SPIK - Sozialpolitik informativ & kurz

Newsletter Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit 30.1.2024

Lesedauer: 8 Minuten

Aktualisiert am 30.01.2024

Inhaltsübersicht

  • Arbeitsmarktintegration entscheidet über Nutzen von Zuwanderung
  • Österreicher werden älter, aber nicht gesünder
  • Wie viel Lebenszeit Österreicher und Europäer im Job verbringen
  • „Österreich ist ein ziemlich egalitäres Land“
  • Warum die Lohnnebenkosten jetzt sinken müssen
  • „Gemeinsam Lächeln“: SVS belohnt Zahnhygiene
  • Symposium am 29.2. 2024: Automatisierung der Arbeit

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Migration bewegt Arbeitsmarkt und Politik in Österreich und EU. Die qualifizierte Zuwanderung ist dabei unbestritten - im Gegensatz zur Asylmigration. Kosten und Nutzen der qualifizierten Zuwanderung hängen aber ebenso vom (raschen) Einstieg in den Arbeitsmarkt ab. Es zeigt sich: Österreich macht viel, aber wir müssen bei der Integration konsequenter werden.

Konsequenz wäre auch bei Gesundheitspolitik und -verhalten gefragt. Der zweite Gesundheitsbericht zeigt: Die Österreicher werden älter, aber nicht gesünder, was auch am Lebensstil liegt.

Österreicher und Europäer verbringen nach einer Studie weniger als 10% ihrer Lebenszeit im Job. Österreich hat Potenziale, diese zu steigern – bei Teilzeit und Arbeiten im Alter.

Nach der erfolgreichen Förderung von Vorsorgeuntersuchungen fördert die SVS nun zahnärztliche Kontrollen.

Und am 29.2. befasst sich eine Veranstaltung von WU Wien und Rechtsanwalt Dr. Tinhofer mit dem Einsatz von KI im Betrieb.

Schließlich noch der Verweis auf zwei Beiträge, warum die Lohnnebenkosten jetzt sinken müssen und warum Ungleichheit immer relativ ist.

Alles Gute!

Rolf Gleißner



Arbeitsmarktintegration entscheidet über Nutzen von Zuwanderung

Asylmigration ist teuer. Je schneller die Arbeitsmarktintegration, desto geringer die Kosten und desto schneller stellt sich der Nutzen ein. Das ergibt eine aktuelle Studie von EcoAustria. 

EcoAustria prüfte die ökonomischen und fiskalischen Effekte der Asyl- und Vertriebenenmigration nach Österreich. Staatliche Aufwendungen wie Gesundheit, Bildung, Mindestsicherung und Grundversorgung werden den Einnahmen aus Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen und Konsum gegenübergestellt.

Dabei zeigt sich, dass Asylmigration in den ersten Jahren mit massiven Kosten für den Staat verbunden ist. Über den gesamten Betrachtungszeitraum 2015-2025 entstanden Aufwendungen in Höhe von 21,6 Milliarden Euro. Dem standen Einnahmen von 12,8 Milliarden Euro gegenüber, die zu einem negativen Saldo von 8,8 Milliarden Euro führten.

Im Vergleich dazu führt die deutlich höhere Qualifikation von ukrainischen Vertriebenen zu einer rascheren Erwerbsbeteiligung und damit von Anfang an zu geringeren Kosten. Für den Zeitraum 2022-2025 gehen die Autoren unter der Annahme eines längeren Krieges von einem negativen Saldo von 1,2 Milliarden Euro aus. Allerdings steigt auch bei den Vertriebenen aus der Ukraine die Erwerbsbeteiligung bisher nur langsam, sodass auch die Kosten nur langsam sinken. 

Budgetäre Nettoeffekte der Asyl- und Vertriebenenmigration im Zeitverlauf in Prozent de BIP
© ECO Austria

Viele Hürden für rasche Erwerbsintegration 

Eine rasche Erwerbsintegration stößt bei Asylmigration auf Hürden: Die mitgebrachten Qualifikationen sind festzustellen und zu nostrifizieren, Deutschkenntnisse zu erwerben, arbeitsmarktrelevante Schulungen nachzuholen.

