EuroSkills-Finale 2023 in Danzig: Malerin Johanna Stabentheiner
© Skills Austria/Florian Wieser

EuroSkills-Finale in Danzig: So werden die europäischen Champions der Berufe gekürt

Finaler Wettkampftag bei der Berufs-EM in Polen: Die rot-weiß-roten Berufs-Asse geben noch einmal alles. Dann entscheiden die Experten, wer Edelmetall holt.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 22.09.2023

Wenn an einem Freitagvormittag in Danzig "I am from Austria“ angestimmt wird, rot-weiß-rote Fahnen gehisst werden – und Hochbauer, Fliesenleger, Installateurin, Beauty-Spezialistin und Gartengestalter mit Sprachchören zu Höchstleistungen angespornt werden, dann ist der dritte und finale Wettkampftag von EuroSkills 2023 angebrochen: Es geht um nicht weniger als den Europameistertitel der Berufe.  

44 Teilnehmende aus Österreich geben in 38 Berufen noch einmal alles, um auf den letzten Millimetern, in den letzten Sekunden, auf den letzten Schliffen Gold für Rot-Weiß-Rot zu erobern. Rückendeckung bekommen die "Young Professionals“ (Fachkräfte unter 25 Jahre) aus der Heimat: Mehrere Hundert Menschen – Familienmitglieder, Verwandte, Arbeitgeber:innen, Fans & Co. – haben die Anreise nach Polen in Kauf genommen, um die besten Fachkräfte unseres Landes anzupeitschen.  

"Verliere die Nerven“ 

Einer Ausnahmesituation sind vor allem die Trainer:innen der Teilnehmenden ausgesetzt: Monatelang haben sie ihre Schützlinge – überwiegend ehrenamtlich – auf den Schaulauf der Besten vorbereitet. Selbst etwas zu unternehmen ist allerdings – wie schon an den beiden anderen Wettbewerbstagen zuvor – strengstens untersagt: "Man kann leider nicht eingreifen, obwohl ich es echt gern würde. Das muss der Timo selbst machen. Wenn ich irgendwo einen kleinen Fehler sehe, muss ich einfach umdrehen und gehen. Sonst verliere ich die Nerven“, sagt Andreas Stiegler, Trainer des Vorarlberger Fliesenlegers Timo-Nils Theisl. Der Ennstaler Experte hat den Kandidaten aus dem "Ländle“ fachlich wie auch mental auf alle Eventualitäten vorbereitet, vor Ausnahmesituationen sei man dennoch nie gefeit: "Diese ‚Finals‘ sind einfach brutal aufregend, es verlangt den Teilnehmern einfach alles ab – und es kann immer etwas passieren. Ich war 2017 selbst Teilnehmer in Abu Dhabi und weiß genau, wie das ist. Als Experte – jetzt, in einer anderen Position – zittert man genauso mit, freut sich aber auch, wenn etwas dabei herausschaut.“   

"Teilnehmerseite war angenehmer“ 

Ähnlich ergeht es Malerwelt- und Europameister Christoph Pessl: Er ist heuer erstmals als Trainer an Bord und unterstützt die Kärntner Malerin Johanna Stabentheiner: "Wenn ich ihr zuschaue und nicht direkt eingreifen kann, kommt mir im Nachhinein die Teilnehmerseite fast die Spur angenehmer vor. Erst jetzt weiß ich, wie viele graue Haare ich wohl damals meinem Trainer gemacht habe“, schmunzelt Pessl.  

  • Foto: Johanna Stabentheiner beim konzentrierten Arbeiten. (Foto)
    Credit: Skills Austria/Florian Wieser 

Der niederösterreichische Experte Leo Moser, Trainer von Medaillenhoffnung Jürgen Perhofer (Möbeltischler aus der Steiermark), nimmt sich von der Seitenlinie aus um die internationale Konkurrenz an: "Ich schau mir ganz genau an, was wer wie angeht. Von unserem im Training festgelegten Plan lassen wir uns deswegen aber keinesfalls bringen. Nix zu tun, ist einfach echt schlimm.“  

  • Foto: Experte Leo Moser und Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (Foto)
    Credit: Skills Austria/Florian Wieser 

Der Niederösterreicher Peter Wölfl, Mentor der steirischen Hotel-Rezeptionistin Denise Gringl, meint: "Die Hände schwitzen und man drückt alle Daumen. Aber natürlich ist es verboten, in irgendeiner Form mit der Teilnehmenden in Kontakt zu treten. Das würde sofort zur Disqualifikation führen.“  

  • Foto: Im Bewerb muss Denise Gringl mit kniffligen Wünschen von Gästen zurande kommen (Foto) Credit: Skills Austria/Florian Wieser.

