menschliche Hand und Roboterhand berühren sich
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Künstliche Intelligenz führt zu einem Wendepunkt in der Arbeitswelt

Das Tempo des technologischen Fortschritts nimmt zu. Künstliche Intelligenz erobert den Alltag, eröffnet Türen zu neuen Möglichkeiten, aber auch zum Missbrauch.

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Aktualisiert am 14.03.2024

Künstliche Intelligenz lässt keine Zeit für zögerliches Handeln. Mit eiliger Geschwindigkeit erobert sie den Alltag in sämtlichen Verästelungen zwischen Arbeits- und Freizeit. Bestes Beispiel ist das Verbreitungstempo von ChatGPT: Als der Chatbot  Ende 2022 auf den Markt kam, hatte er binnen fünf Tagen eine Million User, binnen zwei Monaten waren es bereits hundert Millionen. „Mit ChatGPT hat sich eine neue Dynamik am Markt entwickelt“, analysiert KI-Experte Lothar Lackner. 

KI-Anwendungen breiten sich aber auch in anderen Bereichen rasant aus – von der Robotik und Logistik über die personalisierte Medizin bis zum autonomen Fahren oder alltäglichen Fitnessprogramm, das auf der Smartwatch getrackt wird und wo man versucht, subjektives Befinden in etwas Objektives zu verwandeln – nämlich in Statistiken aus Herzschlägen, Laufschritten und Blutdruckwerten. Das Leben in Ziffern und Zahlen, abgespeichert und allzeit abrufbereit. 

Entziehen kann man sich der digitalen Krake jedenfalls nicht mehr. „KI steht für einen Paradigmenwechsel, der das Potential hat, sämtliche Aspekte unseres Lebens zu transformieren“, heißt es in einer Bestandsaufnahme des Thinktanks „2bAHEAD“. Unternehmen, die die Möglichkeiten dieser Technologie nicht erkennen beziehungsweise ergreifen, würden demnach Gefahr laufen, ins Abseits zu geraten. 

„Künstliche Intelligenz wird die Arbeit der Zukunft maßgeblich beeinflussen. Gleichzeitig steigt die Gefahr von Datenmissbrauch.“

Die Vorteile – unter anderem Kosten- und Ressourcenoptimierung, Datenanalyse, Skalierbarkeit und Automatisierung von Prozessen – nutzen bislang laut einer Erhebung von Statistik Austria rund elf Prozent der heimischen Unternehmen – und da vor allem die größeren. So hat jedes dritte Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten in seinen betrieblichen Abläufen derzeit schon Technologien, die auf künstlicher Intelligenz basieren, im Einsatz. .Eingesetzt wird KI vor allem zur Texterkennung und -verarbeitung (54 Prozent). 43 Prozent der Unternehmen, die KI nutzen, verwenden sie zur automatisierten Datenanalyse, basierend auf maschinellem Lernen, 32 Prozent setzen sie zur Prozessautomatisierung und Erstellung von Entscheidungshilfen ein. 

Künstliche Intelligenz, darüber sind sich alle Experten einig, ist gekommen, um zu bleiben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil neben den größten Softwareunternehmen auch ausgeprägte staatliche Interessen dahinterstehen. Entsprechend schnell entwickeln sich auch immer neue Anwendungsformen. 

Chatbot als Personalchef

Nach Text-Erzeugung durch Generative Pretrained Transformer (GPT) und Bild-Kompositionen auf Basis von textlichen Anweisungen – beispielsweise durch Midjourney – gibt es bereits Programme, die Filme ohne Schauspieler, Kameraleute und „echter“ Kulisse kreieren. Der Software „Sora“ des Unternehmens OpenAI reichen eine Handvoll Textbrocken, um daraus detailreiche Videos zu produzieren.  

Aber auch in der analogen Berufswelt werden KI-Tools zunehmend populärer, beispielsweise in den Personalabteilungen. So ergeben sich beim Recruiting, beim Onboarding, aber auch im Bereich Weiterbildung durch KI-Tools neue Möglichkeiten. So kann Künstliche Intelligenz eine Vorauswahl unter Bewerbern treffen – die freilich nicht selten bereits selbst KI-generierte Bewerbungen vom optimierten Lebenslauf bis zum künstlich kompilierten Businesslook-Foto eingereicht haben. Später können Chatbots und andere virtuelle Assistenten Bewerbern Fragen beantworten und Termine koordinieren und später individualisierte Vorschläge für Weiterbildungsmaßnahmen liefern. 

„AI Act“ gegen Missbrauch

Im Schatten dieser Wendepunkte blühen aber auch der Missbrauch und die Kriminalität. Laut Google wurden 43 Prozent aller kleinen und mittleren Unternehmen in Europa in den vergangenen zwei Jahren Opfer einer Cyberattacke. Allein im vergangenen Jahr soll die Zahl der Cyberangriffe um mehr als 30 Prozent zugenommen haben.

Gegen diese Fehlentwicklungen versucht sich die Europäische Union mit einem eigenen Regelwerk zu wappnen. Mitte der Woche wurde im EU-Parlament mit dem „AI Act“ ein rechtlicher Handlungsrahmen für einen sauberen Umgang mit Künstlicher Intelligenz beschlossen. 

Die darin festgeschriebenen Regeln sollen unter anderem die Qualität der für die Entwicklung der Algorithmen verwendeten Daten gewährleisten und sicherstellen, dass keine Urheberrechte verletzt werden. Außerdem müssen Entwickler klar kenntlich machen, dass durch Künstliche Intelligenz geschaffene Texte, Bilder und Töne auf dieser Technologie beruhen. Verschärfte Vorgaben gibt es für „risikoreiche“ Anwendungen, etwa bei kritischer Infrastruktur, Sicherheitsbehörden und Personalverwaltung. Klingt ambitioniert, aber ob das reicht?


KI als Gefahr fürs Firmen-Image 

Professionelle Übersetzerin warnt vor fatalen Fehlern durch KI.

Ob Websitetext, Kaufvertrag, Betriebsanleitung oder Firmenpräsentation: Kann Künstliche Intelligenz sichere Übersetzungen für ein Unternehmen liefern? „Nur wenn es eine Kontrolle durch menschliche Profis gibt“, ist Ljubica Negovec, Geschäftsführerin des Grazer Übersetzungsbüros „ALLESPRACHEN“, überzeugt. 

„Wenn bei Übersetzungen KI falsch eingesetzt oder nicht nachkontrolliert wird, kann der Ruf eines Unternehmens massiv geschädigt werden.“

Sie warnt vor einem drohenden Reputationsverlust durch unpräzise bis falsche Übersetzungen – und  belegt ihre Kritik durch eine umfassende Untersuchung (zum kostenlosen Download unter www.allesprachen.at/ki): „Wir haben die Künstliche Intelligenz 23 Sprachen übersetzen und die Ergebnisse von 46 Spezialisten überprüfen lassen.“

Sie stießen auf teils sinnentstellende Übersetzungen oder fatale Fehlinterpretationen („rechtsextrem fahren“ statt „äußerst rechts fahren“). Negovec rät daher bei wichtigen Texten dringend zu einer Nachbearbeitung (Post-Editieren) durch ausgebildete Übersetzer. Nicht nur, weil nicht jede Sprache KI-kompatibel ist, sondern auch weil maschinelle Übersetzungen, egal in welche Sprache, immer den „Umweg“ über Englisch nehmen. Unschärfen sind durch dieses „Stille Post“-System vorprogrammiert.