SPIK - Sozialpolitik informativ & kurz

Newsletter Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit 30.5.2023

Lesedauer: 11 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

Inhaltsübersicht

  • Armut in Österreich, sachlich betrachtet
  • AUFLEB - die größte österreichische Arbeitsstiftung
  • Massiver Rückgang der Arbeitsunfälle im Vergleich zu vor COVID
  • „Gemeinsam vorsorgen“: SVS belohnt Gesundheits-Checks von Klein & Groß
  • Die BGF-Preisträger 2023
  • 58. Zeller Tagung für Arbeits- und Sozialrecht


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Die Inflation hält sich hartnäckiger als gedacht: Ein Grund dürften die vielen nachfrageseitigen Maßnahmen sein. Dazu gehören die Lohnabschlüsse, die über der vergangenen Inflation lagen und – im Gegensatz zum Rest Europas – für fast alle Arbeitnehmer gelten. Die Inflation facht auch die Diskussion um Armut an. Dabei ist die Lage in Wirklichkeit weit besser als im – eher emotionalen - Diskurs.

Das wirksamste Mittel gegen Armut ist Erwerbsarbeit. Die Stiftung Aufleb von ÖGB und WKÖ integriert Menschen seit 28 Jahren in den Arbeitsmarkt und fördert aktuell Green Jobs.

Entgegen vielen Kassandrarufen wird die Arbeitswelt immer sicherer. Das zeigt sich etwa an der Entwicklung der Arbeitsunfälle. 

Die SVS fördert Vorsorgeuntersuchungen von Selbständigen und Angehörigen mit 100 Euro. Der Andrang ist groß.

Groß ist auch der Andrang in der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Erstmals nach drei Jahren wurden die gesündesten Betriebe ausgezeichnet.

Zum Abschluss eine Nachlese auf die Zeller Tagung für Arbeits- und Sozialrecht.

Alles Gute!

Rolf Gleißner


Armut in Österreich, sachlich betrachtet

Die Inflation betrifft Einkommensschwächere naturgemäß stärker. Zuletzt hieß es gar, über 500.000 Menschen können sich kein warmes Essen mehr leisten. Eine nüchterne Analyse zeigt hingegen: Die Armut ist rückläufig.

Vor kurzem veröffentlichte Statistik Austria die EU-SILC-Daten für 2022: Demnach waren 201.000 Menschen, konkret 2,3%, materiell erheblich depriviert. Als depriviert gilt in Österreich, wer sich bestimmte Ausgaben/Investitionen wie ein Auto, einen Urlaub, jeden zweiten Tag Fleisch, etc. nicht leisten kann.

Der Aufschrei war groß, waren doch 2021 – trotz Pandemie und Wirtschaftskrise - erst 160.000 Menschen in diesem Sinne „arm“. Die Opposition klagte die Regierung an, Caritas & Co riefen den Notstand aus. Kaum jemand blieb sachlich. Dabei lieferte die Statistik Austria selbst drei Erklärungen: Zunächst wurden 2021 wegen COVID viele Sondergeldleistungen ausbezahlt. Da zeitweise alle Menschen bei Freizeitaktivitäten, Fortgehen, Essengehen beschränkt waren, wurden damals individuelle Einschränkungen weniger wahrgenommen. Schließlich wurden diese Einschränkungen als vorübergehend, nicht dauerhaft empfunden.

Ein Langfristvergleich zeigt: Da die Armutsstatistik auf Befragungen beruht, gibt es statistische „Ausreißer“ wie 2021, sie zeigt aber einen klaren Trend: Die Zahl der Menschen mit niedrigem Lebensstandard ist in Österreich rückläufig und das trotz der starken Zuwanderung aus armen Ländern. Das hält Statistik Austria auch klar im Bericht Armut und Soziale Eingliederung fest.

Zahl der erheblich deprivierten Menschen in Ö
© WKÖ Geänderte Definition ab 2018

Verdoppeln sich alle Einkommen, sind gleich viele Menschen armutsgefährdet

Die unspektakulären Zahlen könnten ein Grund sein, warum in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Messgrößen für Armut hinzukam: Ausgrenzungsgefährdung, Armutsgefährdung, niedrige Erwerbsintensität, etc. Als armutsgefährdet gilt etwa, wer über weniger als 60% des nationalen Medianeinkommens verfügt. Dieses Maß sagt allerdings mehr über die Verteilung der Einkommen aus als über den Lebensstandard. Verdoppeln sich alle Einkommen von heute auf morgen, sind statistisch gleich viele Menschen „armutsgefährdet“. Die Folge: Solange nicht alle gleich viel verdienen, bleibt Armut auch in reichen Ländern immer ein Thema, quasi ein politisches „perpetuum mobile“.

