Illustrierte Weltkarte in Blau mit unterschiedlich hohen Statistiksäulen
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Neuseeland: Zwischen Dekarbonisierung und der Erdgas-Renaissance

Global Situation Report 16.4.2024

Lesedauer: 2 Minuten

15.04.2024

Einschätzung des WKÖ-Wirtschaftsdelegierten


Allgemeine Wirtschaftslage und Länderüberblick

Neuseeland hat nach dem Covid-19-Tief und den strengen Pandemie-Maßnahmen politisch eine Kehrtwende vollzogen. Die neue Mitte-Rechts-Koalition fokussiert nun auf Wirtschaftsförderung und stellt auch die strenge Klima- und Umweltpolitik der Vorgängerregierung in Frage. Neue Lizenzen zur Erdgassuche könnten vergeben werden.

Neuseelands BIP verzeichnete im vergangenen Jahr ein Wachstum von 1,8 %, die Prognosen für 2024 liegen lt. EIU derzeit bei 1,1 %; ähnliche Prognosen gibt es auch vom IWF. Steigende Zinsen (5,5 %) und die hohe Inflation von 6,7 % belasten die Konjunktur; der private Konsum kommt bisher nicht in Schwung.

Fazit: Die neue Regierung Neuseelands fährt einen wirtschaftsfreundlichen Kurs und stellt das Tempo der Energiewende in Frage.  

Wirtschaftsdaten Neuseeland
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Nationale Energiestrategien für die Zukunft und Finanzierungslösungen

Neuseeland will bis 2050 CO2-neutral werden. Im Gegensatz zur Labor-Regierung unter Premierministerin Jacinda Ardern, welche erneuerbare Energien und Klimaschutz in den Fokus rückte, verfolgt die neue Mitte-Rechts-Koalition unter Premierminister Christopher Luxon die Deregulierung des Energiesektors. Neuseeland produzierte 2022 74 % seines Energieverbrauchs selbst (Österreich 70 %), davon kamen 85,9 % aus Erneuerbaren (in Österreich 75 %).

Neuseeland verfügt über einen diversifizierten Energiemix mit einer erheblichen Produktion von Wasserkraft (zwei Drittel der erneuerbaren Produktion), gefolgt von Geothermie, Natural Gas und Wind. Importiert werden Kohle (aus Indonesien) und raffinierte Treibstoffe (aus Singapur, Südkorea, Malaysia). Erdgas wird lokal gefördert, allerdings ist unklar, wie lange die Reserven noch ausreichen. Der Strompreis lag in Neuseeland im Dezember 2023 bei 0,194 USD pro kWh und damit unter dem österreichischen Niveau (0,327 USD pro kWh), jedoch über dem weltweiten Durchschnittspreis von 0,154 USD pro kWh.

Der Ukraine-Krieg hat indirekt auch die neuseeländischen Energiepreise steigen lassen. Neuseeland hat daraufhin Steuern auf Treibstoff reduziert, diese Maßnahme inzwischen aber wieder zurückgenommen. Der Benzinpreis liegt derzeit bei 1,65 EUR/l, der Dieselpreis bei 1,23 EUR/l. Die OMV ist der größte Erdgasproduzent und -versorger in Neuseeland und deckt 50 % des Bedarfs. Sie ist an drei Offshore-Förderlizenzen in der Taranaki-Region beteiligt und besitzt drei weitere Explorationslizenzen. Es wird erwartet, dass die neuseeländische Regierung in der zweiten Jahreshälfte 2024 entscheidet, ob sie neue Explorationslizenzen vergeben wird. Nach derzeitigem Stand werden keine Lizenzen ausgestellt.

Energieunternehmen bieten Haushalten nicht mehr nur Stromlieferungen an, sondern auch Batterien, eAuto-Ladesysteme und Energie-Management für die Optimierung des Energieverbrauchs. Sowohl private Haushalte als auch Unternehmen können Förderungen für die Installation von PV-Anlagen beantragen. Neuseeland unterstützt die Forschung im Wasserstoffbereich - etwa das Zero Net Aviation Projekt - sowie Car Sharing Lösungen oder LKW-Anwendungen.

Fazit: Neuseeland hat die Grundressourcen, um bis 2050 CO2-neutral zu werden. Eventuell wird aber auch noch in konventionelle Kraftstoffe investiert.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Abgesehen von einer eventuellen Renaissance von Explorationslizenzen prüft die neuseeländische Regierung, ob die einzige Raffiniere Neuseelands - die Marsden Point Raffinerie - wieder in Betrieb genommen werden könnte. Das neuseeländische Stromnetz stammt zum Großteil aus den 1950-iger und 60-iger Jahren und muss daher modernisiert werden.

Erneuerbare Energien wie Wasserkraft, Sonnenstrom, Geothermie, Windenergie und Wasserstofflösungen werden weiter ausgebaut - das Tempo wird vom gesetzlichen Rahmen und Förderumfang bestimmt werden. Hiervon könnten auch heimische Betriebe profitieren.

Fazit: Geschäftschancen für österreichische Unternehmen gibt es bei Erneuerbaren, grünem Wasserstoff und im Bereich der Netzinfrastruktur.

Wirtschaftsdaten Neuseeland
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