Was tun gegen hohe Energiekosten?
Die enormen Energiekosten stellen die Wiener Betriebe vor gewaltige Herausforderungen. Einsparen ist das Gebot der Stunde - der Spielraum aber meist begrenzt.

Energie zu Sparen ist für viele Betriebe nicht erst seit den explodierenden Energiepreisen Gebot der Stunde. „Wir betreiben in Wien ein Rechenzentrum auf über 14.000 Quadratmetern mit rund 7500 Serverschränken - wir waren sozusagen schon immer gezwungen, so effizient wie nur möglich zu sein”, schildert Martin Madlo, Managing Director von Interxion Österreich. Die aktuelle Situation verschärft das ganze allerdings - um ein Vielfaches: „Die derzeitigen Stromkosten sind enorm - und das obwohl wir bei allen Technologien am neuesten Stand sind. Von den Kältestrukturen und den Temperaturen im Data-Center über die Nutzung einer Photovoltaik-Anlage für die Stromversorgung unseres Büro”, erzählt Madlo vom rapiden Strompreisanstieg, mit dem der Betrieb zu kämpfen hat. Kurzfristig sieht Madlo nur wenig Spielraum: „Als einzelnes Unternehmen kann man nur seine Einkaufsstrategie optimieren und versuchen sich bestmöglich der schwierigen Situation gegenüberzustellen - alles andere sind Themen, die auf europäischer Ebene geklärt werden müssen”, erklärt Madlo, der ein eigenes Team im Betrieb eingerichtet hat, das den Stromeinkauf des Unternehmens steuert. Auf langfristiger Ebene ist das Unternehmen bereits dabei, Strom über Photovoltaikanlagen zu gewinnen. „Das ist natürlich auch ein wichtiger Punkt beim Bau unseres zweiten Standorts in Wien im 21. Bezirk.”
„Die Kostenschere geht immer weiter auseinander.”
Heizen mittels Serverabwärme
Einen Meilenstein in Richtung Energieeffizienz hat das Wiener Unternehmen auch mit der Nutzung der Abwärme, die durch die zahlreichen Server entsteht, geschafft. „Unsere Büros haben wir schon immer mit der Abwärme geheizt. Im Zuge einer Kooperation kann man die Nutzung der Abwärme nun noch ausweiten”, erzählt Madlo. Konkret sollen durch die Abwärme der Interxion-Server künftig 70 Prozent des Heizungsbedarfs der Klinik Floridsdorf abgedeckt werden. „Durch solche Kooperationen eröffnen sich viele neue Möglichkeiten”, erklärt Madlo und sieht darin auch einen Ausweg aus der Energiekrise. „Ich glaube, damit wir die Energiewende schaffen können, braucht es noch viele solcher Kooperationen.”
Galvanik-Betrieb profitiert derzeit noch von Langfrist-Verträgen
Die explodierenden Energiekosten machen auch Peter Reinthaler, Geschäftsführer des Erdberger Metalltechnik-Betriebs Wittka Galvanisierungen GmbH., Kopfzerbrechen. „Wir brauchen enorm viel Strom und Gas”, sagt er. Der 1928 gegründete Familienbetrieb mit 35 Mitarbeitern, den Reinthaler mit seinem Bruder Martin führt, ist auf die Veredelung metallischer Oberflächen durch Galvanisieren und Lackieren spezialisiert. Ohne Strom geht dabei gar nichts - Galvanisieren ist ein elektrolytisches Verfahren und Strom dafür sozusagen eine Grundzutat. Auch Gas benötigt das Unternehmen, unter anderem für die Heizung des Betriebs. Insgesamt wird pro Jahr fast eine Gigawattstunde an Energie verbraucht - das sind eine Million Kilowattstunden und so viel Strom, wie rund 340 durchschnittliche Haushalte im Jahr verbrauchen. Noch, so sagt Reinthaler, habe sein Betrieb eine Galgenfrist. „Wir profitieren von unseren langfristigen Energielieferverträgen, die sowohl für Gas als auch für Strom bis 2024 laufen.” Von exorbitanten Preiserhöhungen blieb das Unternehmen bisher deshalb verschont. Trotzdem wird vorgebaut. „Eine Photovoltaik-Anlage hatten wir schon länger im Visier. Die jetzige Situation war ausschlaggebend, dass wir sie jetzt realisieren”, sagt der Firmenchef. Noch heuer soll die Anlage in Betrieb gehen, freut er sich. „Im Oktober kommen die Zellen aufs Dach.” Rund 100.000 Kilowattstunden soll die PV-Anlage dann jährlich liefern, „immerhin zehn Prozent unseres Energiebedarfs”, so Reinthaler. Ebenfalls noch dieses Jahr werden in den Produktionshallen Lichtsensoren montiert, die die Beleuchtung je nach Lichtverhältnissen automatisch aus- und einschalten. Denn manchmal, sagt Reinthaler, werde nämlich schon vergessen, das Licht auszuschalten, „auch wenn es taghell ist”. Auch bei der Heizung suche man nach alternativen Lösungen zu Gas und Strom. „Das ist aber schwierig, weil wir für die Produktion in manchen Betriebsbereichen höhere Temperaturen benötigen. Mit Alternativen wie Luftwärmepumpen kommen wir da nicht hin.” Dass sich die Energiekrise bald in Luft auflöst, erwartet Reinthaler nicht, im Gegenteil. Für das nächste Jahr plane man bereits Umsatz und Gewinnrückgänge ein. „Die ganze Branche fürchtet sich vor 2023. Es werden aber die nächsten drei, vier Jahre katastrophal werden”, glaubt er. „Unser Ziel ist, diese Phase halbwegs stabil zu überstehen.”
