Fachkräftemangel
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Was tun gegen den Fachkräftemangel?

Bereits rund jedes zweite mittelständische Unternehmen gibt an, wegen des Fehlens von geeignetem Personal Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Eine dramatische Situation, die sich weiter zuspitzt.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Die gute Nachricht zuerst: Wien kann sich aktuell über einen Beschäftigungshöchststand freuen. Denn im Vorjahr wurde erstmals die Benchmark von 900.000 unselbstständigen Beschäftigten überschritten und belief sich im 4. Quartal auf 907.083 Personen. Unmittelbar vor der Pandemie (4. Quartal 2019) waren es noch 870.000.

„Es braucht eine Fachkräfte- Offensive, die rasch und nachhaltig wirkt.”

Wien hat die Nase vorn

„Wien ist wachsend”, freut sich Petra Draxl, Geschäftsführerin des AMS Wien, im Rahmen eines Symposiums des Wiener Wirtschaftskreises (siehe Kasten). Sei es hinsichtlich der demographischen Entwicklung als auch hinsichtlich der Beschäftigungsdynamik - die Bundeshauptstadt legte in den letzten Jahren zu und hat österreichweit die Nase vorn. „Trotzdem glaube ich, dass sich im Ballungsraum Wien die Konkurrenz um Arbeits- und Fachkräfte noch sehr zuspitzen wird. Jedoch hat Wien nicht denselben demographischen Druck wie andere Bundesländer”, ergänzt die Expertin. Denn Wien ist hinsichtlich des Altersschnitts der Beschäftigten das jüngste Bundesland und erfreut sich darüber hinaus über den meisten Zuzug. Luft nach oben gibt es jedoch hinsichtlich des Arbeitsvolumens, schildert Draxl: „Es sind zwar mehr Menschen in Beschäftigung, was ja positiv ist. Aber diese arbeiten weniger.” Grund ist der gestiegene Anteil an Teilzeitarbeit.

ANZAHL DER ÖSTERREICHWEITEN MANGELBERUFE
© Quelle: AMS

Beschäftigungsdynamik

Interessante Aufschlüsse über die heimische Wirtschaftslage verrät ebenso das Mittelstandsbarometer, das Erich Lehner, Managing Partner von Ernst & Young, im Zuge der Veranstaltung präsentierte. Seine Beratungsorganisation lässt diese Befragung alljährlich in Österreich durchführen, was Einblicke in die wirtschaftliche Situation als auch die Stimmungslage der heimischen mittelständischen Unternehmen gewährt. „Die Energiefrage und der Fachkräftemangel sind die beiden Themen, die aktuell den Mittelstand am meisten bewegen”, schildert Lehner. Dass in Wien weiterhin mit einer im Bundesländervergleich guten Beschäftigungsdynamik zu rechnen ist, zeigt auch diese Erhebung: Rund 32 Prozent der dazu befragten Unternehmer möchten im nächsten halben Jahr Mitarbeiter einstellen. 53 Prozent wollen den Status quo bei der Beschäftigtenanzahl beibehalten und 15 Prozent planen hingegen, Stellen zu streichen. Im österreichweiten Vergleich betrachtet, möchten durchschnittlich 21 Prozent Personal aufnehmen, 64 Prozent wollen dessen Anzahl gleich belassen und 15 Prozent Mitarbeiter abbauen. Was hingegen Sorge bereitet, ist die Rekrutierungslage: „Es ist eine dramatische Situation, die wir hier sehen. Denn die Unternehmer können ihre Aufträge nicht mehr einhalten, weil sie zu wenig Arbeitskräfte haben”, beschreibt Lehner. Denn rund die Hälfte der befragten Mittelständler in Wien findet es „eher schwer” neue Mitarbeiter zu finden, ein weiteres gutes Drittel findet es sogar „sehr schwer”. Allerdings schneidet die Bundeshauptstadt auch hier wieder besser ab als die übrigen Bundesländer.

Umsatzeinbußen als Folge

Bereits 51 Prozent der befragten Unternehmen geben an, wegen fehlender Mitarbeiter Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Offenbar spitzt sich die Situation diesbezüglich zu, denn im Vorjahr waren dies noch 39 Prozent. Branchenbezogen betrachtet, hat der Sektor Transport/Verkehr/Energie die größten Rekrutierungsprobleme und beklagt auch am häufigsten Umsatzeinbußen (64 Prozent), gefolgt vom Gesundheits- und Dienstleistungssegment. Als Konsequenz ist auch die Liste der Mangelberufe gewachsen. Das sind Berufe, für die pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitssuchende vorgemerkt sind. Diese Aufzeichnungen werden seit 2014 geführt und umfassen aktuell einen Höchststand. Heuer das erste Mal vertreten sind beispielsweise Speditionsfachkräfte, Buchhaltungsberufe, Elektromechaniker und Diplomingenieure für Bauwesen.

Nachhaltige Verbesserungen

Doch was können wir tun, um die Situation zu verbessern? Eine Frage, mit der sich auch die Wirtschaftskammer Wien intensiv auseinandersetzt. „Damit der Fachkräftemangel nicht gekommen ist, um zu bleiben, braucht es eine Fachkräfteoffensive, die rasch und nachhaltig wirkt”, betont Walter Ruck, Präsident der WK Wien: „Es ist ein Gebot der Stunde, Maßnahmen zu setzen, die diesen Mangel sowohl rasch als auch nachhaltig lindern. Denn die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter ist für unsere Betriebe erfolgsentscheidend und eines der wichtigsten Standortkriterien für Wien”, so Ruck.

Gegenmaßnahmen

Aus den Überlegungen der WK Wien wurde daher ein kompletter Maßnahmenkatalog abgeleitet. Daraus resultieren unter anderem fünf zentrale Punkte mit Forderungen, die wesentliche Elemente des Wirtschaftslebens einbeziehen. Einer der Kernpunkte dieser Forderungen ist beispielsweise der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze - gerade in den Randzeiten - sowie Maßnahmen, um vorhandene Potenziale besser einzubinden, wie ein längeres Halten von Senioren im aktiven Erwerbsleben, oder bildungspolitische Themen wie Wirtschaft als verpflichtendes Schulfach ab bestimmten Altersgruppen.

FÜNF PUNKTE GEGEN DEN FACHKRÄFTEMANGEL
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