© WKS/Neumayr/Leopold

Flüssiges bricht das Fasten nicht!

Im Augustiner Bräu in Mülln ist althergebrachte Brautradition bis heute ­lebendige Geschichte. Im SW-Interview erzählen Braumeister Johannes Höplinger und der geschäftsführende Gesellschafter des Augustiner Bräu, Abt Johannes Perkmann, was es mit dem Fastenbier auf sich hat und welche Rolle die Abtei Michaelbeuern dabei einnimmt.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 07.03.2024

Woher rührt der Brauch, zur Fastenzeit ein eigenes Bier zu brauen?

Braumeister Johannes Höplinger (JH): Anno dazumal wurde während der Fastenzeit unter der Woche fast gar nichts gegessen. Die Sonntage stellten eine Ausnahme dar. In dieser Zeit hat man angefangen, zur Fastenzeit ein stärkeres Bier zu brauen, das als Ersatz für die feste Nahrung galt. Dieses war ob des Restzuckers nahrhaft und hat den Menschen Kraft gegeben, damit diese die Fastenzeit gut überstanden haben. Daher rührt der Brauch. 

Wie unterscheidet sich das Fastenbier vom herkömmlichen Augustinerbier?

JH: Zunächst mal schon von der Farbe her. Es ist ein wenig dunkler, waldhonigfarben, und es wird auch eine andere Hopfensorte verwendet, der Saazer Hopfen, der ist etwas herber im Abgang. Vom Geschmack her ist es malzig und karamellig, damit es ideal zu Fastenspeisen passt. Es hat 5,2% Alkohol, es ist also minimal stärker als unser Märzenbier, das 4,6% Alkohol hat. 

Wie viele Hektoliter produzieren Sie vom Fastenbier?

JH: Ca. 400 Hektoliter. 

Gilt der Spruch: „Flüssiges bricht das Fasten nicht“, auch für Sie, Herr Braumeister?

JH: Ja, natürlich. Das Fastenbier zählt zu den besonderen Bieren, deshalb geht es gar nicht, dass ich dieses als Braumeister nicht genieße.

Was hat Sie dazu bewegt, das Fastenbier wieder in Holzkisten anzubieten?

JH: Damit wollen wir einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Weg vom Plastik, hin zur Natürlichkeit!  

© WKS/Neumayr/Leopold Das Augustiner Fastenbier wird seit 2022 wieder in der Holzkiste angeboten.


Wie viele Mitarbeiter:innen beschäftigt das Augustiner Bräu?

JH: In der Brauerei sind es 14 Mitarbeiter:innen, mit dem Bräustübl und dem Büro sind wir 52 Mitarbeiter:innen. 

Herr Abt, 1835 übernahm die Abtei Michaelbeuern das Kloster Mülln samt Brauerei. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus eine OG mit drei Gesellschaftern. Wie schaut die Struktur heute aus?

Abt Johannes Perkmann (Abt JP): Das Bräu ist inzwischen eine GmbH & Co KG. Aber die Nachkommen der ehemaligen Gesellschafter sind immer noch mit an Bord, das heißt die Familie Kiener, die Familie Fuchs-Barth und das Stift Michaelbeuern. 

Inwiefern versteht sich die Abtei Michaelbeuern als Wirtschaftsbetrieb?

Abt JP: Insofern, als dass wir uns als Kloster selbst versorgen müssen. Es ist ein geistliches Haus, wo Spiritualität gelebt wird, wo Seelsorge geübt wird. Die Geschichte des Schul- und Bildungswesens, die Bewahrung von Kulturgütern und Museen sowie das Bibliothekswesen sind untrennbar mit der Benediktinerabtei verbunden. Diese Bereiche gehören alle finanziert. Deshalb gibt es für diese genannten Non- Profits auch zusätzliche Profit-Betriebe, damit wir diese finanzieren können. 

Welche Betriebe zählen dazu?