Im Diskurs wird auch der internationale Vergleich meist ausgeblendet, in dem Österreich stets gut abschneidet: In keinem Land außer Schweden und Finnland ist der Anteil der Menschen mit materieller Entbehrung so gering wie bei uns. In Österreich waren 2021 1,8 Prozent erheblich eingeschränkt, in Deutschland 4,3 Prozent, in Italien 5,9 Prozent.

Doch zurück zu den 500.000 Menschen, die sich kein warmes Essen leisten können: Die Zahl findet sich in einschlägigen Studien nicht. Hochgerechnet 447.000 Menschen gaben bei der EU-SILC-Befragung 2022 an, nicht jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder vegetarisch zu essen. 421.000 gaben an, aus finanziellen Gründen keinen PKW zu haben. Und fast niemand verzichtet demnach aus Geldmangel auf PC, Internet, Handy und Waschmaschine.

Fazit: Armut bekämpfen ist richtig. Das macht die Regierung auch: Seit 2022 werden fast alle Sozialleistungen valorisiert. Notstandshilfe und Arbeitslosengeld werden indirekt valorisiert, weil sie von den letzten Erwerbseinkünften abhängen. Wem das nicht reicht, dessen Einkommen wird mit Sozialhilfe aufgestockt, die ebenso valorisiert wird. Dazu kamen zahlreiche Transfers aus dem Titel COVID und Teuerung, die die Einkommensverluste zT sogar überkompensierten. Also: Entwarnung ist angesagt, keine Dramatisierung.

Quellen:


von Mag. Dr. Rolf Gleißner



AUFLEB - die größte österreichische Arbeitsstiftung 

Schon 215 Teilnehmer in neuer Umweltstiftung

Die Stiftung Aufleb von ÖGB und WKO ist seit 28 Jahren aktiv und fördert aktuell – neben anderen Projekten - erfolgreich Green Jobs. 

Arbeitsstiftungen unterstützen Arbeitslose aus bestimmten Regionen, Branchen oder Unternehmen gezielt mit Berufsorientierung, Qualifizierung und Arbeitssuche. Die AUFLEB wurde 1995 sozialpartnerschaftlich von ÖGB und WKO gegründet. Anlass war, dass durch den EU-Beitritt Österreichs ein Strukturwandel in den Branchen Nahrungs- und Genussmittel erwartet wurde. Ziel war es damals, über eine bundesweite Arbeitsstiftung Arbeitslose aus der Lebensmittelbranche durch Aus- und Weiterbildungen in adäquate Jobs zu bringen. Seit 2000 betreibt die Stiftung auch Projekte für andere Branchen bzw. branchenübergreifende Zielgruppen.

In den 28 Jahren ihres Bestehens hat die AUFLEB mehr als 11.000 Menschen beim (Wieder)Einstieg ins Erwerbsleben begleitet und in den Arbeitsmarkt integriert. Neben der immer noch aktiven Stiftung für den Lebensmittelsektor werden derzeit Zielgruppen mit Problemen am Arbeitsmarkt unterstützt, konkret junge Menschen, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, und Green Jobs gefördert.

ÖGB, WKÖ, AMS, Arbeitsministerium und Klimaschutzministerium initiierten 2022 die Umweltstiftung, mit der Menschen ohne verwertbare Berufsausbildung sich für nachgefragte Jobs im Umweltbereich qualifizieren können. In verkürzter Ausbildungsdauer kann ein Lehrabschluss oder eine Qualifikation zum Fachhelfer erworben werden. Die von der AUFLEB getragene Umweltstiftung trägt durch punktgenaue Qualifizierungen zur Fachkräftesicherung in den Bereichen Bauen und Sanieren sowie Heiz- und Klimatechnik bei - Bereiche, die für die Klimawende wesentlich sind. Aktuell sind 215 Personen in die Stiftung eingetreten und haben ihre Ausbildungen begonnen. Bis 2025 sollen etwa 1.000 Menschen für den Umweltbereich qualifiziert werden.

