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Wissen wo es herkommt

Mit 1. September 2023 tritt eine Verordnung zur Kennzeichnung vieler tierischer Zutaten in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung in Kraft. Doch auch auf die übrige Gastronomie kommen Änderungen zu.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Etwa 3,5 Millionen Speisen werden täglich österreichweit außer Haus konsumiert. Davon entfallen 2,2 Millionen auf Speisen der Gemeinschaftsverpflegung, also Großküchen und Kantinen wie man sie in Krankenhäusern, Schulen, Ämtern oder größeren Betrieben findet. Die rund 800 Anbieter variieren in der Größe von kleinen Ausgabe-Kantinen bis hin zu zentralen Großküchen und geben laut dem Dachverband der Österreichischen Gemeinschaftsverpfleger in Wien täglich etwa 550.000 Mahlzeiten aus.

„Wir glauben, dass die Transparenz eine große Chance ist und das Image der Branche insgesamt erhöhen wird.”

In ein paar Wochen stehen für diese jedoch wichtige Änderungen bevor. Denn mit 1.September 2023 tritt eine Verordnung in Kraft, die Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung dazu verpflichtet, die Herkunft vieler tierischer Lebensmittel zu auszuloben (siehe Kasten) und die Gäste aktiv über die konkreten Bezugsregionen zu informieren, etwa auf Speisekarten oder Aushängen.

Dahinterstehende Ziele

Seitens der Bundesregierung werden damit mehrere Ziele verfolgt. Zum einen geht es um die Transparenz. Wie es in einer Aussendung heißt, sollen Gäste damit mehr Informationen für ihre Konsumentscheidung bekommen. Verpflichtend aus Österreich stammen müssen die tierischen Zutaten zwar nicht, doch sollen damit Großküchen dazu motiviert werden, vermehrt österreichische Rohstoffe einzukaufen. Denn laut Regierung verspricht man sich davon eine Stärkung der heimischen Landwirtschaft. Manfred Ronge, Präsident des Dachverbands der Österreichischen Gemeinschaftsverpfleger, zeigt sich ob der bevorstehenden Herausforderungen optimistisch: „Durch den intensiven Dialog mit den verantwortlichen Ministerien wurde eine Verordnung geschaffen, die für Großküchen machbar ist und eindrucksvoll unsere Pionierarbeit zum Thema österreichische Wertschöpfung und regionale Lebensmittel unter Beweis stellen wird.”

Nutzen versus Mehraufwand

Ein bekannter Wiener Anbieter im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung ist Gourmet. Das Unternehmen versorgt unter anderem in der Bundeshauptstadt täglich rund 870 Kindergärten bzw. Schulen wie auch viele privatwirtschaftliche Unternehmen. „Bei Gourmet setzen wir seit langem auf ein umfangreiches und zertifiziertes Qualitätssicherungssystem. Dabei spielt die Transparenz bei der Herkunft der Zutaten eine große Rolle”, schildert Geschäftsführer Herbert Fuchs. Jede Zutat ist vom Einkauf über den Wareneingang bis zur fertigen Speise rückverfolgbar, notiert werden neben der Herkunft zudem auch bestimmte Qualitätsparameter jeder Zutat. Fleisch, Milchprodukte und Eier stammen bei Gourmet bereits nur mehr aus Österreich. „Jetzt geht es darum, die Kennzeichnung genau an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen, lückenlos auszurollen und sicherzustellen, dass sich jeder interessierte Gast einfach informieren kann”, so Fuchs: „Natürlich ist das noch einmal ein gewisser zusätzlicher organisatorischer Aufwand. Wir glauben aber, dass die stärkere Transparenz auch eine große Chance für die Branche ist und das Image der Gemeinschaftsverpflegung insgesamt erhöhenwird”, ist Fuchs überzeugt. Aktuell werden die Prozesse dahingehend überarbeitet und das Layout der Materialien dementsprechend neugestaltet. Was die Information der Gäste betrifft, muss sich Gourmet an den Rahmenbedingungen vor Ort orientieren. In den Betriebsrestaurants ist geplant, unter anderem über Plakate, Screens oder direkt am Menüplan die geforderten Herkunftsinformationen bereitzustellen. In den Kindergärten und Schulen will Gourmet diese in Speiseplan-Aushängen wie auch in den Print- und Online-Bestellmedien bereitstellen.

