung gegen Geldentwertung. Auch die Gefahr der Währungsspekulation sinkt. Mit einem bilateralen Außenhandelsvolumen von knapp 2 Milliarden Euro und einem Dienstleistungsaustausch von rund 1,8 Milliarden Euro sind Kroatien und Österreich wirtschaftlich stark verflochten. Österreich ist zweitgrößter Investor in Kroatien. Niederlassungen heimischer Firmen sind in allen Branchen präsent. Die österreichischen Direktinvestitionen in Kroatien erreichten Ende 2021 rund 5 Milliarden Euro.

Chancen für österreichische Unternehmen bieten sich in praktisch allen Bereichen. Beispielsweise in der Tourismusbranche eröffnen sich für österreichische Firmen zahlreiche Möglichkeiten – einerseits für Investitionen und Projektbeteiligungen, andererseits für Zulieferungen, die die Wirtschaftskammer auch als Wegbereiter und Begleiter unterstützt. Auch beim laufenden Ausbau der kroatischen Infrastruktur bieten sich Geschäftschancen.

Seit seinem EU-Beitritt am 1. Juli 2013 ist Kroatien Teil des EU-Binnenmarktes. Beim Warenexport aus den EU-Ländern nach Kroatien entfallen Zollgebühr und -deklaration. Dies gilt ebenfalls für Lieferungen aus Kroatien in die EU. Kroatien ist aber noch nicht Teil des Schengen-Raums: Für den Grenzübertritt ist daher ein Personalausweis oder Pass notwendig. Die Schengen-Aufnahme könnte der nächste Schritt sein.

Ansprechpartnerin: Franziska Annerl


Unternehmertum & Industriepolitik


EU-Kommission veröffentlicht dritten Jahresbericht zur Rechtsstaatlichkeit in der Union

Eine Skulptur der Justitia mit Waage und Augenbinde
© pixabay, pixel 2013
Der Bericht gibt einen Überblick über die Entwicklungen in der EU insgesamt und umfasst 27 Länderkapitel, die auf die Entwicklungen in den einzelnen EU-Ländern seit Juli 2021 eingehen. Der Bericht enthält zudem Beobachtungen zu Fragen, die etwa öffentlich-rechtliche Medien oder die Verwendung von Spähsoftware betreffen. Rechtsstaatlichkeit ist für das Funktionieren des Binnenmarkts von großer Bedeutung. Unternehmen müssen sich auf berechenbare, ausgewogene Rechtsvorschriften und ein System wirksamer Rechtsbehelfe verlassen können. Die Wirtschaftskammer wird sich daher auch weiterhin dafür einsetzen, dass die wirtschaftliche Dimension von Rechtstaatlichkeit stärker in den Fokus der Kommission rückt.
 

Der Bericht gliedert sich in die vier bereits aus den Vorjahresberichten bekannten Themenbereiche Justizsysteme, Korruptionsbekämpfung, Medienfreiheit und -pluralismus sowie andere institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung. Die EU-Kommission berichtet von einem positiven Trend und von Fortschritten seit dem letzten Bericht. Allerdings bestünden in einigen Staaten nach wie vor Bedenken, insbesondere was die Unabhängigkeit der Justiz betrifft. Der Russland-Ukraine-Krieg habe gezeigt, wie wichtig die Wahrung der demokratischen Werte, der Menschenrechte und der Rechtstaatlichkeit sei.

Erstmals sind auch spezifische Empfehlungen für jeden Mitgliedstaat im Bericht enthalten. Sie sollen die Mitgliedstaaten ermutigen, laufende oder geplante Reformen voranzubringen und Verbesserungsbedarf festzustellen. Im Länderbericht zu Österreich empfiehlt die Kommission unter anderem:

  • Fortsetzung der Reform zur Schaffung einer unabhängigen Bundesanwaltschaft („Federal Prosecution Office“),
  • Überarbeitung der Vorschriften zur Finanzierung politischer Parteien,
  • Einführung wirksamer Vorschriften für die Erklärung von Vermögenswerten und Interessen von Parlamentsabgeordneten,
  • Reform des Rahmens für die Zuteilung von staatlicher Werbung durch die öffentlichen Behörden,
  • Vorantreiben der Reform des Zugangs zu amtlichen Informationen und Dokumenten. 

