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Steuerliche Neuerungen 2021/2022 mit Schwerpunkt Umsatzsteuer

Gemeinsam mit der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungskanzlei LeitnerLeitner GmbH hat der Bereich Finanz- und Steuerrecht der WKS am 02.12.2021 ein Webinar zu aktuellen steuerlichen Neuerungen veranstaltet.

Lesedauer: 7 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Die wichtigsten Inhalte des Webinars „Steuerliche Neuerungen 2021/2022 mit Schwerpunkt Umsatzsteuer“ vom 02.12.2021 mit zwischenzeitiger Aktualisierung:

1) Steuerreform 2022 (Ökosoziale Steuerreform)

Zum Zeitpunkt der Veranstaltung war das Begutachtungsverfahren zur Ökosozialen Steuerreform noch nicht abgeschlossen. Am 20.01.2022 wurde im Parlament mehrheitlich die Ökosoziale Steuerreform beschlossen. Inhaltlich konnten gegenüber dem Gesetzesentwurf bei einzelnen geplanten Maßnahmen noch Verbesserungen erreicht werden, die in den folgenden Ausführungen bereits berücksichtigt wurden. Die amtliche Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird für die erste Februarhälfte 2022 erwartet.

Die gesetzlichen Regelungen zur Ökosozialen Steuerreform bringen neben steuerlichen Entlastungsmaßnahmen auch eine stärkere Ökologisierung im Steuerrecht mit sich. Schon Mitte des Jahres 2021 wurde die Normverbrauchsabgabe verschärft. Mit einem weiteren Schritt soll nun das Inverkehrbringen von fossilen Kraft- und Treibstoffen bepreist und letztlich verteuert werden. Umweltfreundliches Verhalten hingegen soll durch Auszahlung eines sog. Klimabonus belohnt werden.

Für eine breite steuerliche Entlastung soll unter anderem die Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer, Anpassungen beim Gewinnfreibetrag, die Einführung einer steuerfreien Mitarbeiterbeteiligung und eines Investitionsfreibetrages sorgen. Zudem soll auch durch die Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter im Bereich der Steuerbürokratie für entsprechende Entlastung gesorgt werden.

Nach Absenkung der ersten Tarifstufe mit Wirksamkeit 01.01.2020 kommt es nunmehr zu einer Reduzierung der zweiten und dritten Stufe des Einkommensteuertarifs. 

Die Senkung der Tarifstufe von 35 % auf 30 % soll ab dem 01.07.2022 gelten, die Senkung der Tarifstufe von 42 % auf 40 % ab dem 01.07.2023. Da der Einkommensteuertarif kalenderjahrbezogen ist, soll die unterjährige Absenkung des Steuersatzes jeweils durch einen Mischsteuersatz berücksichtigt werden. Entgegen der erst per 01.07.2022 geplanten Senkung der Tarifstufe von 35 % auf 30 % wird bereits mit Wirksamkeit 01.01.2022 eine Reduktion des Steuersatzes auf 32,5 % umgesetzt. Ab 01.01.2023 beträgt der Steuersatz dann 30 %. Mit Beginn 2023 soll dann die Senkung der Tarifstufen von 42 % auf 41 % vorgenommen werden, ab 2024 wird diese Tarifstufe auf 40 % gesenkt.

Der aktuell geltende Körperschaftsteuersatz von 25 % ist seit 2005 in Kraft. Im Zuge der ökosozialen Steuerreform soll der Steuersatz in zwei Schritten um jeweils 1 % im Jahr 2023 auf 24 % und im Jahr 2024 auf 23 % gesenkt werden.

Mit 01.01.2022 wird eine neue steuerbegünstige Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung geschaffen. Die Begünstigung soll eine Partizipation am Erfolg des Unternehmens möglich machen und ist pro Arbeitnehmer mit 3.000 Euro gedeckelt. Voraussetzung ist das Vorlie­gen eines entsprechenden Vorjahresgewinns, wobei sämtliche im Kalenderjahr steuerfrei ausbezahlten Gewinnbeteiligungen das unternehmensrechtliche Vorjahresergebnis vor Zinsen und Steuern (Vorjahrs-EBIT) nicht übersteigen dürfen. Bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern ist der steuerliche Vorjahresgewinn maßgeblich.

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen, wird der Grundfreibetrag bis 30.000 Euro im Rahmen des Gewinnfreibetrages für Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften von aktuell 13 % auf 15 % angehoben. Somit wird der steuerfreie Grundfreibetrag, für den kein Investitionserfordernis besteht, künftig bis zu 4.500 Euro betragen.

