Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 33/2022

Ausgabe 14. Oktober 2022

Lesedauer: 8 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Inhaltsübersicht



Im Brennpunkt


Erweiterung: EU-Kommission empfiehlt Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina

Eine Gruppe Politiker:innen in einem Sitzungsraum vor Flaggen
© European Union

Die Europäische Kommission hat ihr Erweiterungspaket 2022 vorgestellt. Es bewertet die Fortschritte der Westbalkan-Staaten und der Türkei auf dem Weg in die Europäische Union. Die Empfehlung der EU-Kommission, Bosnien-Herzegowina den Kandidatenstatus zu verleihen, ist ein positiver Schritt und gerade aus Sicht der WKÖ zu begrüßen. Neben dieser Empfehlung betont die Kommission, die Integration des Westbalkans insgesamt beschleunigen zu wollen. Auch wenn die Einschätzungen insgesamt wenige Überraschungen bieten, ist dies ein deutliches und wichtiges Signal an die Länder des Westbalkan. 

Um Bosnien und Herzegowina den Kandidatenstatus zu verleihen, muss das Land laut Kommission eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Dazu zählen unter anderem die Stärkung der Demokratie beziehungsweise der Rechtsstaatlichkeit, die Bekämpfung von Korruption sowie die Gewährleistung der Medienfreiheit und Steuerung der Migration. Erwartungsgemäß kritisch fällt die Einschätzung zur Türkei aus. Die Türkei muss vor allem in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte den negativen Trend umkehren und gegen die Schwächung der „Checks and Balances“ im politischen System vorgehen. Außerdem hat sich die Lage im östlichen Mittelmeerraum erneut verschärft.  

Die Förderung der Entwicklung Südosteuropas zu einem Raum der Stabilität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist für ganz Europa wesentlich. Das Paket als ein klares europäisches Signal an diese Staaten ist daher positiv. Die österreichische Wirtschaft ist wirtschaftlich eng mit allen Beitrittskandidaten des Westbalkans verbunden und zählt zu den größten Investoren in der Region. In weiterer Folge wird sich der Rat nun mit den Empfehlungen der Kommission auseinandersetzen und gegebenenfalls Entscheidungen über die nächsten Schritte treffen. 

Ansprechpartner: Paul Ploberger


Unternehmertum & Industriepolitik


EU-Bericht zeigt: Handelsabkommen nützen Europas Unternehmen

Auckland Port 2018
© Auckland Port 2018

EU-Handelsabkommen bedeuten mehr Exporte, stabilere Wirtschaftsbeziehungen und sicheren Zugang zu Ressourcen, wie ein neuer EU-Bericht zeigt. Laut dem 2. Jahresbericht der EU-Kommission über die Umsetzung und Durchsetzung von EU-Handelsabkommen überstiegen die EU-Exporte an Präferenzpartner im Jahr 2021 erstmals 1 Billion Euro. Der Abbau von Handelshemmnissen nützt den europäischen Unternehmen und fördert somit Arbeitsplätze. Als kleines, exportorientiertes Land profitiert Österreich ganz besonders von der Reduktion von Handelshürden und verlässlichen Rahmenbedingungen.


Die Umsetzung von Handelsabkommen wird laut Bericht immer wichtiger: 44 % des Handels der EU fand im Jahr 2021 im Rahmen präferenzieller Handelsabkommen statt. Dieser Anteil dürfte auf 47,4 Prozent steigen, wenn derzeit verhandelte Abkommen ratifiziert werden. EU-Handelsabkommen erleichtern auch die Einfuhr von Rohstoffen. Beispielsweise importiert die EU derzeit 24 Prozent ihrer kritischen Rohstoffe von bevorzugten Handelspartnern. Dieser Anteil wird auf 46 Prozent steigen, sobald ein Handelsabkommen mit Australien, über das derzeit verhandelt wird, in Kraft tritt. 

Ein möglichst ungehinderter Zugang zu Auslandsmärkten ist für Konsumenten und Unternehmen gleichermaßen von entscheidender Bedeutung. Gerade in Krisensituationen ist es essenziell, über alle Kanäle Wachstumsimpulse zu erzeugen. Märkte müssen offengehalten und die Umsetzung von Regeln garantiert werden. Dazu tragen die EU-Handelsabkommen bei, indem sie helfen, Resilienz aufzubauen und Lieferketten zu diversifizieren. 

