sabine Seidler
© Raimund appel

Interview mit Sabine Seidler

Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz und Rektorin an der TU Wien

Lesedauer: 1 Minute

Aktualisiert am 22.09.2023

Wie bewerten Sie die Beziehung zwischen Universitäten und Wirtschaft?

Etwa 19.000 Absolventen beendeten im letzten Studienjahr ihr Studium an einer öffentlichen Universität in Wien. Das lässt erahnen, wie wichtig die Universitäten für Wien sind. Hinzu kommt: Österreich ist in den EU-Top 3 im Anteil der Unternehmen, die mit Hochschulen kooperieren. Interessant ist auch, dass 81 Prozent dieser Unternehmen echte Marktneuheiten eingeführt haben. Das zeigt das Innovationspotenzial. Die Wiener Universitäten sind in diesem Zusammenhang sehr aktiv. Allein im letzten Jahr wurden mehr als 70 Millionen Euro an Erlösen aus Forschungskooperationen mit Unternehmen erzielt (ohne Forschungsförderung). Etwa 50 Prozent der Erlöse öffentlicher Universitäten im Drittmittelbereich entfallen auf die Wiener Universitäten (2020 ca. 380 Millionen Euro).

Universitäten sind auch einer der wichtigsten Faktoren bei Standortentscheidungen forschungsaktiver Unternehmen und wissensintensiver Branchen, auch deshalb sind sie für Wien extrem wichtig. Ihr Beitrag zur Innovation zeigt sich über Patentanmeldungen und Spin-offs: Die Wiener Universitäten haben im Jahr 2022 168 Patente angemeldet.

Der Anteil neu gegründeter akademischer Spin-offs beträgt rund ein Viertel aller Start-up-Gründungen österreichweit. Besonders wichtig, gerade für technologieorientierte zukünftige Start-ups, ist in diesem Zusammenhang eine ausreichende Förderung von Prototypen. Diese können das Potenzial eines Forschungsergebnisses in die Praxis übersetzen und damit in die Umsetzung bringen.

Welche Studiengänge sind für Studierende besonders interessant?

Es gibt einen Trend hin zu Studien, die gesamtgesellschaftliche Aufgaben adressieren. Das zeigt sich vor allem im Bereich Nachhaltigkeit/Klimawandel. Eine Verschiebung von Studieninteressen ist eigentlich nicht zu beobachten. Das liegt vor allem an der nach wie vor mangelhaften Information der Maturanten, was auch aus der jüngsten Maturierendenbefragung (2022) des IHS hervorgeht.

Wie schätzen Sie die Bedeutung eines Studiums ein, steigen die Zahlen oder sinken Sie eher?

Die Studierendenzahlen an den öffentlichen Universitäten sind generell seit dem Studienjahr 15/16 rückläufig. Das hat verschiedene Ursachen und eher weniger mit der Bedeutung oder dem Interesse zu tun. Demografische Entwicklung, Zunahme der Bildungsangebote und natürlich auch die partielle Einführung von Zugangsbeschränkungen haben u.a. einen Einfluss. Was die Bedeutung eines Studiums betrifft, so ist unbestritten, dass es einen hohen Mehrwert für die Absolventen auf individueller Ebene bringt, das reicht von besseren Berufschancen, höherer Jobsicherheit und höherem Einkommen bis hin zu allgemein höherer Lebenszufriedenheit.