Martin Reichard
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1000 Hammerschläge bis zum perfekten Schuh

Als „Schuhdoktor“ ist Martin Reichard in Klagenfurt bekannt. Jetzt wechselt der Jungunter­nehmer den Standort.

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 16.11.2023

Von Claudia Blasi
Redakteurin „Kärntner Wirtschaft“


Schon als Kind war Martin Reichard vom Handwerk des Schuhmachers begeistert. Sein Vater hat diesen Beruf eine Zeit lang ausgeübt und der Sohn war beim Löten, Kleben, Hämmern und Klopfen stets an seiner Seite. Was folgte, war eine Lehre als Orthopädie-Schuhmacher. Beim Sanitätshaus Ranacher sammelte er jahrelang Berufserfahrung, bis im Juli des Vorjahres der Entschluss fiel, sich selbstständig zu machen. „Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, aber in der Aufbruchstimmung nach Corona habe ich es dann riskiert. Was soll schon passieren?“, erinnert sich Reichard zurück. 

Kein einfacher Start in die Selbstständigkeit

Nur mehr wenige Schuhmacher gibt es in der Landeshauptstadt. Kärntenweit sind aktuell vier Lehrlinge in Ausbildung und es werde jenen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, nicht leicht gemacht: „Ich bin seit 20 Jahren im Beruf und wusste genau, wie ich mir das vorstelle, aber mit der ganzen Bürokratie werden einem nur Steine in den Weg gelegt“, erzählt der Schuhdoktor. Seit mittlerweile über einem Jahr ist er am Villacher Ring zu finden. Mit Anfang Dezember wird der Standort in die Kaufmanngasse 3 neben dem Benediktiner Platz verlegt. In einem 300 Jahre alten Haus mit Gewölbe repariert er fortan Schuhe, Taschen, Koffer und Hüllen aus Leder. Aber auch Sattel und Geschirr für Pferde oder Leinen für Hunde sind kein Problem. Das wertvollste waren bisher handgefertigte Schuhe im Wert von 3000 Euro, die eine Reparatur erforderten. Im Grunde ist alles möglich, in vielen Fällen sei es aber eine Kostenfrage: „Wenn ein neuer Schuh fast billiger als die Reparatur ist, dann überlegen sich das viele. Doch die Füße tragen uns durch unser ganzes Leben, man sollte ihnen mit dem Schuhwerk etwas Gutes tun.“ 

Da der Trend in Richtung Nachhaltigkeit geht, werden die Aufträge mehr. Neben Privaten zählen das Stadttheater oder Schuhhäuser aus Klagenfurt zu seinen Kunden. Jedes Paar wird wie gewünscht in Form gebracht, aufbereitet und imprägniert. Das Arbeiten mit Leder und der unverkennbare Geruch sind die große Leidenschaft  des 36-Jährigen. 
Selbst besitzt der Jungunter­neh­mer nur fünf Paar Schuhe, Motorradstiefel inklusive. Diese braucht er für ausgiebige Spritztouren mit seiner Harley Davidson oder Kawasaki als Ausgleich zum Arbeitsalltag. Auf die Frage, warum er sich nicht selbst neue Modelle anfertigt, kontert Reichard schmunzelnd: „Ein Schuh erfordert 1000 Hammerschläge, ein Paar somit 2000 und in Summe etwa zwei Monate Arbeitszeit – das geht sich neben all den Aufträgen wirklich nicht aus.“


Dieser Artikel erschien in Ausgabe 22 der „Kärntner Wirtschaft“.