Details zu Geschichte und Aktivitäten unter https://www.aufleb.at/ 

Aktivitäten der Aufleb 

Branchenstiftung Lebensmittel: Die Stiftung zur Begründung der Aufleb zeichnete sich durch ein breites Ausbildungsanbot vom Staplerfahrer-Führerschein bis zum Abschluss eines Studiums und einer Erfolgsquote von 87% aus.

Der Jugend eine Chance: Junge Menschen mit mehreren Problemstellungen konnten mit verstärktem Coaching zu mehr als 70% Lehr- und Arbeitsverhältnisse aufnehmen. 

Jugendstiftung (JUST) Implacement: Qualifizierungen, praktische Arbeit und aktive Arbeitssuche haben jungen Menschen geholfen, wieder in den Arbeitsmarkt zu finden. Als „Vorläuferstiftung“ dazu war die Jugendstiftung Zeitarbeit und KMU eingerichtet.

JUST Integration I und II: Fast 1.200 arbeitslose Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte und junge Erwachsene mit schwierigen Startverhältnissen wurden betreut.

JUST2JOB: Zusätzlich zu anderen Stiftungen wurden Wiedereinsteiger und überregionale Ausbildungen unterstützt. 

Unternehmensstiftungen: Mit Unternehmen gemeinsam finanzierte Outplacement-Stiftungen haben Mitarbeiter bereits vor dem Beginn von Arbeitslosigkeit für ein neues Berufsumfeld geschult (z.B. Agrana, Schirnhofer, Mars).

Darüber hinaus hat eine stiftungsähnliche Maßnahme Trainer (z.B. Sprachtrainer) für andere Berufstätigkeiten qualifiziert.

 

von Mag. Claudia Janecek



Massiver Rückgang der Arbeitsunfälle im Vergleich zu vor COVID

Die Pandemie und ihre Folgen senkten die Zahl der Arbeitsunfälle auf ein Rekordtief. Aber auch 2022, als die Folgen großteils überwunden waren, passierten weit weniger Unglücke als vor der Pandemie. 

Im Jahr 2022 verzeichnete die AUVA 90.073 Arbeitsunfälle von Erwerbstätigen (inkl. Wegunfälle). Das ist zwar ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2021 mit 88.521 Arbeitsunfällen, aber ein massiver Rückgang im Vergleich zur Zeit vor COVID: 2019 wurden noch 105.449 Arbeitsunfälle verzeichnet.

Die Pandemie und ihre Folgen – Lockdowns, Kurzarbeit - haben vorübergehend die Wirtschaftstätigkeit stark eingeschränkt. Homeoffice und Reiseeinschränkungen reduzierten die Zahl der Wege und damit auch der Wegefälle. 2022 gab es keine allgemeinen Lockdowns mehr, die Wirtschaft wuchs um 5%. Es ist umso erfreulicher, dass die Zahl der Arbeitsunfälle 2022 dennoch fast auf dem Rekordtief aus der Pandemiezeit blieb. Deutschland verzeichnet eine ähnliche Entwicklung: 2022 passierten rund 792.000 Arbeitsunfälle, 2019 872.000. 

Übrigens wurden in Österreich 1980 noch 190.000 Arbeitsunfälle, also mehr als das Doppelte von jetzt, verzeichnet. Die Arbeitswelt ist seitdem wesentlich sicherer geworden – durch Strukturwandel sowie Sicherheitsmaßnahmen von AUVA und Betrieben.

Ganz massiv wirkte sich COVID auf die Berufskrankheiten aus: Von den 8.529 Fällen waren 7.540 (!) auf COVID 19 zurückzuführen. Das war vor allem Personal, das sich in Schulen und Spitälern angesteckt hat. 2019 wurden erst 1.198 Fälle einer Berufskrankheit verzeichnet.  

Details unter: Broschüre "Zahlen & Fakten 2022" AUVA

Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten: Die vorläufigen Zahlen für 2022 | arbeitssicherheit.de


von Mag. Pia-Maria Rosner-Scheibengraf, Mag. Nina Haas



„Gemeinsam vorsorgen“: SVS belohnt Gesundheits-Checks von Klein & Groß

Bei der SVS gilt: Vorsorgen statt Nachsorgen – und zwar von Kindesbeinen an. Alle SVS-Kunden, die zur Vorsorgeuntersuchung gehen, erhalten daher von der SVS einen Bonus in Höhe von 100 Euro. Die Vorsorgeuntersuchung zählt zu den effektivsten Maßnahmen, um Krankheiten rechtzeitig zu erkennen und ist damit eine Investition in die Gesundheit.

