Gruppenbild
© WKNÖ

„Das ist ein Stück Trauerarbeit“

Der Tod als Stück des Lebens spiegelt sich nicht nur rund um Allerseelen auch in unserer Wirtschaft wider: ein Blick in Niederösterreichs Bestattungs- und Steinmetzwesen.

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 27.10.2023

Es ist immer öfter die Urne. Früher eher die Ausnahme, nimmt die Zahl der Urnenbestattungen mehr und mehr zu, berichten übereinstimmend Bestatterin Christina Grünzweig aus Ziersdorf und der Neunkirchner Steinmetz Gerald Hofbauer. Hofbauer arbeitet daher nun an eigenen Urnenplatten. „Viele sagen, sie wollen den Verstorbenen bei sich haben“, schildert Grünzweig unter Verweis, dass Urnen nun auch daheim aufgestellt werden dürfen. Grundsätzlich gebe es bei den Bestattungen „einen Trend weg vom Traditionellen, hin zum Individuellen“. 
1903 wurde das Familienunternehmen vom Urgroßvater des heutigen Firmenchefs als Tischlerei gegründet. Wann genau das Bestattungswesen dazu gekommen ist, lässt sich heute nicht genau rekonstruieren. „Mein Großvater hat noch Särge gezimmert, jetzt werden sie zugekauft“, so Andreas Grünzweig, der 2009 die Firmenleitung übernommen hat. Gattin Christina, eine gelernte Pädagogin, kümmert sich federführend um den Bestattungszweig. Rund 150 Begräbnisse im Jahr führt das Unternehmen durch. Als musikalische Begleitung stehe „ganz klassisch“ das „Ave Maria“ hoch im Kurs, aber auch verschiedene Varianten von „Amoi seg ma uns wieder“ - und auch „Kumm, großer schwarzer Vogel“ von Ludwig Hirsch sei schon gewünscht worden. „Den Familien, so gut es geht, Wege ersparen, sie begleiten und informieren, was rechtlich erlaubt ist und natürlich Genauigkeit, dass alles abläuft, wie gewünscht“, umschreibt Christina Grünzweig ihre Arbeit (im Bild unten mit Ehemann Andreas). Vor allem aber brauche es Empathie, schließlich gehe es hier um Menschen in einer absoluten Ausnahmesituation. „Da haben wir sicher auch einen psychologischen Aspekt, gerade an Wochenenden, wenn sonst niemand erreichbar ist.“ Und wie geht sie selbst mit der ständigen Konfrontation mit der Ausnahmesituation Tod um? Sie lese viele psychologische Bücher, Trauerbücher – „das ist unumgänglich“, so Grünzweig. Nachsatz: „Aber es gibt schon Tage, wo man nicht einfach die Türe schließt. Tage, wo man auch Ruhe für sich braucht.“

Grabstein soll Leben spiegeln

Auch Steinmetz Gerald Hofbauer kennt die Konfrontation mit der Ausnahmesituation Tod. Sein Rezept damit umzugehen? „Das ist sehr persönlich, man leidet mit“, schildert er. „Aber wenn ich ein Grab mache und es ist dann so, wie gewünscht, dann ist es vorbei.“
Hofbauer ist mit seinem Steinmetzbetrieb „Stein Werk“ auf individuelle Grabsteingestaltungen spezialisiert. Nach der Steinmetzlehre als selbstständiger Graveur und Bildhauer aktiv, hat er 2010 seinen ehemaligen Lehrbetrieb übernommen. „Ein Grabstein soll nicht nur den Tod spiegeln, sondern auch das Leben, die Persönlichkeit“, so seine Überzeugung. Entsprechend steht am Beginn jedes von ihm gefertigten Grabsteins ein ausgiebiges Gespräch mit den Angehörigen, um ein Gefühl für den Verstorbenen zu entwickeln. „Das ist auch ein Stück Trauerarbeit.“ Danach zieht er sich „bei lauter Musik“ zurück und beginnt, Skizzen anzufertigen. „Du sitzt und skizzierst und zeichnest und irgendwann kommt die richtige Eingebung.“
Hofbauers Grabsteine (siehe Fotos S. 56) sind voller Symbolik – und voller Hinweise, was den Menschen, der hier begraben ist, ausgemacht hat. Da wird im Grabstein etwa ein Stück Obstbaum aus dem Garten des Verstorbenen integriert. Ein schlicht geschnittener Grabstein mit eingeschlossenem Glasschwung erinnert an einen Menschen, der nach außen sehr geradlinig war, in der Familie aber äußerst warmherzig.
Ein anderer Grabstein umfasst kleinere Steine mit persönlichen Botschaften der hinterbliebenen Ehefrau und der Kinder. Und dann wäre da etwa noch das Grab mit je fünf Sterneinfassungen auf der Grabplatte und dem Grabstein. Auf dem Stein ist eine Auffassung mit einem Stern – für den Verstorbenen – gefüllt, auf der Grabplatte noch vier für die lebenden Hinterbliebenen. Am Ende sollen eines Tages alle fünf Sterne den Grabstein zieren. Das Lieblingslied des Verstorbenen war „Ein Stern, der deinen Namen trägt“…

Gruppenbild
© WKNÖ Bestatterin Christina Grünzweig aus Ziersdorf und der Neunkirchner Steinmetz Gerald Hofbauer.


Foto zum Download