Papierindustrie
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Österreichische Papierindustrie zeigt sich krisenfest

Gesetzliche Rahmenbedingungen stellen die Branche vor große Herausforderungen.

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Aktualisiert am 04.08.2023

Die heimische Papierindustrie hat sich im Jahr 2022 trotz massiven Teuerungen im Rohstoff- und Energiebereich einmal mehr krisensicher erwiesen. Unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen in Österreich im Vergleich zu vielen EU-Ländern stellen die Branche jedoch vor große Herausforderungen.

Die 23-Austropapier Mitglieder sind dank jahrzehntelanger strategischer Investitionen in moderne Produktionsanlagen und effiziente Prozesse gut durch das vergangene Jahr gekommen. Der Gesamtumsatz der Branche betrug 2022 rund 5,5 Milliarden Euro, im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Plus von 34 Prozent. Haupttreiber dieser Entwicklung waren die sehr hohen Energiekosten aber auch gestiegene Rohstoff- und Logistikkosten sowie inflationäre Effekte, die zu einem gewissen Teil an die Kund:innen weitergegeben werden konnten. Auch die Zahl der Beschäftigten konnte mit einem Plus von 1,1 Prozent auf rund 7.700 erhöht werden. Die Zahl der weiblichen Fachkräfte konnte um 7,2 Prozent gesteigert werden, was nicht zuletzt den umfangreichen Frauenförderungs-Programmen zu verdanken ist, die viele Betriebe ins Leben gerufen haben.

Rückläufige Produktionsentwicklung in Österreich und Europa

Die Papierproduktion lag in Österreich 2022 bei 4,6 Mio. Tonnen mit einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 8,5 Prozent. Das liegt hauptsächlich am Rückgang der Nachfrage bei grafischen Papieren, die mit 1,9 Millionen Tonnen ein Minus von 16,8 % verzeichnet haben. Verpackungspapiere konnten sich mit 2,5 Tonnen Produktion und einem minimalen Rückgang von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr stabil halten. Auch die Zellstoffproduktion war mit minus 1,4 % bei einer Produktionsleistung von 2 Millionen Tonnen leicht rückläufig. In Europa betrug der Rückgang bei der Papierproduktion insgesamt 6 Prozent, das ist deutlich mehr als in jeder anderen Industrieregion in Fernost oder Nordamerika, die zwischen minus 1 und minus 4 lagen.

Die Hauptursache dafür liegt an den immer mehr auseinanderklaffenden Rahmenbedingungen am europäischen Markt aber auch am Weltmarkt. „Österreichische Unternehmen haben beispielsweise im Jahr 2022 aufgrund der Trennung der Strompreiszone von Deutschland im Jahresmittel bis zu 10 Prozent höhere Stromkosten als ihre deutschen Konkurrenten gezahlt, in einzelnen Monaten sogar über 20 Prozent. In den skandinavischen Ländern waren die Energiekosten bis zu zehnmal niedriger als in Österreich“, so Austropapier-Energiesprecher Ernst Spitzbart.

Mit einer Exportquote von fast 90 Prozent ist die österreichische Papierindustrie besonders stark von fairen und vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen in Europa abhängig. "Die österreichische Papierindustrie ist eine innovative und attraktive Arbeitgeberin mit Nachhaltigkeits-Fokus und sehr hoher Inlands-Wertschöpfung,“ erklärt Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner und ergänzt: "Wir wollen mit unseren hochqualitativen Produkten und bestens ausgebildeten Mitarbeiter:innen zu gleichen Marktbedingungen in ganz Europa wirtschaften und benötigen dafür in Österreich und der EU eine aktive Industriepolitik.“

Die hohe Wertschöpfung der heimischen Papierindustrie wird von einer aktuellen Studie des IWI (Industriewissenschaftliches Institut) bestätigt: Den 23 Austropapier-Mitgliedern wurde dabei eine außergewöhnliche Hebelwirkung bescheinigt. Zu jedem erwirtschafteten Wertschöpfungs-Euro österreichweit kommen weitere 1,17 Euro an Wertschöpfung dazu. „Die österreichische Papierindustrie ist durch die Verankerung in der heimischen Wirtschaft und ihre beachtlichen gesamtwirtschaftlichen Multiplikatoreffekte ein elementares Element der heimischen Volkswirtschaft“, erklärt IWI-Geschäftsführer Prof. Herwig Schneider. Die 7.700 Beschäftigten sichern österreichweit zudem rund 23.700 weitere Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette ab.

Leuchtturmbranche der Bioökonomie

Im Bereich Umwelt- und Klimaschutz sind die 23 Austropapier-Mitglieder bereits seit Jahren führend am heimischen Industriestandort und haben auch den eingeschlagenen Weg der Dekarbonisierung hin zu einer gelebten Bioökonomie konsequent fortgesetzt: Der Anteil an erneuerbaren Energieträgern konnte 2022 von 58 Prozent 2021 auf 64 Prozent gesteigert werden. Gleichzeitig wurden die CO2-Emissionen um 23 % auf 1,2 Mio. Tonnen verringert, das entspricht einer Reduktion von 22,8 Prozent. Um diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren fortsetzen zu können, hat die Branche 296 Millionen Euro investiert, was einem Plus von rund 35 Prozent im Jahresvergleich entspricht. „Die Österreichische Papierindustrie hat sich in den vergangenen Jahren zu einer absoluten Vorreiterin in Sachen Dekarbonisierung entwickelt. Das verringert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und macht nicht zuletzt die Austropapier-Mitglieder vor allem für junge Menschen zu sehr vertrauenswürdigen und attraktiven Arbeitgebern,“ freut sich Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt. Um auch im Rahmen der Branchenvereinigung Impulse zu setzen, wurde heuer ein eigener Nachhaltigkeitsausschuss ins Leben gerufen.