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WKÖ-Analyse: The Future of Europe

September 2017: Wirtschaftspolitische Gespräche mit Prof. De Grauwe

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 19.03.2024

Bei den Wirtschaftspolitischen Gesprächen im September mit Professor De Grauwe standen die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) sowie der Brexit im Mittelpunkt: Eine verstärkte - umsetzbare - Integration der Wirt­­­­­­schafts-, Fiskal- und Finanzpolitik ist notwendig, um die Union stabiler, krisenresistenter und wettbewerbsfähiger zu machen.

Die Krisen der letzten Jahre und die bisher in der EU und Eurozone gesetzten Schritte haben gezeigt, dass das bestehende Regelwerk der WWU für einen langfristigen Bestand einer Währungsunion nicht ausreichend ist.

Professor De Grauwe beleuchtete die Stärken und Schwächen der Währungsunion und schlussfolgerte, dass weitere Integrationsschritte notwendig seien, um künftige Krisen zu meistern. 


Paul de Grauwe ist
Professor an der
London School of
Economics und Experte für Fragen zur europäischen Wirtschaftspolitik.

Die Wirtschaftspolitischen Gespräche fanden als Kooperation der
WKÖ mit dem
Wirtschaftspolitischen
Zentrum statt. 


Vertiefung der WWU kein Selbstzweck  

De Grauwe schlägt hier u.a. eine Strategie der kleinen Schritte vor, um eine Stärkung der europäischen Ebene zu gewährleisten. Neben der wichtigen Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion sei als erster Schritt zu einer Fiskalunion eine europäische Arbeitslosenversicherung einzuführen, die in Krisenzeiten die zyklische Komponente der Arbeitslosigkeit abfedern könnte.

Weitreichende Kompetenzverschiebungen von der nationalen hin zur europäischen Ebene, wie z.B. eine europäische Arbeitslosenversicherung, können allerdings zu Moral-Hazard Problemen führen und sind nur dann sinnvoll, wenn sich sämtliche Mitgliedsstaaten ausnahmslos und strikt an die WWU-Regeln bzw. die Economic Governance halten und es zuvor tatsächlich zu einem sehr hohen Grad an Konvergenz in den Wirtschafts- und Finanzzyklen kommt. 

Eine stabile WWU ist aber das Fundament für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Europäischen Union. Aus Sicht der WKÖ liegt die Lösung in einer Kombination aus der Stärkung der Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten durch Strukturreformen, der Einhaltung der Regeln der WWU und Anreizsetzungen für Investitionen. Eine gemeinsame Fiskalpolitik inklusive Europäischem Schatzamt und Europäischer Fiskalkapazität kann jedenfalls nur am Ende eines Prozesses von erfolgreich erreichter Konvergenz in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht stehen. 

Zur Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde vom Vortragenden gefordert, diese solle sich auf ihre Rolle als Kreditgeber letzter Instanz konzentrieren und nicht mehr Teil des Gremiums mit der Europäischen Kommission und des Internationalen Währungsfonds sein, welches Strukturreformen in Ländern wie Griechenland überwacht. Außerdem soll die gemeinsame Handelspolitik der EU als zentrales europäisches Instrument nicht wieder auf die Ebene der Nationalstaaten verlagert werden, da sie die internationalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Drittstaaten laufend verbessert und Handelsbarrieren sukzessive abbaut.

Brexit: Demokratie, Souveränität und Globalisierung unvereinbar? 

De Grauwe weist darauf hin, dass Großbritannien die teilweise Aufgabe der nationalen Souverenität innheralb der EU akzeptieren hätte müssen, um auch von den Vorteilen der Globalisierung wie Freihandel zu profitieren. Die Vereinbarkeit der Faktoren Demokratie, nationale Souveränität und Globalisierung sei eine Illusion, die den Befürwortern des Brexits verkauft worden sei. Wollen die Briten auch weiterhin am Freihandel mit der EU teilnehmen, werden sie in Zukunft erst jene Bedingungen mühsam verhandeln müssen, denen sie als EU-Mitglied bereits unterliegen. Jedoch schafft der Brexit eine gute Gelegenheit, die EU ohne Großbritanniens Veto weiterzuentwickeln.

Fazit

Eine stabile WWU ist das Fundament für eine erfolgreiche Europäische Union. Sie bedarf jedoch einer Weiterentwicklung, um die Wettbewerbsfähigkeit von morgen zu gewährleisten. Dies sollte auf Basis der Einhaltung bestehender Regeln, durch Investitionsanreize und Strukturreformen kombiniert mit sinnvollen Kompetenzübertragungen auf die europäische Ebene und nach erfolgter Konvergenz erfolgen.