Mit Anfang Mai haben bereits 125.000 SVS-Versicherte den 100-Euro-Bonus erhalten - unbürokratisch, denn der Bonus wird automatisch, ohne Antrag direkt auf das Konto überwiesen. Der Anreiz wirkt: Die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen ist in den ersten Monaten 2023 im Vergleich zum Vorjahr um fast 60 Prozent gestiegen.

Alle Infos zur Initiative „Gemeinsam vorsorgen“ unter svs.at/gemeinsamvorsorgen.



Die BGF-Preisträger 2023

Erstmals nach drei Jahren wurden die gesündesten Betriebe Österreichs ausgezeichnet.

Best Practices - WKO.at



58. Zeller Tagung für Arbeits- und Sozialrecht

500 Teilnehmer und damit fast so viele wie vor COVID zählte die heurige Zeller Tagung. Prof. Susanne Auer-Mayer (Wirtschaftsuniversität Wien) startete mit ihrem Vortrag „Unionsrecht statt Urlaubsgesetz?“. Die Thematik ist insofern höchst relevant, als der EuGH in den letzten Jahren eine Vielzahl an Entscheidungen zum Urlaubsrecht erlassen hat, die durchaus an den Grundfesten des österreichischen Urlaubsgesetzes (UrlG) rütteln. Aus diesem Grund beschäftigte sich Auer-Mayer in ihrem Vortrag mit der Fragestellung, in welchen Bereichen das Unionsrecht das österreichische UrlG verdrängt. Zu diesem Zweck griff die Referentin einzelne Bereiche des Urlaubsrechts heraus, in denen die österreichische und unionsrechtliche Regelung in einem besonderen Spannungsverhältnis stehen. Dass die Probleme vielschichtig sind, beweist bereits die Frage, ob die unionsrechtlichen Vorgaben lediglich bei den von der Arbeitszeit-RL vorgegebenen 4 Wochen Mindesturlaub greifen oder auch bei der fünften und sechsten Urlaubswoche, die das UrlG gewährt. Weitere diffizile Themengebiete des Vortrags waren die Bemessung des Urlaubs, Anrechnung von Vordienstzeiten, Erkrankungen während des Urlaubs, Urlaubsentgelt, Urlaubsersatzleistung und Verjährung des Anspruchs. Im Endeffekt plädierte Auer-Mayer, das UrlG einer umfassenden Überarbeitung zu unterziehen und das Gesetz unionsrechtskonform auszugestalten.

Im zweiten Vortrag beschäftigte sich Prof. Christoph Kietaibl (Universität Klagenfurt) mit einem grundlegenden, zivilrechtlichen Problemfeld, nämlich „Irrtum und Aufklärung im Arbeitsverhältnis“. Nach einigen allgemeinen Ausführungen zum Rechtsinstitut des Irrtums und seinem Zusammenhang mit Aufklärungspflichten ging der Referent auf die bereits viel diskutierte Frage nach der Rückwirkung der Irrtumsanfechtung ein. Die herrschende Meinung, dass eine Irrtumsanfechtung wegen Rückabwicklungsschwierigkeiten im Arbeitsverhältnis keine Rückwirkung entfalten soll, wurde im Vortrag zwar nicht bestritten, aber zumindest hinterfragt. Insbesondere sei es nicht nachvollziehbar, warum bei Arglist und Nichtigkeit des Arbeitsvertrags keine derartigen Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen sollen. Ein weiterer Schwerpunkt der Präsentation war die Beurteilung irrtümlich erbrachter Mehrleistungen. Wesentlich sei hier, ob die Mehrleistung selbst bzw. ihr irrtümliches Erbringen für den AN erkennbar war oder nicht. Schlussendlich behandelte der Referent die schwer zu fassenden, einzelfallabhängigen Aufklärungspflichten im Arbeitsverhältnis. Dabei ging er speziell auf die Intensität dieser Pflichten, das Fragerecht der AG und die Aufklärungspflicht bei eigenem Fehlverhalten ein.

