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© Florian Wieser

DIGA und Patientenströme

Rückblick auf die SV Lounge am 14. 11.2023

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 06.12.2023

Die Zukunft moderner Gesundheitsstrukturen liegt in neuen digitalen Technologien. Stetiger Wandel, wissenschaftlicher Fortschritt und konstante Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten sind Eckpfeiler moderner Telemedizin. Damit digitale Prozesse nicht scheitern, müssen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen und nationale Digitalisierungsprojekte vorangetrieben werden. Digitale Medizinprodukte auf Rezept, kurz DIGA genannt, haben das Potential, unser Gesundheitssystem rascher und kosteneffektiver weiterzuentwickeln. Sie stellen für unsere Betriebe auch ein tolles Entwicklungspotential dar und sind eine Standortfrage für die Ansiedelung von Startups. Klar definierte, transparente Verfahren unter Berücksichtigung der Rechtssicherheit für Marktzugang und Finanzierung sind dabei Voraussetzung.  Apps und andere mobile Digitalangebote im Gesundheitsbereich haben in den letzten Jahren eine beträchtliche Dynamik entwickelt.

Erwähnt sei an dieser Stelle der Modernisierungsturbo durch die Pandemie. Gesundheits-Apps stellen einen riesigen Markt dar und auch in Österreich werden bereits erfolgreich DIGA weiterentwickelt. In Deutschland können DIGA im Gesundheitsbereich als Medizinprodukt auf Kassenkosten bereits verschrieben werden. Dazu wurde in Deutschland ein eigener Zulassungsprozess mit Überprüfungen aufgesetzt.

In Österreich gibt es DIGA auf Rezept noch nicht

Viele App-Entwickler gehen daher nach Deutschland, weil der Markt in Österreich begrenzt ist. Das muss verhindert werden.  Der digital affine Patient wird von DIGA profitieren, wenn er Programme verwendet, die ihn bei der Heilung ebenso unterstützen wie bei der Prävention. Er wird durch diese Anwendungen erinnert, geführt, geleitet und motiviert werden.  In Österreich wurden noch keine Rechtsakte erlassen, die speziell DIGA adressieren, obwohl bereits verschiedene Rechtsmaterien auf digitalisierte Prozesse im Gesundheitswesen Bezug nehmen.

Die Erwähnung von DIGA im von der Bundesregierung vorgestellten Digital Austria Act gibt Hoffnung, dass für DIGA bald ein gesetzliches Regelungssystem geschaffen wird. Die einzelnen Sozialversicherungsträger entwickeln und bieten bereits digitale Angebote an. Die Pensionsversicherungsanstalt nutzt DIGA und hat bereits eine telemedizinische Maßnahme umgesetzt -und zwar die RehaApp. Sie soll die Nachhaltigkeit der medizinischen Maßnahmen unterstützen. Die RehaApp soll Patienten motivieren, den im Rehazentrum eingeschlagenen Weg einer gesünderen Lebensweise zu Hause weiterzugehen. Dafür werden die mit den Ärzten festgelegten Zielwerte bezüglich Bluthochdruck und Gewicht sowie die vorgeschriebenen Medikamente gespeichert. Im Anschluss daran erfolgt während des Aufenthalts zu Hause eine tägliche digitale Erinnerung an die Eingabe des wahrgenommen subjektiven Allgemeinbefindens, an die Einnahme der Medikamente und die Messung von Blutdruck und Gewicht. Zusätzlich wird die Bewegung in Form von Trainingsart und Dauer einschließlich eines visuellen Feedbacks aufgezeichnet. 

Neues digitales Kapitel in der Rehabilitation

Eine der Hauptaufgaben der PV ist es, Menschen dabei zu unterstützen, möglichst lange im Erwerbsleben zu bleiben. Mit der RehaApp ist es zu einer Verbesserung der Möglichkeiten gekommen, das faktische an das gesetzliche Pensionsalter anzunähern. DIGA sind nachweislich wirksam und kosteneffizient, da Medikamentenkosten gesenkt werden. Und das entlastet unser Gesundheitssystem. Außerdem garantieren DIGA einen raschen und jederzeit verfügbaren Zugang zu einer Behandlung. Das wiederum bedeutet: keine Wartezeiten und eine umfassende Verfügbarkeit etwa im ländlichen Raum. 

DIGA leisten ebenso einen wesentlichen Beitrag zur Entstigmatisierung von Krankheiten und können nebenbei auch Sprachbarrieren überwinden.Die Einbindung von DIGA in das österreichische öffentliche Gesundheitswesen und die Schaffung von rechtlichen Voraussetzungen sowie der Start des Erstattungsprozesses sind daher dringend notwendig.

Lenkung der Patientenströme gemäß dem Grundsatz: Digital vor Niedergelassenem Bereich vor Ambulant vor Stationär

Österreich hat ein echtes Kostenthema in der Gesundheitsversorgung. Im stationären Bereich stiegen die Kosten in 10 Jahren um 30 Prozent auf 11,7 Mrd. Euro; im ambulanten Spitalsbereich sogar um 105 Prozent auf 3,5 Mrd. Euro und im niedergelassenen Bereich um 48 Prozent auf 5,5 Mrd. Euro. Tendenz steigend. 

Die Lösung wäre die Realisierung des Grundsatzes Digital vor niedergelassen vor ambulant vor stationär: Eine kluge Patientensteuerung, die nach Möglichkeit viele Behandlungen und Betreuungen mit digitalen Anwendungen extern und rascher abwickeln kann. Der digital affine Patient wird von alledem profitieren. Er wird digitale Programme verwenden, die ihn bei der Heilung ebenso unterstützen wie bei der Prävention. 

Wir bitten um Verständnis, dass wir die Präsentation von Frau Dr. Monika Riedel (Institut für Höhere Studien, Health Economics and Health Policy) erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen werden!