Ansprechpartner: Sebastian Köberl


Innovation / Digitalisierung


WKÖ-Fachverband Finanzdienstleister begrüßt neues europäisches Regelwerk für Kryptowerte

pixabay, gauxipo
© pixabay, gauxipo

Nach der politischen Einigung im Juni sind nun auch die technischen Verhandlungen zur europäischen Verordnung über Kryptowerte (MiCA-Verordnung) abgeschlossen. Damit soll - voraussichtlich mit 2024 - Rechtssicherheit für Anleger wie auch anbietende Unternehmen geschaffen werden. Mit einem einheitlichen Regelungsrahmen für Kryptowerte, Emittenten von Kryptowerten und Anbietern von Krypto-Dienstleistungen wird die Grundlage für einen einheitlichen, grenzüberschreitenden Kryptomarkt gelegt.  

„Wir hoffen, dass durch den EU-weit einheitlichen Rechtsrahmen zusätzliches Vertrauen unter Anlegern und Verbrauchern geschaffen wird“, erklärte Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).  Im Kern sieht die MiCA vor, die unterschiedlichsten Arten von Marktmissbrauch - wie insbesondere Marktmanipulation oder Insidergeschäfte - zu bestrafen. Ergänzend dazu soll ein öffentliches Register der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde nicht konforme Anbieter von Krypto-Dienstleistungen anführen.

Von der Verordnung umfasste Kryptodienstleistungen sind unter anderem die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte, der Betrieb einer Handelsplattform sowie die Beratung. Diese Tätigkeiten bedürfen künftig im gesamten EU-Raum einer Zulassung. Die MiCA-Verordnung wird vom Fachverband Finanzdienstleister und insbesondere den bereits bei der FMA registrierten Dienstleistern in Bezug auf virtuelle Währungen begrüßt. 

Ansprechpartnerin: Olimpia Caetani


Nachhaltigkeit


EU-Energierat berät Lösungen zur Energiekrise

European Union
© © European Union Kadri Simson, EU Kommissarin für Energie, beim EU-Energierat in Prag, © European Union

Im Zentrum des informellen EU-Energierates in Prag standen neben den steigenden Energiepreisen und der Vorbereitung auf den Winter auch mögliche Reformen des europäischen Elektrizitätsmarktes. Aus Sicht der Wirtschaft braucht es ein koordiniertes europäisches Vorgehen und keine Alleingänge. Europäische Herausforderungen brauchen europäische Lösungen für die Senkung von Energiepreisen.  

Bereits nächste Woche will die Kommission ein weiteres Gas-Paket vorstellen. Zu den wichtigsten Elementen dieses Pakets soll eine Ausweitung der gemeinsamen Gaseinkäufe gehören. Wichtig sind zudem die Erhöhung der Transparenz des Preisindexes und die Stärkung seiner Widerstandsfähigkeit gegen spekulatives Verhalten sowie die Förderung von Energieeinsparungen und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. WKÖ und IV schlagen die Anwendung eines Extreme-Peak-Modells vor, bei dem lediglich Extremspitzen beim Gaspreis subventioniert werden. Dieses Modell würde akut betroffene Betriebe rasch entlasten und für die dringend notwendige Planungssicherheit sorgen.  

Die Minister:innen diskutierten auch die allgemeine Funktionsweise des europäischen Strommarktes. Ziel ist, den Markt fit für die Krisensituation zu machen und gleichzeitig auf den künftigen Energiemix vorzubereiten. Dieser wird kohlenstoffarm sein und sich stärker auf erneuerbare Energiequellen stützen.  

Ansprechpartner: Paul Ploberger


Kurz & bündig


Europäische Kommission gibt Startschuss für das Europäische Jahr der Kompetenzen 2023

Mehr Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, Erwerb von arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen, Anwerbung von Drittstaatsangehörigen: Die Europäische Kommission will mit dem Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023 dem Fachkräftemangel in Europa den Kampf ansagen. Drei Viertel der Unternehmen in der EU berichten über Schwierigkeiten bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften und nur 37 Prozent der Erwachsenen bilden sich regelmäßig weiter. Vier von zehn Erwachsenen und jede dritte Arbeitskraft in Europa verfügen nicht über die grundlegenden digitalen Kompetenzen. Die Digitalisierung ist ein wesentlicher Impulsgeber und Treiber für den heimischen Wirtschaftsstandort. Mitarbeiter:innen mit diesen und weiteren Skills werden daher dringend gesucht.


