Energiewende
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Woran es hakt in Sachen Energiewende

Die Klimaziele sind klar definiert, erreicht haben wir diese in Österreich noch lange nicht. Wir haben uns angesehen, woran es scheitert und was getan werden muss, um die nachhaltigen Energieträger zu stärken.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Bis 2030 soll Strom in Österreich ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen produziert werden, bis 2040 unser Land sogar klimaneutral sein. So sieht es das 2021 beschlossene Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) vor. Damit ist die Regierung hierzulande strenger als die EU das vorgibt. Denn den Europäischen Klima- und Energieziele zufolge, muss die Klimaneutralität in den EU-Ländern erst mit 2050 erreicht sein.

Reale Entwicklung

Allerdings weicht die reale Entwicklung stark davon ab. Nach den aktuellen Tendenzen werden wir weder das eine noch das andere Ziel in der geforderten Zeit erreichen. So liegt der für 2023 erwartete Ausstoß an CO2-Äquivalenten in Österreich laut der im März veröffentlichten Konjunkturprognose des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) bei 72,92 Millionen Tonnen. Um 2040 klimaneutral zu sein, dürfte sich der Wert jedoch auf maximal 60 Millionen Tonnen belaufen. Für das nächste Kalenderjahr geht das Wifo von einer Stagnation des Ausstoßvolumens aus. Dass dieses 2024 zumindest nicht ansteigt, verdanken wir vor allem dem Ausbau an erneuerbaren Energieträgern, der zuletzt stark angezogen hat. Dies betonte Wifo-Ökonom Josef Baumgartner im Rahmen eines Symposiums des Wiener Wirtschaftskreises.

„Ohne ausreichende Netze bleiben erneuerbare Ressourcen ungenutzt.”

Gesamtsystem fokussieren

Doch was benötigen wir hierzulande, damit es gelingt, den Ausstoß stärker zu reduzieren? „Wir müssen das Gesamtsystem weiterentwickeln. Nicht nur die Art der Erzeugung, denn die ist nur die Spitze des Eisbergs”, beschreibt Gerhard Christiner, Technischer Vorstand der Austrian Power Grid (APG), die Problematik. Die Tochter der Verbund AG ist als Übertragungsnetzbetreiber zuständig für die funktionierende Stromversorgung Österreichs und die dafür notwendige Stromnetz-Infrastruktur, die hier offenbar nicht Schritt halten kann. Damit fehlt dem geplanten Zubau an erneuerbaren Energieträgern schlichtweg das Stromnetz. „Es ist ein Systemumbau, der nicht zu Ende gedacht ist”, so Christiner: „Man muss immer die gesamte Wertschöpfungskette bedenken und hier ist das schwächste Glied das bestimmende.” Und das ist in diesem Falle das Netzsystem, das hierzulande nicht genügend ausgebaut ist. Noch nicht, denn die APG hat einiges in diesem Bereich vor.

Verschleppungen kommen teuer

Das lohnt sich in mehrerer Hinsicht, denn die Verschleppung des Netzausbaus lässt massive Kosten entstehen. Zum einen kann etwa günstiger Strom - zum Beispiel aus norddeutschen Windkraftanlagen - nicht eingespeist werden, da die Systemleistung zu schwach ist. „Das ist physikalisch einfach nicht möglich. Ohne ausreichende Stromnetze bleiben erneuerbare Ressourcen ungenutzt”, schildert Christiner. Zum anderen gelte es, die europaweite Balance des Stromnetzes zu erhalten, da dieses eng miteinander verbunden ist. Drohen Engpässe oder Überlastungen, müssen sogenannte Redispatch-Maßnahmen ergriffen werden. Das sind Eingriffe in die Erzeugungsleistung, um das System in Balance zu halten. Das hat jedoch seinen Preis, allein 2022 verursachte das Gesamtkosten in der Höhe von rund 700 Millionen Euro. Im Jänner und Februar 2023 betrugen diese bereits etwa 70 Millionen Euro. „Die Systemdefizite sind offensichtlich, kostenintensiv und nachteilig für den Standort”, fasst Christiner zusammen: „Aufgrund fehlender Netze wird in Deutschland etwa gleich viel Wind abgeregelt wie in Österreich erzeugt.”

Hohe Investitionen in den Netzausbau

In den Jahren 2022 bis 2031 plant die APG 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der heimischen Stromnetze zu investieren. Neben der Reduktion von Redispatch-Kosten wird so natürlich auch die Wertschöpfung hierzulande gestärkt. „Mit jedem in den Jahren 2022 bis 2031 seitens APG in die heimische Netzinfrastruktur investierten Euro werden 0,67 Euro Wertschöpfung in Österreich erzielt”, rechnet Christiner vor. Berücksichtigt sind hier die direkte Wertschöpfung wie Löhne und Gehälter, aber auch indirekte und indizierte Auswirkungen, etwa ein erhöhtes Auftragsvolumen für Zulieferbetriebe oder das Steigen der Konsumkraft durch die Beschäftigungslage.

Wien profitiert am meisten

Übrigens profitiert davon Wien im Bundesländervergleich am meisten. 35 Prozent der wertschöpfungsrelevanten Investitionen werden hier getätigt. Auch hinsichtlich der Beschäftigungszahlen kann Wien den größten Teil vom Kuchen für sich verbuchen. Dazu Christiner: „Mit diesen Investitionen sind österreichweit 28.392 Jahresbeschäftigungsverhältnisse verbunden, direkt 17.092 und indirekt wie auch induziert weitere 11.300.” 10.414 Beschäftigungsverhältnisse betreffen allein Wien, das sind 37 Prozent der damit verbundenen Arbeitsplätze in Österreich An nächster Stelle im Ranking stehen übrigens Oberösterreich (22 %) und Kärnten (14%).

Internationale Vernetzung

Welche Möglichkeiten es international gesehen gibt, wenn man Ressourcen sinnvoll nutzt, beschreibt Rudolf Taschner, Universitätsprofessor und Vorsitzender des Wirtschafskreises: „Es fällt 5000-mal mehr Sonnenlicht auf die Erde, als wir zur Energieerzeugung brauchen. Es ist nur rund um den Globus verteilt”, sagt Taschner. In der Wüste zum Beispiel ließe sich Sonnenenergie konzentrieren und aus Wasserdampf Wasserstoff gewinnen. Es gilt also, größer zu denken, so Taschner: „Die Zukunft ist zwar offen, aber wir können sie mit kluger Technik gut zu gestalten versuchen.”