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Wert der Arbeit von der Inflation bedroht

Durch die kalte Progression und gesetzliche Fixbeträge, die nicht valorisiert werden, steht der heimische Lebensstandard unter Druck. Die WK Wien hat ein Modell entwickelt, das Abhilfe schaffen kann.

Slađana Wimmer, Geschäftsführerin von Pretty Balloons
© Florian Wieser Slađana Wimmer, Geschäftsführerin von Pretty Balloons

Mit einer Inflationsrate von 7,2 Prozent hat der April 2022 nun einen Platz in der heimischen Wirtschaftsgeschichte. Zuletzt war die Teuerung in Österreich vor 41 Jahren so hoch. Nach beispiellosen Preissteigerungen im Bereich der Energie - allen voran bei Treibstoffen, Strom und Gas - ist die Inflation nun auch bei vielen Lebensmitteln und immer mehr Dienstleistungen zu spüren. Das bevorstehende EU-Embargo auf russisches Erdöl wird die Teuerung in noch mehr Lebensbereichen anheizen, erwarten Experten. Seine Erwähnung in den Geschichtsbüchern könnte der April also schon bald wieder abtreten. Indes wächst der Druck auf die Bundesregierung, die Kaufkraft der erwerbstätigen Österreicher durch neue Regeln bei der Lohn- und Einkommensbesteuerung aufrecht zu erhalten. Denn mit der Inflation wird das Netto-Einkommen real immer weniger wert - der Lebensstandard der Österreicher sinkt. Unternehmer müssen daher immer höhere Gewinne erwirtschaften, um für sich und ihre Mitarbeiter zumindest den Stand des Vorjahres zu halten.

„Ich arbeite 60 Stunden pro Woche und wünsche mir, dass real nicht immer weniger bleibt.”
Doris Wirth, Geschäftsführerin Bluesave Consulting GmbH

1,8 Milliarden Euro Verlust

Die kalte Progression verschärft diesen Effekt zusätzlich. Seit Jahren fordert die Wirtschaftskammer Wien, dass sie abgeschafft wird. Sie entsteht dadurch, weil zwei Umstände aufeinandertreffen: Einerseits die „progressive Einkommensbesteuerung” - also unterschiedlich hohe Einkommensteuersätze für die einzelnen Einkommensteile. Wer mehr verdient, bezahlt also nicht proportional mehr Steuer, sondern überproportional mehr. Andererseits sind die Steuerstufen in absoluten Beträgen gesetzlich festgelegt. Überschreitet man einen Grenzwert, bezahlt man für den Einkommensteil, der darüber liegt, einen höheren Steuersatz. Der Grenzwert ist ein Fixwert und wächst nicht mit der Inflation mit. Gäbe es keine Inflation, wäre dies kein Problem. Im Zusammenspiel mit ihr führt das System allerdings zu real weniger Einkommen. In Zeiten hoher Inflation ist dieser Effekt sogar erheblich. Laut einer Berechnung des Finanzministeriums aus dem Jahr 2019 verlieren die Österreicher durch jedes Prozent Inflation real 250 Millionen Euro Einkommen pro Jahr. Hochgerechnet auf die derzeitige Inflationsrate bedeutet das 1,8 Milliarden Euro real weniger in den Geldbörsen der Erwerbstätigen durch die kalte Progression. Neu ist dabei weder der Effekt noch die politische Diskussion dazu. Erstmals in der medialen Berichterstattung in Österreich aufgetaucht ist der Begriff im Sommer 1986, als die Steuerreform der damaligen Bundesregierung diskutiert wurde. Auch damals hieß es schon, dass der Finanzminister von der kalten Progression profitiere, das Steuersystem damit eine Tücke habe und nach einer Reform schreie. Umgesetzt wurde eine solche aber bis heute nicht. Stattdessen gab es anlassbezogene Senkungen der Einkommensteuertarife, aber keine automatische Anhebung der Grenzwerte.

