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© Messe Tulln/Jansenberger Fotografie, Messe Wieselburg/Andreas Buchberger

Messen als Motor und Multiplikator

Messen kurbeln die Wirtschaft an. Sie sind Besuchermagnet und wichtiger Impulsgeber. Nach der Pandemie hat die Messewirtschaft wieder an Fahrt aufgenommen – mit positiven Effekten für viele Branchen.

Lesedauer: 7 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

von Simone Stecher


Schmecken. Riechen. Sehen. Angreifen. Erleben. Messen sind Emotion.“ Wolfgang Strasser, Geschäftsführer der Messe Tulln, öffnet schwungvoll die Tür und betritt – über eine „Geheimtreppe“ von seinem Büro aus – Messehalle 3. „Ich mag es, gleich mitten im Geschehen zu sein“, erklärt Strasser und lacht. Einen Tag vor Eröffnung der „pool&garden“ herrscht hier – in Niederösterreichs größter Messehalle (mit 6.500 m2 so groß wie ein Fußballfeld, Anm.) reges Treiben. Es wird gebohrt, geschraubt, gehämmert, poliert und geputzt. Es werden Rohre verlegt, die Pools mit Wasser befüllt, Blumen gesetzt, Möbel aufgebaut, Produkte beklebt und ins rechte Licht gerückt. „Jedes Detail muss stimmen“, meint ein junger Mann im blauen T-Shirt, der mit einem tragbaren Dampfglätter den Vorhang am Messestand von Wallner Pool – einem von insgesamt 400 Ausstellern – von Knitterfalten befreit.

Die Tradition der Messe Tulln reicht 70 Jahre zurück: 1953 wurde mit einem Blumencorso der Grundstein für die „Internationale Gartenbaumesse“ und somit die Messe Tulln gelegt. Kontinuierlich gewachsen und weiterentwickelt, gehört Tulln heute zu den führenden Standorten für Publikumsmessen in Österreich.

„Wir fangen etwa eine Woche vor Messebeginn mit den Aufbauarbeiten an“, erklären die Arbeiter am Stand der Gärtnerei Starkl – schon beim Blumencorso 1953 dabei – und hieven in Halle 6 zwei Säcke Blumenerde von einer Scheibtruhe. 

„Kein Messestand soll dem anderen gleichen. Jede Firma soll auf ihre eigene besondere Art herausstechen und auf der Messe überzeugen“, weiß Johann Theuretzbacher, Messebauer und Inhaber der THWM-Design GmbH in Lunz am See. „Der Messestand muss Blickfang sein und das Unternehmen bestmöglich widerspiegeln.“ 

Vor 35 Jahren als Einzelunternehmen für Messebau und Montagen gegründet, ist THWM-Design als Unternehmen gewachsen. „Heute bieten wir unseren Kunden vom Werbedruck bis zum Messebau alles für den perfekten Werbeauftritt.“ Rund 500 Messestände baut das Mostviertler Unternehmen im Jahr – vom Eck- über den Kopf- und Reihen- bis hin zum Frei-, Stock- und Outdoorstand. „Wir betreiben unsere eigene Tischlerei und Metallbearbeitung im Haus, da wir für viele Stände Konstruktionen oder Möbel bauen müssen“, erklärt Johann Theuretzbacher. 
Die Arbeit eines Messebauers beginnt bei der Planung. „Es muss auf Farbwahl, Größe und Ausführung geachtet werden.“ Steht der Plan, werden im Lager alle nötigen Vorbereitungen getroffen und die Teile verladen. Vor Beginn der Messe baut das Team den Stand vor Ort zeitnah auf und wieder ab. „Wir lagern die Utensilien auch bei uns im Betrieb ein, da die meisten Kunden nicht nur auf einer Messe vertreten sind.“

Stärkt Regionalität

„Die Messe Tulln ist tief in der Region verwurzelt. Und sie stärkt Regionalität“, ist Fritz Schmidberger überzeugt. Seit vielen Jahren sorgt der Elektroinstallateur mit seinem qualifizierten Team dafür, dass die Aussteller beim Auf- und Abbau sowie während der Messe individuell mit Strom versorgt werden. „Die Anforderungspalette ist breit – jeder Handgriff muss sitzen“, betont der Profi mit Griff zum Werkzeugkoffer.