Gesamtgastronomie

Doch auch abseits der Großküchen müssen sich die Gastronomen auf Änderungen einstellen.Denn ab 1. September gilt für alle Lokale eine Nachweispflicht, wenn sie bereits jetzt auf ihren Speisekarten Angaben zur Herkunft ihrer Zutaten machen. Wirte müssen damit Informationen über ihre Bezugsquellen dokumentieren und im Falle des Falles belegen können, dass ihre Herkunftsangaben korrekt sind.Darüber hinaus ist anzunehmen, dass eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für tierische Lebensmittel früher oder später die gesamte Gastronomie betreffen wird. Denn die Bundesregierung macht keinen Hehl daraus, dass die neue Verordnung lediglich „einen ersten Schritt”, wie es in einer Aussendung heißt, in Richtung Transparenz in der Gastronomie wie auch Stärkung der Landwirtschaft darstellt.

Konsumentenvertrauen

„Der Nutzen für die Gemeinschaftsverpflegung ist auch eine höhere Versorgungssicherheit im Falle von Krisen und höchste Standards im Bereich Lebensmittelsicherheit. Darüber hinaus genießen heimische Zutaten bei einer Vielzahl von Kundinnen und Kunden mehr Vertrauen”, ist Martin Gressl, Leiter des Qualitätsmanagements der AMA Marketing, von den Vorteilen überzeugt. Denn die österreichische Landwirtschaft stellt die Versorgung der heimischen Bevölkerung in vielen Produktkategorien sicher. Es gilt jedoch zu bedenken, dass sich die Bedingungen und Möglichkeiten ändern, wenn eine bestimmte Lebensmittelkategorie das ganze Jahr über belegbar aus einer konkreten Regionen in ausreichender Menge stammen muss. Denn es gibt saisonale Schwankungen und Lieferanten können ausfallen. Hier ist Planung angesagt und auch Gespräche mit Lieferanten können nicht schaden. „Langfristige Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette etablieren - von regionalen Landwirten über Verarbeitungsbetriebe bis zum Handel. Damit kann eine kontinuierliche Verfügbarkeit gewährleistet werden”, rät Gressl.

Planung ist angesagt

Eine stärkere Nachfrage nach tierischen Produkten aus der regionaler Landwirtschaft, wird auch hier das Angebot stärken. Ein Blick auf den heimischen Selbstversorgungsgrad zeigt, wo Planung besonders vonnöten ist. Diese Kennzahl gibt an, in welchem Verhältnis die Produktion eines Lebensmittels in einem Land zu dessen Verbrauch steht. Sehr hoch ist dieser etwa bei Milch mit 178 Prozent wie auch Käse (100 Prozent) oder Frischeiern (92 Prozent). Weniger gut sieht es mit bei Hühner- oder Putenfleisch (89 bzw. 48 Prozent) aus.

Neue Wege

Ein Restaurant, das bereits jetzt die Herkunftskennzeichnung konsequent umsetzt, ist die „Labstelle” in der Wiener Innenstadt. Vom Gemüse über den Käse bis hin zum Honig sind alle Lieferanten in der Menükarte aufgelistet. Im Falle dieses Lokals, das übrigens bereits von Gault & Millau mit drei Hauben gekürt wurde, geht man den umgekehrten Weg und richtet die Speisekarte nach dem Angebot der Lieferanten aus. „Unser Küchenchef kreiert die Speisen nach Absprache mit den Lieferanten und wählt diese dann so aus, dass gewährleistet ist, dass diese so lange verfügbar sind, wie die Karte läuft”, beschreibt Inhaber Thomas Hahn: „Sollte mal ein Engpass sein, werden die Gäste mündlich informiert.” Die Mittagskarte wechselt alle zwei Wochen und das Abendangebot alle drei Monate. Einen besonderen Mehraufwand sieht Hahn in seinem Falle in der Nachweispflicht nicht, da auf den Lieferscheinen und Rechnungen die Herkunft vermerkt sei.

Verordnung
© Quellen: BM für Land- und Forstwirtschaft, Dachverband österr. Gemeinschaftsverpfleger