Generationenmanagement Welser Profile Gresen
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Generationen im Gleichklang

Für Unternehmen wird es immer schwieriger, Talente zu finden und gute Mitarbeiter zu halten. Deshalb ist ein gutes Generationenmanagement wichtig. Die Wirtschaftskammer NÖ unterstützt hier.

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 24.04.2024

"Berührend. Lehrreich. Interessant. Mitunter unerwartet und überraschend. Aber auf jeden Fall haben mich diese Erfahrungen weitergebracht. Ich bin auf vielen Ebenen gewachsen, der fachlichen wie der zwischenmenschlichen“, versucht Markus Reisinger seine Ausbildungszeit bei der Gottwald GmbH in Melk zu beschreiben. Mit 36 Jahren hat er eine Lehre zum Elektrotechniker beim Experten für Elektro, Anlangenbau und Service begonnen. „Meine Lehrlingsausbildner, die Monteure auf den Baustellen waren zum Teil jünger als ich. Und natürlich die anderen Lehrlinge“, erzählt Reisinger, verstaut akkurat sein Werkzeug und fügt grinsend hinzu: „Mitunter um Jahrzehnte.“ Auf den Baustellen, sagt Reisinger, der seine Lehre 2021 abgeschlossen hat, „arbeiten immer unterschiedliche Generationen eng zusammen. Davon profitieren alle Seiten.“ 

1979 von Rudolf und Elfriede Gottwald als Zwei-Personen-Unternehmen gegründet, beschäftigt die Gottwald GmbH mittlerweile über 300 Mitarbeiter an den Standorten Melk, Parndorf und Ramsau am Dachstein – davon 50 Lehrlinge. Jedes Jahr werden maximal 15 Elektrotechnik-Nachwuchskräfte aufgenommen. „In unserem Betrieb treffen täglich mehrere Generationen aufeinander. Wir merken, dass diese teilweise wie konträre Welten sind. Durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Generationen kann es immer wieder zu Missverständnissen kommen. Daher haben wir beispielsweise auch für unsere Lehrlingsausbildner Schulungen zur Kommunikation mit der Generation Z organisiert und umgesetzt“, skizziert Geschäftsführer Jürgen Gottwald und präzisiert: „Um eine gemeinsame Kommunikationsbasis zu schaffen. Wir versuchen, Unterschiede auszugleichen, was nicht immer leicht ist, da viele unserer langjährigen Mitarbeiter bereits geprägt sind und einen anderen Zugang zur Arbeitswelt haben als Lehrlinge. Die Jungen sind dafür teilweise viel offener gegenüber neuen Technologien.“ Wichtig sei, dass es ein Miteinander gibt und auch offen gesprochen wird. „Wir sind eine große Gemeinschaft und legen größten Wert auf die Kommunikation untereinander.“

Generationenmanagement Gottwald GmbH Melk
© Robin Koenig Media GmbH Die Gottwald GmbH legt größten Wert auf die Kommunikation untereinander.

Als Ausbildungsbetrieb ist es essenziell, die Bedürfnisse und Erwartungen der ungeschliffenen Talente zu kennen. „Wir leben die Philosophie, dass jeder einzelne Lehrling, aber auch die Lehrlinge als Gesamtheit zählen. Einerseits gehen wir individuell auf jeden Auszubildenden ein. Andererseits bringen wir alle Nachwuchskräfte gesammelt an einen Tisch und hinterfragen dabei die Bedürfnisse und Wünsche der gesamten Gruppe“, erklärt Gottwald. Das geschieht etwa im Zuge des „Electric Fridays“, bei dem alle Lehrlinge für einen Tag zu unterschiedlichen Workshops eingeladen werden und die Möglichkeit haben, mittels Fragebogen anonym ihre Meinung abzugeben. Darüber hinaus werden auch bei offenen Gruppendiskussionen gemeinsam Probleme, Herausforderungen und Lösungsansätze besprochen. „So können wir unsere Lehrlinge besonders motivieren, weil sie das Gefühl bekommen, dass ihre Meinung zählt. Wir versuchen dann natürlich auch, Maßnahmen zu setzen, die ihnen zeigen, dass wir uns kümmern, wenn sie mit einem Anliegen zu uns kommen. So wir eine möglichst qualitativ hochwertige Ausbildung ermöglichen.“ 

Wichtig ist, dass es ein Miteinander gibt.

11 Generationen Erfahrung in Metall-Verarbeitung

2.400 Mitarbeiter und 360 Jahre Erfahrung in der Verarbeitung von Metall. Mehr als 24.000 verschiedene Querschnitte hat die Unternehmensgruppe Welser Profile mit Produktionsstandorten in Österreich, Deutschland und den USA bislang hergestellt – für alle Branchen, von der Bauindustrie über die Haus-, Industrietechnik oder die Umwelttechnik bis hin zur Automobilindustrie. Das geht nur, wenn alle an einem Strang ziehen. „Das Denken und Handeln in und mit Generationen ist tief in unserem Purpose verankert. ,Begeisterte Menschen formen Möglichkeiten für Generationen‘ – das ist von Anfang an deutlich erkennbar“, betont Geschäftsführer Thomas Welser, der das NÖ Familienunternehmen in elfter Generation führt.