„Die Messe Tulln bietet das größte und modernste Event- und Ausstellungsgelände Niederösterreichs mit über 85.000 m² Gesamt- und 32.000 m² Hallenfläche“, sagt Strasser und führt in Halle 1. 2020 eröffnet, gilt die Donauhalle als Österreichs modernste Messehalle. „Bei der ,pool&garden‘ veranstalten wir hier etwa ein Schaukochen mit Stern- und Haubenköchen“, erklärt Strasser und nickt Licht- und Tontechniker Johannes Boyer (Doing!Music) zu, der das Feintuning an den Boxen vornimmt.

„Die Messe Tulln ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die gesamte Region und bietet blau-gelben Betrieben die Möglichkeit, sich inmitten von Niederösterreich bundesweit zu präsentieren“, betont Strasser und nennt konkrete Zahlen: „Seit 2011 wächst die Messe Tulln kontinuierlich und hat den Umsatz mehr als verdoppelt. Nach den Rückgängen während der Pandemie peilen wir im kommenden Jahr zehn Millionen Euro Umsatz an. Die Wertschöpfung insgesamt beträgt nach konservativen Schätzungen das Fünffache.“

Während in den Hallen fleißig gewerkt wird, herrscht auch auf den Zufahrten ein ständiges Kommen und Gehen. „Das mit dem Messegeschäft hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Durch Mundpropaganda und Weiterempfehlungen zufriedener Kunden“, erzählt Transportunternehmer Bernhard Sonnleitner. 1995 in das Unternehmen seines Vaters eingestiegen, trägt Sonnleitner seit gut zwanzig Jahren wesentlich zum perfekten Messeauftritt seiner Kunden bei – in Österreich, Deutschland, Italien und Frankreich. „In diesem Business suchen die Kunden nach Kontinuität. Eine Messe ist kein billiges Unterfangen. Da muss der Transport der Produkte und des Equipments passen.

"Tolle Chance für NÖ Betriebe, sich zu präsentieren."

Hier braucht es Erfahrung, Kenntnis der Locations, Hausverstand und kreative Lösungsansätze“, weiß Sonnleitner und betont: „Da setzen die Unternehmen auf bewährte Partner.“

900 Kilogramm Pommes 

Geschäftigkeit herrscht auch im Messerestaurant. „Wir beginnen rund eine Woche vorher alles für den Betrieb herzurichten und vorzukochen“, erklärt Küchenmeister Kurt Hoffmann (S‘Pfandl) und dirigiert den Bierlieferanten in Richtung Lager. Seit Jänner diesen Jahres betreibt der Tullner neben seinem Lokal am Hauptplatz, dem Danubium und dem S‘Pfandl-Catering auch das Hauptrestaurant der Messe Tulln (Halle 7 und Halle 10) – und somit eines der größten Restaurants in NÖ. 60 Mitarbeiter kredenzen an einem Messewochenende unter anderem  900 Kilogramm Pommes, 2.000 Käsekrainer, 1.000 Portionen Schnitzel, 1.000 Kilogramm Salate und servieren 20 Fässer Bier. „Besonders gefragt sind auch unsere Grillhendln – in der Schauküche auf Gasgrillern zubereitet. Hiervon brauchen wir auch rund 1.000 Portionen.“

Hoffmann ist Vollblutgastronom. „Ich wollte nie etwas anderes werden als Koch. Schon als Kind habe ich meiner Oma beim Strudel-Ziehen geholfen“, erzählt er und klopft sich lachend auf den Bauch. 

"Besonders gefragt sind auch unsere Grillhendln."


2.500 Portionen binnen vier Stunden, insgesamt 925 Sitzplätze in beiden Hallen – das lässt sich nur mit guter Organisation und starken Partnern bewältigen. „Unsere Zahlkellner schicken die Bestellungen über den Server per Funk an die Speise-, Kaffee- und Getränkeausgaben. Dort wird angerichtet und die Träger bringen die Speisen und Getränke zum Tisch“, erklärt Hoffmann das System, während er zur Demonstration einige Befehle in den Orderman eingibt. 

Die Herausforderungen, so der Profi, liegen bei der Bestellung. „Dank der Flexibilität unserer regionalen Lieferanten – Hafenrichter Gemüse und Obst, Wiesbauer Gourmet, Kuchentom, Berthold-Bäckerei, Resch und Frisch sowie Kröswang – können wir unseren Gästen täglich frisches Fleisch, Gemüse und Gebäck anbieten“, sagt Hoffmann und wendet sich wieder seinem Team zu.  

