Blick von oben auf Graz
© Michael Priesch - Fotofex

„Sanierungsverordnung gehört saniert“

Die Luftqualität in der Steiermark hat sich in den vergangenen Jahren durch Umweltschutzmaßnahmen signifikant verbessert. Geblieben ist eine großflächige Ausweisung als Sanierungsgebiet. Unternehmensvertreter fordern eine entsprechende Anpassung.

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Aktualisiert am 14.03.2024

Es ist eine Erfolgsgeschichte: Gab es an besonders exponierten Punkten im Grazer Stadtgebiet wie der Messstelle Don Bosco noch vor eineinhalb Jahrzehnten knapp 80 Tage – zweieinhalb Monate (!) – mit zu hoher Feinstaubbelastung, wurden im vergangenen Jahr nur noch elf Tage mit Grenzwertüberschreitungen registriert. Ebenso erfreuliche Ergebnisse zeigen sich im Osten der Landeshauptstadt beziehungsweise in der Südsteiermark (siehe Tabelle rechts oben).

Obwohl man damit die Kriterien für die Ausweisung eines Luftsanierungsgebiets deutlich unterschreitet, gilt im Großraum Graz und dem Südosten des Landes aber noch immer die Verordnung der Landesregierung aus dem Jahr 2011. Neben dem Verkehr (Tempolimits, Fahrverbote) sind davon auch Auflagen für Betriebsstättengenehmigungen und UVP-Verfahren betroffen – zum Ärger von Unternehmen. 

Vorbild Obersteiermark

„Wenn es nachweislich kein Feinstaubproblem mehr gibt, gibt es auch keinen Grund mehr, den Ort im Sanierungsgebiet zu belassen“, monierte der steirische WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk bereits 2016. Damals wurde aufgrund des auffallend positiven Trends der PM10-Immissionen in der Obersteiermark die Ausweisung als Feinstaub-Sanierungsgebiet in der Mur-Mürz-Furche zurückgenommen. 

Im Süden, Südosten und Osten des Landes gilt sie immer noch. Der positiven Entwicklung in diesem Sanierungsgebiet „Außeralpine Steiermark“ müsse Rechnung getragen werden, drängen Unternehmensvertreter und fordern, auch dieses Gebiet aus dem Feinstaubregime zu entlassen. 


Als Vorbild wird diesbezüglich auf eine Verordnung des Bundes für belastete Gebiete im Zuge des 2019 novellierten Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes verwiesen. Darin sind relevante Luftbelastungsgebiete ausgewiesen, wobei die Anzahl der bestehenden Feinstaub-Belastungsgebiete in der Steiermark aber reduziert wurde. So sind in den Bezirken Südoststeiermark, Leibnitz und Graz-Umgebung nur noch einzelne Gemeinden entsprechend kategorisiert.

Wir bekennen uns zu sauberer Luft, fordern aber eine Aktualisierung der Sanierungsgebiet-Ausweisung.


Evaluierung gefordert  

„Dass die Schadstoffbelastung in den letzten Jahren zurückgegangen ist, ist eine Errungenschaft, die wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen wollen“, wehrt sich die zuständige Umweltlandesrätin Ursula Lackner gegen eine Lockerung. Sie verweist beispielgebend auf die Geschwindigkeitsbegrenzungen – den sogenannten „IG-L-100er“ – auf den Autobahnen rund um Graz. 

Das Tempolimit wird automatisch aktiviert, wenn die Schadstoffbelastung kritische Werte erreicht. In den letzten Jahren liege das weniger oft am Feinstaub, sondern primär an den erhöhten Stickoxidwerten, argumentiert Lackner. Mit einer Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung würde die Schadstoff- und Lärmbelastung in der Umgebung der Autobahnen wieder ansteigen, befürchtet man in der zuständigen Fachabteilung 15 des Landes. Außerdem seien voraussichtlich ab 2030 deutlich strengere Grenzwerte einzuhalten. Jetzt Maßnahmen aufzuheben, die es erschweren, das neue Ziel zu erreichen, sei aus fachlicher Sicht nicht sinnvoll.

„Wir bekennen uns zu einer sauberen Luft und sind für den Umweltschutz“, betont Herk. Er fordert aber eine Adaptierung der Ausweisungen anhand aktueller Messwerte: „Die Verordnung gehört für das Sanierungsgebiet außerhalb der Landeshauptstadt saniert.“ Auch das Umweltbundesamt empfiehlt diesbezüglich in seinen aktuellen Leitlinien zur „Aufhebung von Maßnahmen nach IG-L“ eine regelmäßige Evaluierung der Programme alle drei Jahre und gegebenenfalls eine Überarbeitung bestehender Maßnahmen, „wenn maßgebliche Grenzwerte eingehalten werden“. Das tun sie – auch ist eine klare Tendenz ablesbar. 

So weist der Jahresbericht Luftgütemessung des Umweltbundesamts für 2022 beim Feinstaub PM10 österreichweit sowohl bei den Tagesmittelwerten als auch beim Jahresmittelwert an keiner Messstelle eine Überschreitung der Grenzwertkriterien des IG-L aus.  Auch bei Stickstoffoxid wurde demnach der Grenzwert als Jahresmittelwert abgesehen von Graz-Don Bosco in der Steiermark nirgends überschritten. Ausgewiesen ist aber immer noch die gesamte „außeralpine Steiermark“ – im Unterschied beispielsweise zu Niederösterreich, wo es nur noch punktuell beziehungsweise entlang neuralgischer Verkehrsachsen Sanierungsgebiete gibt.

Schärfer als die WHO

Kritiker der aktuellen Regeln verweisen zudem auf den Umstand, dass die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Regel niedriger angesetzt sind als die Grenzwerte in der EU-Richtlinie beziehungsweise im Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L). Zudem hat sich in der Steiermark  – während sich die Luftgüte landesweit spürbar verbessert hat – eine Groteske konserviert: Mitten im Luftsanierungsgebiet liegen sechs Kurorte: Laßnitzhöhe, Bad Blumau, Bad Gams, Bad Gleichenberg, Bad Radkersburg und Bad Waltersdorf.