Koralmtunnel
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Von der Ostsee bis an die Adria alles auf Schiene

Der Koralmtunnel ist Teil der Baltisch-Adriatischen Achse. Als eine wichtige Alpenquerung verbindet er Nord- mit Südeuropa.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Um launige Wortspiele war man nicht verlegen, als am 12. Oktober 2006 die Verkehrsminister Polens, Tschechiens, der Slowakei, Österreichs und Italiens ihren „Letter of Intent“ zum Ausbau des Baltisch-Adriatischen Korridors unterzeichneten: „Von Polen bis Po-Land“ beziehungsweise „da Polonia a Bologna“ beschrieben sie die geografische Klammer dieser transeuropäischen Verkehrsachse. Sie führt in mehreren, sich verzweigenden und wieder zusammenfindenden Ästen von den polnischen Ostseehäfen über Tschechien, die Slowakei und Österreich zu den italienischen und slowenischen Adriahäfen.


Grenzüberschreitendes Ziel

Sechs EU-Mitgliedstaaten sind direkte „Anrainer“, zählt man die drei baltischen Staaten dazu, verbindet der Bahnkorridor fast 50 Millionen Menschen. Umso wichtiger ist die verkehrsstrategische Bedeutung für Österreich, wo im Zuge dessen seit Jahren – auch gegen teilweise politischen Widerstand – der Ausbau der entsprechenden Bahnstrecke vorangetrieben wird. Herzstücke dabei sind der Semmering- und der Koralmtunnel. Das grenzüberschreitende Ziel lautet, die Transportverbindungen für den Güter- und Personenverkehr zu verbessern und die regionale Wertschöpfung zu erhöhen.

Differenziertes Interesse an der Nord-Süd-Achse

An den internationalen „Kopfbahnhöfen“ im Norden und Süden beobachtet man die jüngsten Baufortschritte in Österreich mit differenziertem Interesse. In den baltischen Staaten drängt man nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine auf eine Stärkung der Nord-Süd-Achse. Historisch bedingt existieren dort bisher vor allem West-Ost-Verbindungen, noch dazu in einer mit dem übrigen europäischen Netz nicht kompatiblen Breitspur. Im Rahmen des 6-Milliarden-Euro-Projekts „Rail-Baltica“ soll jetzt bis 2030 eine knapp 900 Kilometer lange Verbindung zwischen Warschau und Tallinn mit Anschlussoption nach Helsinki (Fähre oder Tunnel) gebaut werden. „Die baltischen Staaten orientieren sich also grundsätzlich mehr Richtung Süden, da sind Projekte wie der Koralmtunnel wichtige Mosaiksteine“, sagt Österreichs Wirtschaftsdelegierte Ingrid Valentini-Wanka, die von Lettlands Hauptstadt Riga aus das gesamte Baltikum betreut.

Die baltischen Staaten orientieren sich grundsätzlich mehr Richtung Süden, da sind Projekte wie der Koralmtunnel wichtige Mosaiksteine.

Am anderen Ende der transeuropäischen Achse, die vor zehn Jahren von der EU-Kommission in ihren Förderplan aufgenommen wurde, ist das konkrete Interesse – durch die geringere Distanz – naturgemäß höher. In Italien, immerhin Österreichs zweitwichtigster Handelspartner nach Deutschland, liegt der Fokus aktuell zwar eher auf anderen Bahnprojekten (Turin-Lyon, Brenner). Man schätzt aber vor allem, dass es sich beim Koralmtunnel nicht um eine Renovierung bestehender historischer Schienenverbindungen handelt, sondern um  eine tatsächlich völlig neue Trasse zwischen Klagenfurt und Graz.   

„So kann der Koralmtunnel aus strategischer Sicht durchaus als einer der großen Basistunnel unter den Alpen angesehen werden, auch wenn er kürzer als der Gotthard oder der zukünftige Brenner ist“, analysiert das italienische Logistik-Branchenmagazin „Trasporto Europa“. 

Zollamt für Italien

Gerade der Hafen in Triest könnte davon profitieren. Dort hat die Zugfrequenz nach einer pandemiebedingten Delle mit 9.536 Zügen (2022) fast schon wieder Vor-Corona-Niveau erreicht. Von diesem Boom im Gütertransport profitieren auf österreichischer Seite vor allem auch das Cargo Center Graz, das aktuell um 70 Millionen Euro ausgebaut wird, sowie der Großverschiebebahnhof Villach-Süd (Fürnitz).  So wurde vor einem Jahr zwischen Triest und Villach der erste Schienen-Zollkorridor Europas eröffnet.  Seit heuer wird ein Teil der Container im Hafen Triest auf Güterzüge geladen, nach Kärnten transportiert und im Logistikzentrum verzollt.

Der aber immer noch wichtigste Hafen für die österreichische Wirtschaft liegt etwas weiter östlich abseits der Koralmstrecke, in Koper. Mehr als eine Million Container werden hier abgewickelt und unter anderem über die Steiermark nach Linz transportiert.


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