Ansprechpartner: Paul Ploberger


EU-Wirtschaftsprognose Sommer 2022: Russland-Ukraine-Krieg trübt konjunkturelle Aussichten ein 

In der Prognose der EU-Kommission wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaft in der EU 2022 um 2,7 Prozent und 2023 um 1,5 Prozent wachsen wird. Für das Euro-Währungsgebiet werden 2,6 beziehungsweise 1,4 Prozent erwartet, für Österreich 3,7 beziehungsweise 1,4 Prozent. Die jährliche durchschnittliche Inflationsrate wird heuer auf einen historischen Höchststand von 7,6 Prozent im Euro-Währungsgebiet und 8,3 Prozent in der EU klettern, bevor sie 2023 wieder sinken sollte. Aufgrund ihrer großen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland ist die EU-Wirtschaft nach wie vor besonders anfällig für Entwicklungen an den Energiemärkten. Aus Sicht der WKÖ müssen Versorgungssicherheit und Leistbarkeit von Energie jetzt höchste Priorität haben.

Viele der Abwärtsrisiken, mit denen die Frühjahrsprognose 2022 behaftet war, sind eingetreten: Der Russland-Ukraine-Krieg hat die Energie- und Nahrungsmittelpreise weiter steigen lassen. Infolgedessen baut sich global weiterer Inflationsdruck auf. Die Kaufkraft der privaten Haushalte wird geschmälert. Die Konjunktur- und Inflationsprognose ist stark von der weiteren Entwicklung des Krieges und insbesondere von dessen Auswirkungen auf die Gaslieferungen nach Europa abhängig.

Positiver blickt die EU-Kommission ins kommende Jahr: 2023 sollte das Wirtschaftswachstum – getragen von einem resilienten Arbeitsmarkt, einer eingedämmten Inflation und der Unterstützung aus der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität – wieder an Dynamik gewinnen. Ein Restrisiko bleibt jedoch auch 2023 ein eventuelles Wiederaufflammen der COVID-Pandemie.

Ansprechpartner: Sebastian Köberl


Innovation / Digitalisierung


Digitale Dekade: Transformation erfolgreich bewältigen

EU-Parlament und Rat haben eine vorläufige Einigung auf das Programm „Weg in die digitale Dekade“ erzielt. Der Weg in die digitale Dekade stellt einen konkreten Plan zur Verwirklichung des digitalen Wandels unserer Gesellschaft und Wirtschaft bis 2030 dar. Priorität der EU ist es, digital souverän in einer offenen, vernetzten Welt zu sein. Dies ist entscheidend für den Übergang zu einer klimaneutralen und resilienten Wirtschaft. Die WKÖ steht voll und ganz hinter dem Ziel der Kommission, Europa zu einer führenden Weltregion im digitalen Bereich zu machen. 

Die EU-Kommission schlägt einen digitalen Kompass vor, um die Digitalziele der EU für 2030 konkret umzusetzen. Die Ziele für eine erfolgreiche Digitalisierung fokussieren sich auf vier Bereiche: 1. qualifizierte Bürger beziehungsweise Fachkräfte; 2. sichere und leistungsfähige digitale Infrastrukturen; 3. digitaler Umbau von Unternehmen; 4. Zugang zu öffentlichen Diensten. Um die Fortschritte zu messen, wird die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten EU-Zielpfade entwickeln. Die Mitgliedstaaten schlagen ihrerseits nationale strategische Fahrpläne vor. Die Kommission überprüft die Ziele bis 2026, um eine Bestandsaufnahme der technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen vorzunehmen.

Großprojekte sind entscheidend für das Erreichen der digitalen Ziele und die Umsetzung des digitalen Wandels bis 2030. Durch länderübergreifende Projekte können die Mitgliedstaaten Ressourcen bündeln und schneller digitale Kapazitäten aufbauen. Die Kommission hat eine erste Liste von Investitionsbereichen für länderübergreifende Projekte ermittelt. Dazu zählen gemeinsame Dateninfrastruktur, Aufbau von 5G-Korridoren, Hochleistungsrechnen, europäische Blockchain-Dienstinfrastruktur und Prozessoren mit geringem Stromverbrauch. Die Kommission wird die EU-Länder bei Definition und Entwicklung von Mehrländerprojekten unterstützen. Die Wirtschaftskammer unterstützt Unternehmen bei der Digitalisierung sowohl online als auch offline durch ein vielfältiges Serviceangebot.