Kosten galoppieren den Betrieben davon
„Bei uns war das Geschäft bisher sehr gut – seit Juni läuft es bei uns wieder richtig gut, obwohl große Herkunftsmärkte noch fehlen”, zieht Roman Mayrhofer, Geschäftsführer des Hotel Wilhelmshof im zweiten Bezirk Bilanz. Weniger gut seien dagegen die galoppierenden Kosten, weiß der Hotelchef. „Die Energie ist Haupttreiber der steigenden Preise und die treffen uns in allen Bereichen. Von den Waren für das Frühstück über die Wäscherei - diese Kostenschere geht jetzt sehr weit auseinander”, erklärt Mayrhofer, der das Hotel gemeinsam mit seinem Bruder führt und schon früh begonnen hat, es so energieeffizient und nachhaltig wie möglich aufzusetzen.
Sparen, wo man nur kann lautet die aktuelle Devise
„Wir waren in Wien schon immer im Spitzenfeld, was Energieeffizienz, Dämmung und Verbrauch angeht. Das hilft uns jetzt natürlich enorm. Durch die Umstellung auf Grundwasserwärmepumpen konnten wir beispielsweise 75 bis 80 Prozent unserer Energiekosten einsparen”, erklärt er. In der aktuellen Situation seien aber selbst 25 Prozent noch zu viel. „Im letzten Jahr hatten wir Stromkosten von rund 50.000 Euro, heuer kratzen wir an der 200.000 Euro-Marke”, schildert Mayrhofer, der aktuell 102 Zimmer und 196 Betten in seinem Vier-Sterne-Haus zählt. Die Devise im Hotel Wilhelmshof heißt deshalb: Energie sparen, wo man nur kann. „Man muss sich noch viel detaillierter damit auseinandersetzen und jedes einzelne Küchengerät hinterfragen - von wann bis wann es laufen muss und ob es sich überhaupt auszahlt, es zu verwenden”, erklärt er. Nicht belegte Zimmer werden außerdem nicht mehr beheizt und auch das Thermostat in den allgemeinen Räumen wurde bereits hinuntergeschraubt.
Gäste haben Verständnis
Dass die Gäste sich an diesen Maßnahmen stören könnten, bezweifelt der Hoteldirektor: „Die Gäste haben eine hohe Bereitschaft, solche Dinge und auch Einschränkungen in Kauf zu nehmen - das haben uns auch die letzten drei Corona-Jahre bewiesen.” Fataler seien dagegen die Preise, die früher oder später auch bei den Gästen ankommen werden. „Irgendwann müssen wir die Preise weiter erhöhen und wir werden sehen, was das mit der Nachfrage macht. Das kann leider keiner vorhersehen”, erklärt Mayrhofer.
Förderungen wichtiger als Geldspritze
Förderungen wie der soeben finalisierte Energiekostenzuschuss für Unternehmen seien wichtig, um das Überleben vieler Unternehmen zu sichern. Mindestens so wichtig findet Mayrhofer allerdings, dass „Förderungen rund um erneuerbare Energie ausgebaut werden und die Energiewende jetzt vorangetrieben wird, statt nur kurzfristig Löcher zu stopfen.”