WKW-Präsident Walter Ruck, Stadträtin Ulli Sima, Bezirksvorsteher Markus Figl (re.)
© Florian Wieser

Verkehrsberuhigte City: Machbarkeitsstudie liegt seit einem Jahr vor - StVO-Novelle ist überfällig

Auch Datenschutzgutachten gibt grünes Licht – Zahlreiche europäische Länder sind Österreich voraus – Wien fordert zuständige Ministerin seit 953 Tagen zum Handeln auf

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Aktualisiert am 17.10.2023

Eine verkehrsberuhigte Innere Stadt mit viel Platz für Begrünung, Kühlung, Radwege und attraktive Aufenthaltsbereiche – das ist das Ziel von Stadt Wien und 1. Bezirk. Auf den Tag genau vor einem Jahr haben beide dazu eine technische Machbarkeitsstudie präsentiert, die ganz klar zeigt: Die Umsetzung des Konzepts von Stadt und Bezirk bringt bis zu 15.700 Einfahrten weniger pro Tag, ein Viertel weniger Stellplatzauslastung und viel Platz für Begrünungsmaßnahmen. In Wien könnte damit eines der größten Klimaschutzprojekte Österreichs umgesetzt werden.



Verkehrsberuhigung im innerstädtischen Bereich bringt allen Beteiligten etwas. Das zeigen auch Erfahrungen mit den bisher eingerichteten Begegnungszonen.

 „Seit genau 953 Tagen fordern wir die zuständige grüne Ministerin Gewessler auf, die rechtliche Grundlage dafür zu schaffen. Selbst ein Jahr nach der Präsentation der technischen Machbarkeitsstudie ist nichts passiert! Viele andere Länder und Städte in Europa wie Deutschland, Italien, Spanien oder London sind uns da weit voraus. Sie haben gesetzliche Grundlagen geschaffen, um im Sinne des Klimaschutzes effiziente Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in Innenstädten zu setzen. Wir sitzen in den Startlöchern, wir haben Machbarkeitsstudie und Datenschutzgutachten, aber ohne StVO-Novelle können wir dieses Klimaschutzprojekt, das 4 Mio. Einfahrten in den 1. Bezirk pro Jahr verhindern würde, nicht umsetzen!“, so Mobilitätsstadträtin Ulli Sima, die gemeinsam mit Bezirksvorsteher der Inneren Stadt Markus Figl und Wiener Wirtschaftskammer-Präsidenten Walter Ruck ihre Forderung nach einer raschen Novellierung bekräftigt.

Allianz aus Politik und Wirtschaft fordert Rechtgrundlage

Das Modell für Wien sieht vor, dass Zufahren in die Innere Stadt künftig nur noch für Bezirksbewohner, Nutzer öffentlicher Garagen, Wirtschaftstreibende inklusiver öffentlicher Dienste wie der Müllabfuhr, für Einsatzfahrzeuge und Taxis sowie für kurzfristige Aufenthalte erlaubt ist. Um diese Zufahrten in den 1. Bezirk effektiv kontrollieren zu können, und zwischen legalem und illegalem Parken an der Oberfläche zu unterscheiden, braucht es ein kamerabasiertes Zufahrtsmanagement – das betont auch die Landespolizeidirektion Wien. Dafür braucht es eine entsprechende StVO-Novelle. Mittlerweile gibt es u.a. 13 Gemeinderatsbeschlüsse, die Ministerin Gewessler zum Handeln auffordern (gegen die Stimmen von FPÖ und Grünen). Auch andere Bundesländer und der Städtebund setzen sich für eine Rechtsgrundlage ein. Doch auch ein Beschluss der LH-Konferenz, mehrere Beschlüsse der Landesverkehrsreferent, Fraktionen übergreifende Bezirksbeschlüsse und wiederholte Aufforderungen des Städtebundes blieben bisher ohne Erfolg.

Masterplan Innere Stadt

Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck: „Verkehrsberuhigung im innerstädtischen Bereich bringt allen Beteiligten etwas. Das zeigen auch Erfahrungen mit den bisher eingerichteten Begegnungszonen. Durch die gesteigerte Aufenthaltsqualität und die bessere fußläufige Zugänglichkeit profitieren neben den Bewohner*innen auch die angesiedelten Unternehmen. Solche Zonen weisen eine gesteigerte wirtschaftliche Wertschöpfung auf. Klar ist aber auch, dass der frei werdende Platz an der Oberfläche sinnvoll und im Interesse aller Betroffenen genutzt werden muss, inklusive kurzfristigem Parkens. Die Innere Stadt ist nicht nur Wohnraum, sondern auch das wirtschaftliche, touristische und gesellschaftliche Zentrum unserer Stadt. Daher gilt es, gesamtheitliche Konzepte zu entwickeln. Mit dem 'Masterplan Innere Stadt´ hat die WK Wien ein solches vorgelegt."

Bezirk fordert Grünes Licht

Bezirksvorsteher Markus Figl betont: „Der Bezirk fordert Grünes Licht für die Umsetzung der Verkehrsberuhigung in der Inneren Stadt. Es herrscht ein breiter Konsens im Bezirk sowie mit der Stadt. Seit über einem Jahr liegen Rechtsgutachten und Marchbarkeitsstudie vor, seit über einem Jahr wissen wir, wie es rechtlich und organisatorisch möglich ist. Ich erwarte, dass Frau Ministerin Gewessler den Weg für dieses Zukunftsprojekt freigibt und wir endlich in die Umsetzung gehen können. Wie lange möchten Sie noch an einem Entwurf für die Gesetzesnovelle feilen?“

Datenschutzbedenken ausgeräumt

Die Ministerin stützt sich bei der Begründung für ihr Nicht-Handeln auf Datenschutzbedenken. Doch diese laufen ins Leere, denn seit über einem Jahr liegt das von Klimaschutzministerium und Städtebund gemeinsam beauftragte Datenschutzgutachten zur verkehrsberuhigten Inneren Stadt mittels Kameraeinsatzes vor, das ganz klar grünes Licht gibt und alle Bedenken ausräumt. Dort heißt es u.a.: „Die automatisierte Verkehrsüberwachung speziell definierter Bereiche durch ein automatisiertes Zonen-Zufahrtsmanagement dient der Verkehrssicherheit […] und der Umwelt, und ist geeignet, diese Ziele zu erreichen, indem das jeweilige Stadt- und Gemeindezentrum vom unberechtigten Autoverkehr entlastet und somit aufgewertet wird. Der Einsatz von bildverarbeitenden technischen Einrichtungen entspricht daher dem Sachlichkeitsgebot und ist verhältnismäßig.“