Dazu fehlen Arbeitsanreize: Vertriebene können zwar sofort, Asylwerber nach drei Monaten eine Arbeit annehmen – sie verlieren dabei aber grundsätzlich die Grundversorgung inkl. Unterkunft, sodass sich eine Arbeit über den niedrigen Zuverdienstgrenzen kaum lohnt.

Zudem ziehen die meisten Asylwerber von Vornherein, spätestens aber nach Zuerkennung von Asyl nach Wien, weil dort ihre Communities warten und das Sozialsystem großzügig ist. Das Problem: Wien verzeichnet die höchste Arbeitslosigkeit, die Bundesländer hingegen die meisten offenen Stellen. Schließlich ist Deutsch keine leichte Sprache, zumal viele Asylberechtigte erst alphabetisiert werden müssen.

Fazit: Asylzuwanderung ist teuer. Sie könnte günstiger sein und sogar Einnahmen bringen, wenn Österreich Zuwanderer konsequenter integrieren würde – vor allem in den Arbeitsmarkt. Dafür sind die Arbeitsanreize und -pflichten zu verstärken: So sollten Asylwerber und Vertriebene nicht sofort die Unterkunft verlieren, wenn sie eine Arbeit oder eine Lehrstelle aufnehmen. Eine Bemühungspflicht für Asylwerber ist ebenso sinnvoll wie die Pflicht, auch nach Asylzuerkennung für einen gewissen Zeitraum im Bundesland zu bleiben. Zudem ist Deutsch Schlüssel zum Erfolg: Kurse müssen rasch starten, intensiv und flächendeckend sein. Und ukrainische Vertriebene brauchen endlich eine dauerhafte Bleibeperspektive.


von Mag. Julia Moreno-Hasenöhrl


Österreicher werden älter, aber nicht gesünder

Die Lebenserwartung nimmt zu, aber die Österreicher verbringen viele Jahre bei schlechter Gesundheit. Ungesunder Lebensstil und mangelnde Vorsorge fordern ihren Tribut. Das zeigt der zweite Gesundheitsbericht des Gesundheitsministeriums. 

Zum zweiten Mal nach 2016 gibt der im Jänner 2024 erschienene Gesundheitsbericht ein genaues Bild der Gesundheit der Österreicher. Dabei zeigen sich Fortschritte – so leben Frauen und Männer seit 2005 durchschnittlich um zwei bzw. 2,9 Jahre länger. Allerdings gibt es auch Verschlechterungen: 26% haben chronische Rücken- und Nackenschmerzen, 13% Arthrose – ein Anstieg im Vergleich zum letzten Mal.

Unverändert ist seit dem letzten Gesundheitsbericht die Verbreitung von Allergien (20%), chronischen Kopfschmerzen (8%), Diabetes (6%), Asthma und COPD (8%) sowie Depressionen (6%). In Summe führen vor allem die chronischen Erkrankungen dazu, dass Frauen derzeit 19,5 und Männer 16,4 Lebensjahre in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit verbringen.

Frauen leben länger, verbringen aber mehr Lebensjahre in schlechter Gesundheit 

Frauen sind stärker von chronischen Krankheiten und Gesundheitsproblemen betroffen (Allergien, chronische Rücken- und Nackenschmerzen, Arthrose, chronische Kopfschmerzen und Depressionen), sind häufiger im Alltag eingeschränkt und weisen ein geringeres körperliches und psychisches Wohlbefinden auf. Das liegt paradoxerweise auch an der um 4,7 Jahre höheren Lebenserwartung, die überwiegend zusätzliche „schlechte Jahre“ beschert. Dafür nehmen Frauen häufiger als Männer allgemeine Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch.

Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren für die geringere Lebenserwartung von Männern: Sie sind stärker von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes betroffen, verhalten sich ungesünder, sterben etwa dreimal so häufig in Straßenverkehrsunfällen, haben eine geringere Gesundheitskompetenz und gehen seltener zum Arzt.