Abgeschlossen wurde der erste Tag der Veranstaltung von Prof. Matthias Neumayr (Vizepräsident des OGH und Universität Salzburg), der zum Thema „Beweisverwertungsverbote im Arbeitsrecht“ referierte. Die Kernfrage seines Vortrags lautete: Führt die Rechtswidrigkeit der Erlangung eines Beweismittels zum Verbot der Verwertung im arbeitsgerichtlichen Verfahren? Prinzipiell gehe das österreichische Recht von der Trennung zwischen materiellem Recht und Zivilprozessrecht aus. Diesem Grundsatz zufolge habe eine materielle Rechtswidrigkeit der Erlangung eines Beweismittels (beispielsweise wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO) keinerlei Einfluss auf dessen prozessuale Behandlung. Die Sanktionen der Rechtswidrigkeit richten sich vielmehr allein nach dem materiellen Recht. Dieses auf den ersten Blick recht einleuchtende Prinzip wurde aber in letzter Zeit vermehrt infrage gestellt. Kürzlich führte die Entscheidung 7 Ob 121/22b des OGH zu Diskussionen in der Literatur. Zuletzt äußerte sich auch der EuGH zu dieser Fragestellung (C-268/21, Norra Stockholm Bygg) und brachte damit den österreichischen Trennungsgrundsatz – wenig überraschend – in Bedrängnis. Der Referent konkludierte aus all dem, dass sich wahrscheinlich immer mehr Beweisverwertungsverbote in der österreichischen Zivilprozessordnung durchsetzen werden. Die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich bleiben abzuwarten. „Einfacher wird es nicht, voraussehbarer auch nicht“, meinte Neumayr zum Schluss.

Dr. Christoph Wiesinger (Wirtschaftskammer Österreich) hielt das Seminar zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) ab.

Am zweiten Tag thematisierte Prof. Walter Pfeil (Universität Salzburg) neue Entwicklungen in der Pflegevorsorge. Mit besonderem Fokus auf die aktuelle Pflegereform wurden drei große Themenblöcke – Maßnahmen im Hinblick auf die Pflegebedürftigen, die pflegenden Angehörigen und das Pflegepersonal – behandelt. Im ersten Themenblock befürwortete er zwar die Erhöhung des Erschwerniszuschlags, bemängelte allerdings, dass damit nur ein Teil des Problems gelöst werde. Im zweiten Themenblock widmete er sich insb. dem Angehörigenbonus. Dieser wurde, vor allem aufgrund der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen der beiden Modelle, §§ 21g und 21h BPGG, kritisch betrachtet. Im Rahmen des letzten Themenblocks behandelte Pfeil ua Problemstellungen rund um die 24-Stunden Betreuung. Von den angekündigten Reformen sei aus seiner Sicht noch kaum etwas umgesetzt worden.

Prof. Barbara Födermayr (Universität Linz) referierte abschließend zu Strukturfragen des Unfallversicherungsrechts nach Covid-19. Besonderes Augenmerk wurde dabei zunächst auf die Berufskrankheiten gelegt. Födermayr zufolge sei Covid-19 eine „Infektionskrankheit“ iSd Berufskrankheitenliste und daher als Berufskrankheit anzuerkennen. Gleichzeitig könne eine Covid-19 Infektion aber ebenso einen Arbeitsunfall darstellen, da auch eine Infektion ein plötzliches Ereignis sein könne. Im letzten Teil ihres Referats thematisierte die Referentin Unfälle im Zuge von Homeoffice. Sie vertrat die Ansicht, dass die jüngst eingeführten Ergänzungsbestimmungen des § 175 Abs 1a und Abs 1b ASVG aufgrund der einschlägigen Rsp des OGH nur als Klarstellung des Gesetzgebers zu werten sind und diese keine Änderungen im geltenden Recht bewirken.

Das Nachwuchsforum bot ausgezeichnete Vorträge von Univ.-Ass. Conrad Greiner, (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Überlassene Arbeitnehmer bei Massenkündigungen im Beschäftigerbetrieb), Univ.-Ass. Helena Palle, LL.M., BSc (Universität Wien, Die Insolvenzausnahme bei Betriebsübergang) und Univ.-Ass. Peter C. Schöffmann (Wirtschaftsuniversität Wien, Verwaltungskooperation im Europäischen Sozialrecht)

Folgende Verlage haben die Tagung tatkräftig unterstützt: Manz-Verlag, ÖGB-Verlag, Linde Verlag, Verlag LexisNexis, Verlag Österreich und Facultas Verlag.




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