Ansprechpartnerin: Katja Schager


Nachhaltigkeit


Flug-Slot-Regelungen sollen flexibler werden

Frau schaut auf Abflugzeiten in einer Wartehalle im Flughafen
© pixabay, JESHOOTS-com
Die EU-Kommission plant eine baldige Rückkehr zur normalen (vor-COVID) Slot-Regelung im Flugverkehr. Ziel des Gesetzesvorschlags ist außerdem, die geltenden Regeln über die Slot-Nutzung langfristig flexibler und damit resilienter gegen Krisen zu machen. Zukünftig sollen begründete Ausnahmen von der Regelung leichter möglich sein. Laut Vorschlag soll ab 30. Oktober eine Rückkehr zur Standardnutzung von Start- und Landerechten im Flugverkehr in Höhe von 80 Prozent gelten.

Das während der Pandemie geschaffene Instrument der „begründeten Ausnahmen für die Nichtnutzung von Zeitnischen“ (‘justified non-use of slots' - JNUS) soll länger gelten. Die Fluggesellschaften könnten es in Situationen wie epidemiologischen Notfällen, Naturkatastrophen oder politischen Unruhen mit Auswirkungen auf den Flugverkehr nutzen. Die EU-Kommission ist künftig befugt, die Nutzungsrate zu senken, wenn das Luftverkehrsaufkommen aufgrund von COVID-19, einer anderen epidemiologischen Situation oder als unmittelbare Folge des Russland-Ukraine-Kriegs vier Wochen unter 80 Prozent im Vergleich zu 2019 fällt.

Die Kommission schlägt zusätzlich eine Reihe spezifischer Maßnahmen vor. Ziel ist, die Folgen des Russland-Ukraine-Kriegs abzumildern beziehungsweise die Luftverkehrsverbindungen zwischen der EU und der Ukraine wiederherzustellen, wenn dies wieder möglich ist. Eurocontrol schätzt, dass bis Oktober 2022 der Flugverkehr wieder ein Niveau von 83 Prozent (niedrigstes Szenario) bis zu 95 Prozent (höchstes Szenario) im Vergleich zu vor-COVID-Zeiten erreicht. Nachdem die Regeln bereits mit dieser Wintersaison gelten sollen, wird ein schnelles Gesetzgebungsverfahren zur Anwendung kommen.

Ansprechpartner: Paul Ploberger


Kurz & bündig


Kommission schlägt Anpassung des Krisenrahmens für staatliche Beihilfen vor

Die Europäische Kommission konsultiert zur Anpassung des Vorübergehenden Krisenrahmens für staatliche Beihilfen. Dieser wurde am 23. März 2022 verabschiedet, um die wirtschaftlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg abzufedern. Der den Mitgliedstaaten übermittelte Vorschlag berücksichtigt auch das EU-Ziel, von fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden. Die Kommission konsultiert die Mitgliedstaaten unter anderem über zusätzliche Maßnahmen zur Erleichterung von Investitionen in erneuerbare Energien oder zur Diversifizierung der Energieversorgung.


Jobs+Jobs+Jobs


Europäische Kommission sucht Policy Officer 

Die Europäische Kommission, Generaldirektion Humanressourcen und Sicherheit, mit Sitz in Brüssel sucht:

  • Policy Officer – WORKFORCE ANALYSIS & PLANNING (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 5, Reference: COM/2022/1898, Deadline for applications: 22/07/2022

Weitere Informationen sind online abrufbar. Die Bewerbung hat ausschließlich elektronisch per e-mail an HR-BXL-Officials-TA-HR@ec.europa.eu zu erfolgen.


EU-Agenda


Ausgewählte Tagungen des Rates 

18. Juli 

18. Juli 

  • Rat „Landwirtschaft und Fischerei“ 
    • Marktlage, insbesondere nach der Invasion in die Ukraine 
    • Aktualisierung der Rechtsvorschriften über Tiertransporte in der EU 
    • Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen

19. Juli

19./20. Juli 


Ausgewählte laufende Konsultationen 

Binnenmarkt 

Wettbewerb 

Steuern 

Öffentliches Gesundheitswesen 

Maritime Angelegenheiten und Fischerei 

Klimaschutz/Energie/Umwelt

Verkehr 

Lebensmittelsicherheit 



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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