Auch Personen mit geringer formaler Bildung und geringem Einkommen sind häufiger chronisch krank, haben mehr Einschränkungen im Alltag und eine geringere Lebensqualität. Diese Nachteile sind auf eine benachteiligte Lebenssituation und eine geringere Nutzung von Vorsorgeuntersuchungen und überhaupt medizinischer Versorgung zurückzuführen. 

Vor allem Menschen mit niedrigem Bildungsniveau leben ungesund 

Der wichtigste Faktor für Gesundheit ist das Gesundheitsverhalten - Bewegung, Ernährung, Alkohol- sowie Tabakkonsum. Hier schneiden Menschen mit niedrigem Bildungsniveau besonders schlecht ab: Zwischen 30 und 59 Jahren rauchen täglich 41% der Personen mit maximal Pflichtschule, 29% mit Lehre oder BMS und 17% mit Matura oder einem höheren Abschluss. Männer (23%) rauchen mehr als Frauen (18%), allerdings sind die Österreicher im EU-Schnitt (23%), Österreicherinnen darüber (18 vs. 15%). Hier zeigt sich der Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation: Geringes Einkommen korreliert mit niedrigem Bildungsniveau, kausal für den teuren Tabakkonsum ist aber nicht (geringes) Einkommen, sondern Bildung.

Das Gesundheitsangebot ist in Österreich im internationalen Vergleich gut, bei der Nutzung haben wir Nachholbedarf: So sind die Österreicher im EU-Vergleich Impfmuffel. Die Durchimpfungsrate bei Influenza stieg von 5,2% 2013/14 pandemiebedingt in der Saison 2020/21 auf 22,1%, fiel inzwischen aber wieder auf 8%. Die allgemeine Vorsorgeuntersuchung wird nur von 15% genutzt, auch sonstige Früherkennungsangebote (Darmspiegelung, Vorsorgemammografie, PAP-Abstrich) stagnieren seit dem letzten Gesundheitsbericht. Der ambulante Sektor wird stärker frequentiert, die stationäre Versorgung weniger beansprucht.

Fazit: Der zweite Gesundheitsbericht zeigt Fortschritte, aber auch altbekannte Schwächen, wobei das erhöhte Krankenstandsniveau 2022 und 2023 noch gar nicht Eingang fand. Öffentlich diskutiert wird – nicht erst seit dem Finanzausgleich – vor allem das Gesundheitsangebot. Das ist aber für die Gesundheit nicht entscheidend, zumal die Menschen auch kostenlose (Vorsorge-)Angebote zu wenig nützen. Um die Gesundheit zu verbessern, gilt es, die Gesundheitskompetenz zu erhöhen und die Menschen zu gesünderem Verhalten zu motivieren. Die Förderung von Vorsorgemaßnahmen durch die SVS ist hier ein best practice (siehe unten). 

2. Gesundheitsbericht/BMSGPK: https://www.sozialministerium.at/Services/Neuigkeiten-und-Termine/gesundheitsbericht.html


von Mag. Maria Cristina de Arteaga



Wie viel Lebenszeit Österreicher und Europäer im Job verbringen

Das deutsche Roman Herzog Institut hat die Lebensarbeitszeit der Erwerbstätigen international verglichen. Je nach Messmethode liegen die Österreicher im EU-Schnitt oder darunter. 

Die Zahl der Erwerbspersonen ist rückläufig, zudem arbeiten die Menschen tendenziell kürzer. Die meisten Statistiken befassen sich nur mit einem Aspekt – Wochenarbeitszeit, Überstunden, Teilzeit, Pensionsantrittsalter, etc. Das Roman Herzog Institut hat erstmals das Arbeitsvolumen über das gesamte Leben erfasst.

Die Messung der Lebensarbeitszeit ist nicht einfach: Zunächst wurde die tatsächliche Jahresarbeitszeit herangezogen – Teilzeit senkt hier den Schnitt. Die Österreicher arbeiten im Schnitt 1.443 Stunden pro Jahr, vor allem aufgrund des hohen Teilzeitanteils weniger als der EU-Schnitt (1.571 Stunden).