Einkommenssteuertarife
© wkw

Alle Fixwerte automatisch anpassen

Eine solche schlägt WK Wien-Präsident Walter Ruck vor. Er hat dazu ein konkretes Modell ausarbeiten lassen, das die kalte Progression beseitigen kann. Konkret sieht der Vorschlag vor, dass die durchschnittliche Teuerung aus zwölf aufeinander folgenden Monaten als Basis genommen werden soll und die Grenzwerte automatisch erhöht, sobald die Teuerung seit der letzten Anpassung mehr als fünf Prozent erreicht hat. Die Anpassung soll dann stets mit Beginn des Folgejahres wirksam werden - mit ausreichend Vorlaufzeit für die Umstellung der Lohnverrechnung und Finanzverwaltung. Ruck will aber noch einen Schritt weitergehen und gleich auch andere gesetzlich fixierte Werte über ein Valorisierungsgesetz automatisch an die Teuerung knüpfen. Dazu gehört etwa das amtliche Kilometergeld (derzeit 42 Cent pro Kilometer), die Kleinunternehmergrenze in der Umsatzsteuer (35.000 Euro pro Jahr) oder diverse Freibetragsgrenzen und Pauschalen, etwa bei Betriebsübergaben in der Familie oder bei bestimmten Berufsgruppen. Diese Fixwerte sollen mit der Inflation automatisch „mitwachsen” und laufend wertgesichert werden. „Es geht um die automatische Parallelverschiebung dutzender Werte, um die laufenden Verzerrungen durch die Inflation unbürokratisch, einfach nachvollziehbar und ohne langwierige Verhandlungen auszugleichen”, sagt Ruck. Von Wirtschaftstreibenden kommt für diesen Vorschlag viel Zuspruch. Etwa von Slađana Wimmer. Sie hat sich 2017 selbstständig gemacht und stattet mit ihrem Unternehmen Pretty Balloons Feiern mit bunten, personalisierten Luftballonkreationen in allen Formen und Größen aus. „Damals gab es niemanden, der das auf diese Art in Wien gemacht hat. Ich habe das als Chance erkannt”, erzählt Wimmer. Die Arbeit als Unternehmerin habe es ihr ermöglicht, auch für ihre beiden Kinder flexibel da zu sein und darüber hinaus ihr Studium an der Uni Wien voranzutreiben, das sie bald abschließen will. „Am Beginn habe ich viele Kunden über Facebook bekommen, danach habe ich bei Veranstaltungen neue Leute kennengelernt und überall meine Visitenkarte hinterlassen. Heute kennen mich viele, kommen immer wieder und bestellen Dekorationen”, sagt Wimmer. Seit ein paar Monaten hat sie ihr eigenes Geschäftslokal im 16. Bezirk, das nun attraktiv gestaltet wird. Das ganze Material in ihrer Wohnung lagern muss sie dann nicht mehr. Mit dem Geschäft kommt allerdings auch mehr Umsatz - dadurch könnte sie ihren Kleinunternehmer-Status verlieren. „Wenn die 35.000 Euro-Grenze mit der Inflation laufend angehoben werden würde, würde mir das helfen”, sagt Wimmer.

Mehr Spielraum für Betriebe

Für deutlich mehr steuerlichen Spielraum spricht sich auch Unternehmerin Doris Wirth aus. Sie ist Geschäftsführerin des 20-Mitarbeiter-Betriebs Bluesave Consulting das auf nachhaltiges Bauen und Sanieren spezialisiert ist. Ihr Unternehmen begleitet beispielsweise Bauträger am Weg zu Nachhaltigkeitszertifikaten, erstellt Energieausweise und ist auch bei Großprojekten im Ausland ein gefragter Partner. „Wir helfen, bei Gebäuden Nachhaltigkeitsstandards zu erreichen”, sagt Wirth, die ihr Unternehmen vor 25 Jahren gegründet und rasch aufgebaut hat. Wie wichtig Mitarbeiter für den Erfolg der Unter­nehmen sind, weiß sie genau. „Mitarbeiter muss man hegen und pflegen, damit sie bleiben. Denn gute, verlässliche und innovative Fachkräfte sind schwer zu bekommen”, sagt die Unternehmerin, die auch Lehrlinge ausbildet, als TOP-Lehrbetrieb gelistet ist und Frauen in technischen Berufen fördert. Um ihrem Personal mehr „Benefits” bieten zu können, wünscht sie sich mehr steuerliche Flexibilität, denn derzeit seien die Möglichkeiten stark limitiert. Für ihre Mitarbeiter kaufe sie bereits Klimatickets und Mittagessen, aber sie würde angesichts der Teuerung gerne mehr für sie tun. „Hier braucht es mehr Freiheiten für Unternehmen, neue, innovative Lösungen”, sagt Wirth. Ein baldiges Aus für die kalte Progression würde sie begrüßen: „Die Steuerstufen zu verändern, wäre gut. Dann bleibt den Mitarbeitern und auch uns Unternehmern wieder mehr von der Arbeit übrig. Ich wünsche mir eine Wertanpassung”, so Wirth. Auch den Vorschlag der Valorisierung der Fixwerte könne sie „zu 100 Prozent unterschreiben”.

Vorschläge
© wkw

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