Patente
© AdobeStock/Studio PRZ

Steiermark bei Patenten im Spitzenfeld

Im Schnitt fast neun Patente aus der Steiermark werden pro Woche beim Patentamt gemeldet. Tendenz steigend.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 05.04.2024

Viel deutlicher kann man eine Spitzenposition nicht behaupten: 211 Patente hat AVL List im vergangenen Jahr beim Österreichischen Patentamt angemeldet – mehr als die sechs nachgereihten Unternehmen zusammen. Hochgerechnet kamen damit fast zehn Prozent aller heimischen Patent­anmeldung von den steirischen Spezialisten für Motorenentwicklung, -testung und -simulationen.  Insgesamt hat das Patentamt bundesweit mit 2.242 angemeldeten Erfindungen ein sanftes Plus gegenüber dem Jahr davor (2.231) registriert. Die Steiermark liegt in diesem Ranking (siehe unten) mit einem Zuwachs von 436 auf 458 weiterhin am zweiten Platz hinter Oberösterreich.



Ein ähnliches Bild zeigt sich in der aktuellen Statistik des Europäischen Patentamts. Dort liegt bei insgesamt 2.355 Anmeldungen aus Österreich im Bundesländervergleich Wien in Front und die Steiermark am dritten Platz. Bei den Unternehmen führt hier der Kunststoffhersteller Borealis (183) vor dem Lichtlösungsspezialisten Tridonic und Julius Blum (Möbelbeschläge). AVL liegt hier mit 36 angemeldeten Patenten am siebten Platz. 

Blick auf das AVL-Headquarter
© AVL Die AVL führt das Österreich-Ranking deutlich an


Warum dieser Unterschied zur nationalen Statistik? Patente sind territoriale Rechte und es gibt verschiedene Wege, zu diesem „Monopolrecht“ zu kommen. Wenn es „nur“ um einen Schutz in Österreich geht, genügt ein österreichisches Patent. Wenn man die Schutzrechte auf den europäischen Markt ausweiten möchte, ist eine Anmeldung beim Europäischen Patentamt (EPA) notwendig. Allein im vergangenen Jahr wurden dort 199.275 Patente regis­triert – ein Plus von 2,9 Prozent gegenüber 2022. Vor allem Klein- und Mittelbetriebe würden demnach immer häufiger Patente nutzen, so EPA-Präsident António Campinos. Durch die Einführung eines Einheitspatents wurde diesbezüglich eine einfachere und kostengünstigere Möglichkeit geschaffen, Erfindungen und Innovationen am EU-Markt zu schützen. 

„Grüne“ Patente

Die verschiedenen Anmeldemöglichkeiten (siehe Artikel rechts) und unterschiedlichen Motive führen am Ende zu divergierenden Rankings. So liegt Österreich im globalen Vergleich der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) unter 132 Ländern mit 11.086 angemeldeten Patenten aktuell auf Platz 18. In all deren Auswertungen top: die Schweiz. 

Unabhängig aller Hitparaden zeichnen sich gewisse Stärkefelder ab. So waren österreichische Unternehmen auf europäischer Ebene vor allem im Technologiesektor, im Bauwesen und bei Transporttechnologien patentanmeldefreudig. Ebenso überdurchschnittlich sind die Erfinderaktivitäten im Bereich grüner Technologien: Von 131 Staaten, die am EPA Patente in diesem Bereich registriert haben, liegt Österreich mit 30,1 Anmeldungen je Million Einwohner an achter Stelle, EU-weit sogar an sechster Stelle. Rankingleader ist Dänemark mit einer Quote von 87,1.

Insgesamt wurden im Bereich der klimaschonenden Technologien in den letzten zehn Jahren 2.214 Patentanmeldungen aus Österreich beim EPA eingereicht. Am häufigsten finden sich darunter Technologien zur Erzeugung, Verteilung und zum Transport von Energie, gefolgt von Technologien aus dem Bereich Verkehr. Auch bei Erfindungen in den Bereichen Gebäude und Abfallmanagement ist Österreich mit vielen klimaschonenden Ideen gut vertreten.

Mehrspurige Wege zu einem internationalen Patent

Die Wege zu einem Patent sind vielfältig – und hängen davon ab, wo man seine Erfindung schützen möchte. Wenn man beispielsweise nur den deutschsprachigen Raum abdecken oder nur in die USA oder nach China exportieren will, sind Einzelanmeldungen direkt bei den jeweiligen nationalen Patentämtern vorteilhaft. Um sich die Mühen nationaler Einzelanmeldungen zu ersparen, kann man aber auch ein Europäisches Patent abschließen. Zu beachten ist dabei, dass es nicht automatisch einen flächendeckenden Schutz gibt, sondern es dem Patentanmelder überlassen ist, ob er alle 42 Gültigkeitsländer auswählt oder nur einzelne  Staaten. Für jeden Staat ist eine Benennungsgebühr zu bezahlen, jedoch maximal sieben für alle Vertragsstaaten. 

Ein PCT-Vertrag (Patent Cooperation Treaty) vereinfacht wiederum weltweit eine Patentanmeldung in bis zu 151 Staaten. Eine PCT-Anmeldung schützt allerdings auch nicht automatisch, sondern ermöglicht nur ein standardisiertes Anmeldeverfahren. Die Auswahl, wo tatsächlich ein Schutz erwirkt werden soll, wird wiederum eigens geregelt.

Start-ups und Frauen im Fokus der Patentschützer

Egal ob österreichisches oder europäisches Ranking: Der Anteil an Frauen, die Patente anmelden, ist gering. Während die Quote im Durchschnitt der 39 EPA-Mitgliedsstaaten zumindest bei 27 Prozent liegt, sind es in Österreich nur 17 Prozent. Das bedeutet unter den zwölf größten europäischen Patentanmeldeländern den letzten Platz. Aus diesem Grund bietet das Österreichische Patentamt jetzt mit „Buddy for her“ ein eigenes Beratungsservice rund um das Thema Erfindungen und Patente von Frauen für Frauen. Zudem gibt es (geschlechter­übergreifend) in Kooperation mit der FFG einen „Patent Scheck“, mit dem 80 Prozent der Kosten rund um eine Patentanmeldung abgedeckt sind. Bei Start-ups raten die Patentexperten dringend zu einem Markenschutz. „Starke Marken sind im Visier von Copycats und Produktpiraterie“, warnt Stefan Harasek (Patentamt). Das diesbezügliche Bewusstsein ist in Österreich ohnehin ausgepägter als in der EU. Während nur 29 Prozent der europäischen Start-ups ein Schutzrecht angemeldet haben, sind es in Österreich 40 Prozent. 4.761 derartige Anmeldungen gab es im vergangenen Jahr.

Patentsprechtage

Die nächsten Patentsprechtage der WKO Steiermark finden am 9. April, 14. Mai und 11. Juni statt (9 bis 13:30 Uhr, ohne Terminvereinbarung, in der WKO-Zentrale in Graz).