Hoher Teilzeitanteil reduziert Arbeitsvolumen in Österreich 

In einem nächsten Schritt wird die Zahl der Erwerbsjahre errechnet. Laut Eurostat sind das die Jahre, die eine heute 15-jährige Person voraussichtlich in ihrem Leben erwerbstätig oder arbeitslos verbringen wird. In Island wird aufgrund des hohen Pensionsalters und geringer Arbeitslosigkeit besonders lang gearbeitet (45,4 Jahre, Quelle Eurostat), auch Österreich liegt mit 38,3 Jahren über dem EU-Schnitt von 36,5 Jahren in Erwerbstätigkeit.

Die Jahresarbeitszeit multipliziert mit den Erwerbsjahren ergibt die Lebensarbeitszeit – hier liegt Österreich mit 55.266 Stunden unter dem EU-Schnitt von 57.342 Stunden. Die Autoren berechnen die Lebensarbeitszeit auch unter stärkerer Berücksichtigung der Erwerbsquote. Hier liegt Österreich (aufgrund einer hohen Erwerbsquote) im EU-Schnitt. 

Als Gründe für die geringere Jahresarbeitszeit in einigen Ländern nennt die Studie die höhere Produktivität, die eine Reduzierung der Arbeitszeit ermöglicht hat (z.B. Luxemburg, Deutschland und Österreich), sowie die Präferenz für Freizeit anstelle von Einkommen.

Der Vergleich der Lebensarbeits­zeit zeigt, dass die Menschen durchwegs weniger als 10% ihrer Lebenszeit am Arbeitsplatz verbringen und dass es Potenziale für die Ausweitung des Arbeitsvolumens gibt, wenn die Arbeitskräfte knapp werden. In Österreich bestehen bekanntlich große Potenziale bei Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten und beim längeren Arbeiten im Alter. 

Schätzungen der Lebensarbeitszeit im europäischen Vergleich
© Roman Herzog Institut

Lebensarbeitszeit im internationalen Vergleich | Roman Herzog Institut

von Dr. Ingomar Stupar



Warum die Lohnnebenkosten jetzt sinken müssen

So stark belastet wie der Faktor Arbeit sind sonst nur Güter, die der Staat reduzieren will – Alkohol, Tabak, Mineralöl. Wir brauchen aber mehr, nicht weniger Beschäftigung.

https://marie.wko.at/unternehmertum/rolf-gleissner-warum-lohnnebenkosten-jetzt-sinken-muessen.html


Österreich ist ein ziemlich egalitäres Land“

Ökonom Milanović: "Österreich ist ein ziemlich egalitäres Land" - Wirtschaft - derStandard.at › Wirtschaft



„Gemeinsam Lächeln“: SVS belohnt Zahnhygiene

Die SVS setzt im Jahr 2024 auf gesunde Zähne: SVS-Kunden und Kundinnen und ihre mitversicherten Angehörigen, die bis Jahresende 2024 eine zahnärztliche Leistung in Anspruch nehmen, erhalten einmalig einen Bonus in Höhe von 100 Euro. Interessierte können sich über svsGO zur Gesundheitsaktion anmelden. Die 100 Euro werden unbürokratisch und ohne Antragstellung ausbezahlt.

Die Initiative soll SVS-Kunden und Kundinnen dazu motivieren, zahnärztliche Kontrollen regelmäßig wahrzunehmen und so effektiv vorzusorgen. Denn gesunde Zähne sind nicht nur schön, sondern auch wichtig für Gesundheit und Lebensqualität. Alle Informationen zur Präventionsinitiative „Gemeinsam Lächeln“ unter svs.at/gemeinsamlaecheln.



Symposium am 29.2.2024: Automatisierung der Arbeit

Digitale Technologien haben die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Ein Symposium von Wirtschaftsuniversität und Rechtsanwalt Dr. Tinhofer beschäftigt sich mit dem Einsatz von KI im Betrieb:

  • technischen Grundlagen aktueller KI-Systeme
  • Einsatz von KI-Systemen aus der Sicht des HR-Managements
  • Datenschutzrechtliche Fragen des KI-Einsatzes
  • Einsatz von KI-Systemen in der Praxis

Ort: Campus WU Wien

Zeit: 29.02.2024, 09:00 - 17:00 Uhr

Details und Anmeldung: https://www.automationofwork.at/programm




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