Mitgliedstaaten vereinbaren vorübergehende Aussetzung der Zeitnischenregeln auf EU-Flughäfen

Eine Aussetzung der Zeitnischenvorschriften auf den EU-Flughäfen soll dem Luftverkehr helfen, sich an die Auswirkungen der multiplen Krisen anzupassen. Die Einigung der EU-Staaten sieht befristete Maßnahmen vor. Der Luftverkehr kehrt langsam wieder zum Volumen vor der Pandemie zurück. Mit dieser neuen Verordnung soll eine schrittweise Rückkehr zur Normalität entsprechend diesem Trend sichergestellt werden. Sie soll Flughäfen und Luftfahrtunternehmen mehr Planungssicherheit bieten, die Vernetzung in ganz Europa verbessern und das Fliegen generell erleichtern.


Jobs+Jobs+Jobs


IHI sucht Financial Officer 

Das Gemeinsame Unternehmen „Innovative Health Initiative“ (IHI) mit Sitz in Brüssel sucht:

  • Financial Officer (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 5, Reference: IHI/2022/TA/001, Deadline for applications: 14/11/2022

Weitere Informationen sind online abrufbar.  


EU-Agenda


Sitzung der Europäischen Kommission 

18. Oktober 

  • Arbeitsprogramm 2023

Plenum des Europäischen Parlaments 

17. Oktober

  • Klimaschutzkonferenz 2022 der Vereinten Nationen (COP27) in Scharm El-Scheich (Ägypten)
    • Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe
  • Leitlinien für die beschäftigungspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten 

18. Oktober

  • Geistige Gesundheit
  • Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien zum Schengen-Raum
  • Arbeitsprogramm der Kommission für 2023


Ausgewählte Ausschüsse des Europäischen Parlaments 

17. Oktober – Ausschuss für konstitutionelle Fragen

  • Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses (EU, Euratom) 2020/2053 über das System der Eigenmittel der Europäischen Union
  • Umsetzung der Gemeinsamen:
    • Außen- und Sicherheitspolitik - Jahresbericht 2022
    • Sicherheits- und Verteidigungspolitik - Jahresbericht 2022 

Ausgewählte Tagungen des Rates  

17. Oktober 

17./18. Oktober

18. Oktober

  • Rat „Allgemeine Angelegenheiten“
    • Schlussfolgerungen zur Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 20. und 21. Oktober 2022
    • Folgemaßnahmen zur Konferenz über die Zukunft Europas: Zeitplan für die Unterbreitung der Vorschläge des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 48(2) EUV
    • Rechtsstaatlichkeit in Polen/Artikel 7 Absatz 1 EUV Begründeter Vorschlag, Stand der Dinge 

19. Oktober

20./21. Oktober


Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes

Donnerstag, 20. Oktober 2022

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C111/21 Laudamotion

Haften Fluglinien auch für psychische Unfallfolgen?

Der österreichische Oberste Gerichtshof möchte vom EuGH wissen, ob eine durch einen Unfall verursachte psychische Beeinträchtigung eines Reisenden, die Krankheitswert erreicht, eine „Körperverletzung“ im Sinne des Übereinkommens von Montreal ist, für die die Fluglinie womöglich haftet. 

Generalanwalt Richard de la Tour hat in seinen Schlussanträgen vom 24. März 2022 die Ansicht vertreten, dass der Begriff „körperlich verletzt“ unabhängig vom Vorliegen einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit eines Reisenden eine infolge eines Unfalls erlittene Beeinträchtigung seiner psychischen Unversehrtheit umfasst, wenn sie durch ein ärztliches Gutachten festgestellt wird und eine medizinische Behandlung erfordert. 

Weitere Informationen 


Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑77/21 Digi

Speicherung von Kundendaten in zusätzlicher Datenbank wegen Serverstörung

Das ungarische Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, unter welchen Bedingungen ein Internet- und TV-Anbieter die rechtmäßig erhobenen und bereits gespeicherten personenbezogenen Daten seiner Kunden auf einem zusätzlichen internen Datenträger ohne deren ausdrückliche Einwilligung, aber zur Überbrückung einer technischen Störung speichern darf.

Generalanwalt Pikamäe hat in seinen Schlussanträgen vom 31. März 2022 u.a. die Ansicht vertreten, dass der in der Datenschutzgrundverordnung verankerte Grundsatz der Speicherbegrenzung der Speicherung der personenbezogenen Daten in der zusätzlichen Datenbank über den zur Fehlerbeseitigung erforderlichen Zeitraum hinaus entgegenstehe. 

Weitere Informationen


Ausgewählte laufende Konsultationen   

Lebensmittelsicherheit

Statistiken

Binnenmarkt

Wettbewerb 

Verbraucherschutz

Verkehr 

Umwelt



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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MEDIENINHABER: 
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