Die Möglichkeit der Geltendmachung eines steuerlichen Investitionsfreibetrages ab 2023 soll einen positiven Beitrag und Anreiz für eine raschere und erhöhte Investitionstätigkeit leisten. Der Investitionsfreibetrag kann im Ausmaß von 10 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens geltend gemacht werden und stellt eine zusätzliche Betriebsausgabe neben der Abschreibung dar. Die Wirtschaftsgüter müssen eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren aufweisen. Für Wirtschaftsgüter betreffend den Bereich Ökologisierung erhöht sich der Investitionsfreibetrag auf 15 %. Für bestimmte Wirtschaftsgüter wie z.B. Gebäude, geringwertige oder gebrauchte Wirtschaftsgüter, Pkw, etc. ist die Bildung eines Investitionsfreibetrages ausgeschlossen, ebenso ist der Investitionsfreibetrag nicht möglich für Wirtschaftsgüter, die für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag verwendet werden.

Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird von aktuell 800 Euro auf 1.000 Euro mit Wirksamkeit 01.01.2023 angehoben.

2) Klarstellungen im Zusammenhang mit Jahresabschlussarbeiten (aktueller Einkommensteuerrichtlinien-Wartungserlass)

Die Regeln für die beschleunigte Gebäude-Abschreibung sind für Anschaffungen und Herstellungen ab 01.07.2020 anzuwenden, wobei bei Herstellungen der Zeitpunkt der Fertigstellung maßgeblich ist. Die beschleunigte Gebäudeabschreibung ist im Jahr der erstmaligen Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung und im darauffolgenden Jahr unabhängig vom unternehmensrechtlichen Abschreibungssatz anwendbar. Die Regeln der Halbjahresabschreibung kommen für den Zeitraum der beschleunigten Gebäudeabschreibung nicht zum Ansatz. Scheidet das Gebäude allerdings außerhalb des beschleunigten Abschreibungszeitraumes in der ersten Jahreshälfte aus, kann nur die Halbjahresabschreibung geltend gemacht werden.

Die Möglichkeit der degressiven Abschreibung besteht für Anschaffungen und Herstellungen ab 01.07.2020, wobei bei Herstellungen der Zeitpunkt der Fertigstellung maßgeblich ist. Die degressive Abschreibung ist auch für LKW, Klein-LKW und Kleinbusse möglich. Der Afa-Satz ist grundsätzlich innerhalb des Höchstausmaßes von 30 % frei wählbar, wobei der gewählte Afa-Satz unverändert fortzuführen ist. Es gilt die Regelung für die Halbjahresabschreibung.

3) Umsatzsteuerliche Bestimmungen im Zusammenhang mit E-Commerce:

Bereits mit 01.07.2021 wurden die umsatzsteuerlichen Vorschriften im Zusammenhang mit Fernverkäufen an Privatpersonen innerhalb der EU reformiert. Ein innergemeinschaftlicher Versandhandel liegt vor bei Lieferungen von Gegenständen, die durch den Lieferer oder für dessen Rechnung von einem anderen Mitgliedsstaat als jenem, in dem die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer endet, versandt oder befördert werden.

Die sogenannten Lieferschwellen sind mit 30.06.2021 weggefallen. Beim innergemein­schaftlichen Versandhandel gilt die Lieferung seit 01.07.2021 als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer (Privatperson oder Schwellenerwerber) endet. Grundsätzlich muss sich daher ein Unternehmer bei solchen Lieferungen im Bestim­mungsland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren lassen und dort auch die Umsatz­steuer abführen. Eine Ausnahme bildet die Kleinstunternehmerregelung bis zu einer Umsatzgrenze von 10.000 Euro. Um die steuerliche Registrierungspflicht im jeweiligen Bestimmungsland zu vermeiden, können Unternehmen diese Umsätze über den sogenannten One-Stop-Shop erklären.

Liegt die Umsatzgrenze (Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze ins übrige Gemeinschaftsgebiet zuzüglich der innergemeinschaftlichen Umsätze für elektronisch erbrachte Dienstleistungen an Private) unter 10.000 Euro, kann die sog. Kleinstunternehmerregelung zur Anwendung kommen und es bleibt bei der Steuerbarkeit im Ansässigkeitsstaat.

Unternehmer, die innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze erbringen, können sich unter gewissen Voraussetzungen dazu entscheiden, Umsätze über den EU-One-Stop-Shop (EU-OSS) zu erklären. Für die Inanspruchnahme des EU-OSS muss die Registrierung via FinanzOnline erfolgen. In diesem Fall erspart sich der Unternehmer die steuerliche Registrierung in jedem einzelnen EU-Land. Über den EU-OSS werden sämtliche Umsätze, auch wenn sie in einem anderen EU-Staat bewirkt werden, erklärt und abgerechnet.