  • Fotos: Die Expert:innen dürfen ihre Schützlingen nur vor und nach den Wettbewerbstagen mit Rat, Tat und Emotionen unterstützen - so wie Trainer Marco Simma mit EM-Starter Enes Kocabay (Maschinenbau CAD, Foto) oder Karin Hofer-Falbesoner mit Floristik-Teilnehmerin Sandra Berger (Foto). Credit: Skills Austria/Florian Wieser. 

Wie Edelmetall vergeben wird 

Der Grund dafür liegt in den Statuten der EuroSkills: Denn die Expertise der heimischen Trainer wird auch für die Jurywertung herangezogen. Das bedeutet: Jeder Teilnehmende – mit minimalen Variationen in einzelnen Berufen – wird von allen Trainer:innen bewertet, mit Ausnahme des eigenen Coaches. Dabei gilt: Kein Handgriff der letzten drei Tage ist unbemerkt geblieben. Sauberkeit des Arbeitsplatzes, Präzision, Herangehensweise, Sicherheit, Planung und vieles mehr werden – je nach Beruf – im strengen Juryurteil berücksichtigt. Dabei fließt nicht nur das finale Ergebnis in die Beurteilungskriterien mit ein, sondern der gesamte Entstehungsprozess.

Dem Bewertungsverfahren liegen strenge und transparente Kriterien zugrunde: Die Expert:innen müssen sich im Zweifelsfall auf eine gemeinsame Punktezahl einigen, Ausreißer durch einzelne Entscheidungsträger in der Bewertung nach oben wie unten sind dadurch ausgeschlossen. Die Teilnehmer:innen mit den höchsten Punktezahlen erobern Gold, Silber und Bronze. 

Durch ein komplexes System werden die Punkte schließlich auch bewerbsübergreifend vergleichbar gemacht. Nur als Anhaltspunkt: Die Punktespanne liegt dann schlussendlich meist zwischen 600 bis 800 Punkten. Kandidaten, die über 700 Punkte holen, aber den Sprung aufs Podest versäumen, werden mit einem "Medallion for Excellence“ gewürdigt. Der oder die Teilnehmende mit der  berufsübergreifend insgesamt höchsten Punktzahl wird mit dem „Jos de Goey“-Award (benannt nach dem ehemaligen Präsidenten von WorldSkills International) ausgezeichnet. 

Herzblut macht den Unterschied 

Jugend-Staatssekretärin Claudia Plakolm, die mit den „Young Professionals“ seit Tagen vor Ort mitfiebert, drückt jedenfalls die Daumen: "Hier bei EuroSkills in Danzig sieht man, wie großartig und talentiert unsere Fachkräfte sind. Wir stellen nicht nur das größte Teilnehmerfeld Europas, sondern repräsentieren unsere großartige duale Berufsausbildung auf höchster europäischer Ebene. Dieses positive Image der österreichischen Berufsausbildung hat sich längst international herumgesprochen – doch auch in unserer Heimat muss es unbedingt an Wertschätzung gewinnen.“ Für sie auffällig: „Das Herzblut, das beim gesamten Team von SkillsAustria zu spüren ist. Es steckt wahnsinnig viel ehrenamtliches Engagement hinter diesem Wettbewerb. Das unterscheidet uns auch von anderen Ländern. Man bekommt eine Gänsehaut, wenn man beobachtet, mit welcher Leidenschaft die Experten und Trainer hinter den Teilnehmenden stehen.“

Medaillen-Vergabe live verfolgen 

Für besonders viele Emotionen ist bei der "Closing Ceremony“ gesorgt: Am Samstagabend (ab 18 Uhr) werden die Medaillen in der 40.000 Menschen fassenden Polsat-Arena vergeben.

Die Zeremonie kann auf der offiziellen Facebook-Seite von EuroSkills 2023 Danzig verfolgt werden: 

Fotos von EuroSkills 2023 

Weitere Bilder – von allen österreichischen Teilnehmer:innen – finden Sie auf dem Flickr-Kanal von Skills Austria (SkillsAustria auf Flickr). (Credit: Skills Austria/Florian Wieser)

Hier gelangen Sie zu den Bildern von Wettkampftag zwei

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