Ein gutes Mehreinkommen

Fünf Minuten vom Messegelände entfernt liegt das Hotel Tullnerfeld. Vor fünf Jahren haben die Brüder Christian und Thomas Bauer hier ihren Betrieb errichtet – in Holzriegelbauweise mit 30 Zimmern (60 Betten). „Wir waren der festen Überzeugung, dass das funktionieren muss. Auch wenn wir nicht aus der Hotelbranche kommen“, erzählt Bauer und grinst. Die Messen bedeuten für den Betrieb „ein gutes Mehreinkommen in der Nebensaison. Denn an den Messewochenenden sind wir komplett ausgebucht“, erklärt der Hotelier, der zudem einen Nahversorger samt Kaffeehaus und eine Tankstelle in der Nähe betreibt. 

Es sind vor allem die Aussteller/Vertreter sowie die Auf- und Abbauer, die im Hotel Tullnerfeld übernachten. „Die Aussteller buchen meist schon ein Jahr im Vorhinein. So können wir gut planen.“
zahlreiche insatzmöglichkeiten

Unterdessen, 90 Kilometer südwestlich, in Wieselburg. „Wir haben neun verschiedene Hallen und eine Bruttohallenfläche von rund 15.000 m2“, sagt Geschäftsführer und Messedirektor Werner Roher mit Blick auf die Erlauf. „Die Besonderheit unseres Geländes liegt in den großzügigen Freiflächen, womit wir auf eine Gesamtnutzungsfläche von mehr als 80.000 m2 kommen. Diese liegen direkt am Fluss, was zum einen für ein traumhaftes Ambiente sorgt und zum anderen zahlreiche Einsatzmöglichkeiten bietet – etwa die Live-Vorführung eines Seilkrans.“
Neben sieben Messen, von Ab Hof über Land- und Forstwirtschaft bis hin zu Schule und Beruf, sieht der Kalender 2023 auch ein umfangreiches Kabarett- und Musikprogramm vor. „Mit der Messe ,Outdoor Sport & Bike‘ haben wir heuer ein neues Format versucht – die Kombination von klassischer Ausstellung mit umfangreichem Testangebot“, erklärt Roher. „Es war ein voller Erfolg.“ Insgesamt werden für 2023 bei den Eigenmessen bis zu 150.000 und bei weiteren Gastveranstaltungen zudem mehr als 50.000 Besucher erwartet.

Messen haben in Wieselburg eine lange Tradition: Das erste Wieselburger Volksfest – schon damals verbunden mit einer Gewerbe- und Landwirtschaftsschau – fand 1928 statt. Ursprünglich vom Verkehrsverein Wieselburg veranstaltet, entwickelte sich der Standort rasch weiter und wuchs beständig. Heute trägt das Unternehmen wesentlich zur regionalen Wertschöpfung bei. 

Akribische Vorbereitung

„Messen haben eine lange Vorlaufzeit“, weiß der Direktor und skizziert: „Die Aussteller müssen akquiriert werden, ein Konzept inklusive aller Schwerpunkte und wichtigsten Rahmenprogramme ist zu entwickeln, es braucht die Einteilung der Standplätze sowie Marketing- und Werbemaßnahmen. „Bei Messen wie der ,Land & Forst‘ startet der Aufbau schon drei Wochen vor Messebeginn, weil viele Aussteller auch komplexe Messestände oder Maschinen präsentieren.“ 
In Sachen Werbemittel setzt die Messe Wieselburg seit 2010 auf das Know-how der Melker Druckerei Gugler. „Angefangen hat es mit Urkunden“, erinnert sich der zuständige Kundenberater, Lucas Zehndorfer. „Mittlerweile drucken wir Eintrittskarten, Folder, Blöcke, Broschüren, Ausweise, Plakate, Mappen und vieles mehr. Alles aus einer Hand zu bekommen, ist vor allem für Messen ein wichtiger Benefit. Und hier punkten wir mit einem riesigen Spektrum an Drucksorten“, weiß Zehndorfer und ergänzt: „Darüber hinaus produzieren wir Mailings, Aussendungen und Firmengeschenke.“

Nachhaltigkeit, Regionalität und Ökologie sind beiden Betrieben sehr wichtig. „In jeder Messe steckt das Herzblut des gesamten Teams und ein Stück soziale Verantwortung bei der Auswahl der Themen“, betont Roher. „Wir sind ein kleines Unternehmen mit ,Mostviertler Handschlag-Qualität‘. Das schätzen unsere Partner und das spiegelt sich in unseren Veranstaltungen wider.“


www.messe-tulln.at
www.thwm.at
www.s-pfandl.at
www.hotel-tullnerfeld.at
www.messewieselburg.at
www.gugler.at