Abt JP: Wir haben eine eigene Hauswerkstätte und betreiben eine Fernwärmegesellschaft, mit der wir unser Haus und 39 andere im Dorf mit Holz beheizen. Wir stellen aktuell die Hälfte unseres Strombedarfs selbst her, im Laufe dieses Jahres werden wir auf 100% kommen, weil uns das nachhaltige Wirtschaften wichtig ist. Die Beteiligung am Bräustübl gehört ebenfalls zu unserer Unternehmensstruktur dazu. 

Inwiefern sehen Sie sich als Manager?

Abt JP: Insofern, als dass ich alle unsere Betriebe der Abtei samt Angeboten verantworte, das Team leite und mir die Geschäftsführung des Augustiner Bräus obliegt. 

Durch den Orden der Benediktiner ist Europa wirtschaftlich wie kulturell emporgekommen. Kann man sagen, dass der unternehmerische Geist von Anfang an da war?

Abt JP: Ja, weil die Arbeit bei uns ein wesentlicher Bestandteil unseres Selbstverständnisses ist, wobei wir nicht nur die seelsorglichen, theologischen Berufe im Kloster, sondern auch die handwerklichen Berufe integrieren. Man hat früh erkannt, dass man Stiftungen einzurichten hat, weil Seelsorge und Bildung nur über diese funktionieren. Ein grundlegendes unternehmerisches Geschick war und ist notwendig, damit diese Güter nachhaltig bewahrt werden und sie für aktuelle Aufgaben die Finanzierung sichern. 

Das Motto des Benediktinerordens ist: „Ora et labora et lege“. Dürfen Mönche durch die Arbeit auch Gewinne erzielen?

Abt JP: Zunächst etwas Grundlegendes zu unserem Leitsatz: „Beten, arbeiten und lesen“, der in unserem Lebensalltag einen Raum für die Seele, für die Arbeit und für den Geist bietet. Das ermöglicht schon eine sehr ausgeglichene Tagesstruktur, wo sich alles vereinen lässt. Deswegen können wir mit dem Begriff der Work-Life-Balance im neuzeitlichen Sinn nichts anfangen, weil Arbeit zu unserem Leben dazugehört und nicht davon zu trennen ist. Um die Lebensfähigkeit zu erhalten, Preiserhöhungen abzufedern, braucht es auch Gewinne. Aber wir achten immer auf eine soziale Ausgewogenheit. 

Es liegt im Trend der Zeit, dass Klöster zur Fastenzeit ihre Pforten zur Einkehr und zum Fasten öffnen. Welche Programme bieten Sie an?

Abt JP: In unserem Exerzitien- und Bildungshaus bieten wir unter anderem Fastentage in der Gemeinschaft an, die spirituell begleitet werden.  

Wie begegnen Sie den Herausforderungen unserer Zeit?

Abt JP: Wir nehmen diese wahr und suchen genauso nach Strategien zur Bewältigung. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Unser Vorzeichen ist nicht Niedergang, sondern Hoffnung.

Können Sie uns das näher erläutern?

Abt JP: Wir schauen, dass wir zu allem Negativen ein Gegengewicht setzen, mit dem Ziel, Hoffnung zu verbreiten und Hoffnungsgeschichten weiterzuerzählen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es schon größere Herausforderungen gab, und trotzdem waren der Kooperationsgeist, die soziale Kompetenz und der Erfindergeist allgegenwärtig. 

Kann also der Glaube ein Weg sein, die Resilienz zu stärken, und wirtschaftliche Krisen zu meistern?

Abt JP: Beim Glauben geschieht das fundierter als beim Resilienztraining. Hier muss der Mensch wieder alles selbst machen – was wiederum überfordern kann. Es geht, glaube ich, vielmehr darum, wieder jenes Grundvertrauen zu entwickeln, das einem bewusst macht, dass es noch jemanden gibt, der über einem steht, dass man nicht alles selber machen muss. Das kann durchaus stressbefreiend sein.