Mit der 7-Generationenlandkarte hat der Global Player mit Sitz in Ybbsitz gemeinsam mit mehr als 600 Mitarbeitern erarbeitet, „woher wir kommen, was unsere DNA ist, welchen Herausforderungen sich die gegenwärtige Generation stellen muss und welche Zukunft wir für folgende Generationen bauen wollen. Das gilt für das Unternehmen, die Menschen in unserem Betrieb, aber auch für unser Umfeld und unsere Eigentümerfamilie“.

Dieser Ansatz spiegelt sich in den unterschiedlichsten Aktivitäten wider: im Employer Branding, der Ausbildung, dem Projekt Diversität, in der Kommunikation, der Sektion „Ruhestand aktiv“ (Sport- und Kulturgemeinschaft von Welser), in Mitarbeiterehrungen und diversen Veranstaltungen. „Vor allem aber in unserem Wertekonstrukt“, beschreibt Welser. 

Ausbilder sehen sich als Coach

Quer durch das Unternehmen arbeiten verschiedene Generationen zusammen. „Oft sind mehrere Generationen einer Familie bei uns tätig“, erzählt Welser. Plakativstes Beispiel für die Zusammenarbeit verschiedener Generationen ist aber die Lehrlingsausbildung beim Produzenten für Sonderprofillösungen aus Stahl, Edelstahl und Nichteisenmetallen. „Der erste Teil der Ausbildung findet im Ausbildungszentrum statt. Dort  werden die jungen Leute von einem engagierten Team begleitet, das die Ausbildung so lehrreich und angenehm wie möglich gestalten will. Das Team sieht sich vor allem als Coach und Unterstützer der Lehrlinge und bemüht sich, auf Augenhöhe zu kommunizieren“, präzisiert der Geschäftsführer weiter.

Gemeinsam Zukunft gestalten

Denn in der Unternehmensentwicklung richtet die international tätige Unternehmensgruppe den Fokus immer auf die nächste Generation. „Wir handeln nicht kurzsichtig, sondern mit dem klaren Auftrag und der Perspektive auf die nächste Generation. So wollen wir Möglichkeiten und vor allem die nachhaltige Gestaltungsfähigkeit sicherstellen“, skizziert Welser die Philosophie und ergänzt: „Wir stellen das Verbindende und den Austausch in den Mittelpunkt. Wir haben verstanden, dass es den Menschen in unserer Organisation wichtig ist, gemeinsam Zukunft zu gestalten. Wir haben mit unseren Werten ein klares Fundament und mit unserer Vision eine klare Richtung. Diese wurde gemeinsam erarbeitet und ist somit die Grundlage für unsere Zusammenarbeit. Daran messen wir uns und bleiben uns treu – das gilt für alle Generationen.“

Möglichkeiten formen für Generationen.

Generationendialog im Fokus

„Begeistert Menschen begegnen“, das ist das Motto von Unternehmens- und Imageberaterin Birgit Streibel-Lobner (Streibel Consulting e.U., Gänserndorf). „Ja, Generationen ticken unterschiedlich und das ist gut so. Setzen wir vermehrt auf den Generationsdialog und nutzen wir das Potenzial der unterschiedlichen Denkweisen“, gibt die Expertin die Richtung vor.
Grundvoraussetzung für den Wissensaustausch und das gegenseitige Lernen zwischen den Generationen sei eine Unternehmenskultur, die geprägt ist von einem wertschätzenden und empathischen Miteinander. „Programme wie beispielsweise Reverse Mentoring, kreative Projekte oder Seminare zum Thema Generationsdialog fördern das gegenseitige Verständnis und somit den Wissensaustausch. Dieser ist wichtig, weil alle Altersgruppen unterschiedliche Perspektiven einbringen“, weiß die Expertin, die Unternehmen und Führungskräfte bei der Entwicklung eines positiven Teamspirits unterstützt.

Generationenmanagement Streibl-Consulting
© Streibel-Consulting Birgit Streibel-Lobner: „Jede Generation tickt anders.“

Besseres Verständnis

Derzeit sind Seminare zum Generationendialog sehr gefragt. „,Ich verstehe die Welt nicht mehr‘, ,Warum agiert diese Generation Z so?‘, ,Ich biete viele Benefits und der junge, nun gut eingeschulte Mitarbeiter verlässt unser Unternehmen wieder.‘ Diese Themenfelder bewegen Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen. In diesen Seminaren wird ein Raum geschaffen, um offen darüber zu diskutieren und Menschenbilder besser zu verstehen“, beschreibt Streibel-Lobner und ergänzt: „Perspektivenwechsel, aktives Zuhören und offen die eigene Meinung äußern, können aufgestaute Emotionen lösen, tragfähige Lösungen herbeiführen und die Freude am Job und der Leistungsbereitschaft steigern.“ Streibel-Lobner ist überzeugt: „Wer in die in Soft Skills investiert, gestaltet Zukunft. Arbeitstechniken verändern sich, eine Konstante zieht sich aber durch alle Generationen: Menschen brauchen ein Zugehörigkeitsgefühl, wollen ernst genommen werden und möchten sinnstiftend arbeiten. Diese zeitlosen Komponenten schaffen eine Vertrauensbasis und sind ein Garant für eine längerfristige Mitarbeiterbindung.“

Wer in Soft Skills investiert, gestaltet Zukunft.

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