Michael Baminger wechselte im Jänner von der Energie AG Oberösterreich als CEO und Vorstandssprecher zur Salzburg AG.
© Salzburg AG/Leo

"Für Alarmismus besteht kein Anlass“

Michael Baminger sieht Anzeichen für eine Entspannung auf dem Strom- und Gasmarkt. 2023 sei für sein Unternehmen ein stabiles Jahr, meint der CEO und Vorstandssprecher der Salzburg AG. Die Preise werden nach Ansicht Bamingers ­mittel- bis langfristig sinken, allerdings nicht mehr auf das Niveau früherer Jahre.

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Aktualisiert am 13.12.2023

Wir befinden uns mitten in der Heizsaison. Drohen in den kommenden Monaten Engpässe bei der Gasversorgung?

Das ist eine berechtigte Frage, die man aber nicht mit Ja oder Nein beantworten kann. Wir haben in diesem Winter bessere Voraussetzungen als zuletzt. Der sehr warme Oktober war gut für die Versorgungssicherheit und die Speicher sind de facto voll. Außerdem haben sich zusätzliche Versorgungsflüsse nach Europa ergeben. Auf der anderen Seite wurden die bestehenden North-Stream-Leitungen gekappt. Darüber hinaus haben sich die geopolitischen Konflikte dramatisch verschärft.  Deshalb hielte ich es für unseriös, jetzt zu sagen, die Versorgung ist zu 100% gesichert. Es gibt aber auch keinen Grund für Alarmismus.

Im Oktober hat die Salzburg AG den Gaspreis nahezu verdoppelt und dafür viel Kritik geerntet. War dieser Schritt dennoch richtig?

Ich glaube, es war grundsätzlich richtig, den Gaspreis so lange wie möglich stabil zu halten und so spät wie möglich Preisanpassungen vorzunehmen. Es war auch keine Verdoppelung des Gaspreises, sondern eine Verdoppelung des Arbeitspreises. Es gibt ja noch den Leistungspreis, Steuern und Abgaben sowie den Netztarif. Dennoch war es eine signifikante Erhöhung. Dazu muss man wissen, dass wir mit dem Gastarif, den wir vor der Anpassung hatten, nicht nur die billigsten in ganz Österreich waren, sondern auch signifikant unter dem Einstands- und unter dem Marktpreis lagen. Das kann sich kein Wirtschaftsbetrieb auf Dauer leisten. Im Übrigen sind wir auch mit dem neuen Preis immer noch billiger als viele andere.

Halten Sie eine Senkung der Endkundenpreise für Strom und Gas in absehbarer Zeit für wahrscheinlich?

Prognosen sind gerade jetzt mit vielen Unsicherheiten behaftet. Wir sehen aber sowohl bei Strom als auch bei Gas, dass sich die Märkte langfristig entspannen. Deshalb ist zu erwarten, dass der Gas- und der Strompreis in den nächsten Jahren sinken werden. Bei den kurzfristigen Beschaffungskosten ist das Niveau dagegen höher, als wir es schon hatten. Hier zeigt insbesondere der Konflikt im Nahen Osten Wirkung. Wenn die Anzeichen nicht trügen, wird es aber wieder zu einer Entspannung kommen. Sobald wir Spielräume haben, werden wir sie auch weitergeben. Das kann ich den Kund:innen der Salzburg AG versprechen.

Könnte das schon im kommenden Jahr der Fall sein?

Das würde ich mir wünschen. Versprechen werde ich eine Preissenkung aber erst dann, wenn ich mir ganz sicher bin. Alles andere wäre unseriös.  

Werden Strom und Gas Ihrer Einschätzung nach jemals wieder so billig sein wie noch vor einigen Jahren?

Bei Strom ist die Erwartungshaltung, dass der Preis gegenüber den All-Time-Highs wieder spürbar zurückgeht, aber nicht auf das Niveau, das wir zum Beispiel 2015 hatten. Beim Gas sieht man diese Tendenz, dass die Preise nicht auf das Vorkrisenniveau sinken werden,  noch deutlicher. Der Grund ist einfach: Pipelinegas ist günstiger als LNG, das man zuerst gewinnen, dann verflüssigen, mit dem Schiff übers Meer bringen und schließlich zu den Abnehmern weitertransportieren muss.

Michael Baminger wechselte im Jänner von der Energie AG Oberösterreich als CEO und Vorstandssprecher zur Salzburg AG.
© Salzburg AG/Leo Michael Baminger wechselte im Jänner von der Energie AG Oberösterreich als CEO und Vorstandssprecher zur Salzburg AG.

Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist aufgrund des Klimawandels mittel- bis langfristig unumgänglich. Welchen Beitrag leistet die Salzburg AG zur Dekarbonisierung?

Die Dekarbonisierung ist eines unserer sechs strategischen Ziele, das wiederum aus drei Säulen besteht: Wir wollen bis 2030 unseren CO2-Ausstoß halbieren, bis 2040 klimaneutral werden und ebenfalls bis 2040 die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen nahezu verdoppeln – und zwar auf zwei Terawattstunden. Wir haben uns hier bewusst eine sehr hohe Latte gelegt.

Die Salzburg AG betreibt derzeit 35 Kraftwerke, zwei weitere – Stegenwald und Sulzau – werden gerade gebaut. Sind darüber hinaus überhaupt noch größere Wasserkraftwerke in Salzburg möglich?

Es gibt eine ganze Reihe von Projekten. Wir sondieren nicht nur Wasserkraft, sondern auch Windkraft und Photovoltaik. Wenn wir die Dekarbonisierung und damit unser eigenes strategisches Ziel ernst nehmen, müssen wir alle Projekte, die wirtschaftlich und ökologisch vertretbar sind, in die Umsetzung bringen. Mit ökologischer Vertretbarkeit meine ich nicht nur die erforderlichen Genehmigungsverfahren, sondern auch das Commitment der Bevölkerung. Wir werden diese Projekte nicht gegen den Widerstand breiter Bevölkerungsschichten durchsetzen. Das wird die große Aufgabe sein: dass wir alle gemeinsam in einem Schulterschluss an der Energiewende arbeiten.

In Salzburg wird seit vielen Jahren über Windkraftprojekte diskutiert. Es finden auch an einigen möglichen Standorten Windmessungen statt. Wann wird der erste Windpark in Betrieb gehen?

Grundsätzlich müssen wir zuerst ein Jahr lang messen, um beurteilen zu können, ob es eine entsprechende Windausbeute gibt. Bei den Standorten, wo wir aktuell messen, sollte das bis Mitte 2024 der Fall sein. Das ist aber nur die erste von vielen Hürden, die es zu nehmen gilt. Man muss die Wirtschaftlichkeit bewerten, projektieren und dann mit der Projektierung in die Genehmigungsverfahren gehen. Wie lange diese Verfahren dauern, ist die große Frage. Man geht aber allgemein von etwa fünf bis sechs Jahren aus. Das zeigt, dass wir dringend schnellere Genehmigungsverfahren brauchen.

Im Geschäftsjahr 2022 hat die Salzburg AG einen Rekordumsatz von über 2,5 Mrd. € erwirtschaftet. Das Ergebnis vor Steuern brach aber gegenüber 2021 von 60 auf knapp 17 Mill. € ein. Der Bilanzgewinn betrug bescheidene 339.000 €. Gehen die Gewinne heuer wieder nach oben?

Für uns ist der Umsatz in der derzeitigen Phase eine wenig aussagekräftige Größe. Er ist in den vergangenen Jahren, getrieben durch die Preisentwicklung, bei allen Energieversorgern mit Eigenerzeugung dramatisch gewachsen. Wir glauben daran, dass sich 2023 als stabiles Jahr erweisen wird. Letztlich geht es darum, die Investitionen, die für die Energiewende und für unsere Strategie notwendig sind, stemmen zu können. Das bedeutet, dass wir an der Rentabilität des Unternehmens arbeiten müssen.  

Man hört, dass das Ergebnis vor Steuern wieder 50 bis 60 Mill. € betragen soll.

Seien Sie mir nicht böse, aber ich werde dem Aufsichtsrat über unsere Ergebnisprognose berichten und sicher vorher öffentlich nichts dazu sagen.

Das Investitionsbudget beträgt heuer 252 Mill. €, das ist ein neuer Rekordwert. Wird es 2024 in dieser Tonart weitergehen?

Wir haben ein zu unserer Strategie passendes Budget erarbeitet, das aber natürlich auch zuerst dem Aufsichtsrat vorgelegt und von diesem beschlossen werden muss. Das Investitionsvolumen zeigt sich 2024 da und dort vielleicht sogar einen Schritt ambitionierter. Absoluter Schwerpunkt wird das Thema Energiewende sein, aber wir haben auch in den Bereichen Innovation, Digitalisierung, Telekommunikation und Verkehr einiges vor.