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Schätze im Schutt

Beim Urban Mining geht es um Wiederverwendung und Verwertung von Rohstoffen, die beim Rückbau von Gebäuden frei werden. Großstädte wie Wien bieten dafür einiges an Potenzial.

Kran
© Mike Fouque Fine art/Shutterstock

Über dem Wiener Franz-Josefs-Bahnhof entsteht gerade ein neues Stadtteilzentrum: das Althan Quartier. Bevor es ans Errichten neuer Gebäude ging, mussten die alten weg. Statt mit der Abrissbirne ans Werk zu gehen, wurden alle Komponenten sorgfältig demontiert, die Materialien sortenrein getrennt und für die Wiederverwendung und - verwertung aufbereitet. Federführend dabei: Die Urban Mining Consulting GmbH. Das Unternehmen ist auf Revitalisierung, Rückbau und Abbruch von Gebäuden spezialisiert - mit dem Ziel, die dabei gewonnenen Alt- und Wertstoffe einer weitgehenden Weiternutzung zuzuführen. „Dabei geht Wiederverwendung vor Wiederverwertung vor Entsorgung”, betont Martin Taborsky, Mitgründer und Geschäftsführer von Urban Mining Consulting (UMC). 25 qualifizierte Mitarbeiter entwickeln dafür laufend neue Techniken, gemeinsam mit einem breiten Partner-Netzwerk.

„Wiederverwendung vor Wiederverwertung vor Entsorgung.”
Martin Taborsky

Ein Beispiel: Für das Projekt Althan Quartier hat UMC eine große Menge Verbundplatten aus Holz, Alu und Kunststoff mit dem Hersteller für eine neuerliche Verwendung aufbereitet. Bisher, so Taborsky, seien solche Platten meist deponiert worden. „Auch die gesamte, im Altbau vorhandene Elektro- und Heizungstechnik wurde fachgerecht geräumt und zu 90 Prozent einer Wiederverwendung und -verwertung zugeführt”, sagt er.

Urban Mining ist mehr als Recycling

Wie mit Baurestmassen umzugehen ist, ist in Österreich in Gesetzen und Verordnungen festgelegt. Meist beziehen sich die Vorschriften aber auf das Recycling von Abfällen. Urban Mining setzt bereits davor an. „Das Konzept umfasst die systematische Erfassung und Rückgewinnung von Rohstoffen, die in Gebäuden und anderen langlebigen Gütern gebunden sind. Ziel ist, sie möglichst lang im Kreislauf zu halten”, erklärt Johannes Lutter von Urban Innovation Vienna, der Wiener Agentur für nachhaltige und innovative Stadtentwicklung. „Aus der Perspektive des Urban Mining existieren keine Abfälle im Sinne eines unerwünschten Restprodukts, das es zu entsorgen gilt. Der Bestand wird als anthropogenes - also vom Menschen geschaffenes – Lager oder ‚urbane Mine’ an Materialien betrachtet, das zu erschließen eine Chance darstellt.” Möglichst früh, idealerweise lange bevor die Materialien als „Abfall” anfallen, werden künftige Stoffströme prognostiziert und daraus die bestmöglichen Verwertungswege abgeleitet. Wien hat Urban Mining bereits in seine Smart City-Strategie integriert, wie auch das Beispiel Althan Quartier zeigt. Die Stadt will laut Lutter ihren Material-Fußabdruck bis 2050 halbieren. Ins Kalkül gezogen werden dabei alle für langlebige Güter eingesetzten Materialien - nicht nur Bauprojekte. Dieser Schritt sei notwendig, weil viele Rohstoffe nur begrenzt verfügbar und mit ihrer Nutzung Umwelteinwirkungen verbunden sind, so Lutter. „Es zeigt sich mehr und mehr, dass unser ressourcen- und energieintensives Wirtschaftssystem, das auf einer linearen Abfolge von Entnehmen, Produzieren, Verwenden und Entsorgen von Rohstoffen basiert, an seine Grenzen stößt.” Daher sei der Wandel zu einem zirkulären System notwendig, bei dem Stoffe unter größtmöglicher Erhaltung ihrer Wertigkeit im Kreislauf geführt werden Altmetalle sind seit jeher eine begehrte Rohstoffquelle. Auch hier greift der Gedanke des Urban Mining immer mehr. Statt Alteisen aus Schuttbergen zu klauben, geht es heute um geordneten Rückbau, sagt Peter Heinrich, Geschäftsführer von Altmetalle Kranner, eines Wiener Familienbetriebs mit 70-jähriger Geschichte. „Die Materialien werden heute vor dem Abriss entnommen. Damit sind sie sauberer, die Qualität besser und es bringt mehr Geld.” Somit lohne sich auch das Mehr an Planung beim geordneten Rückbau. Das mit Abstand wichtigste Altmetall ist laut Heinrich Eisen und Stahl, gefolgt von Aluminium und Kupfer. Andere Metalle wie Zink, Blei oder Nickel spielen nur eine marginale Rolle.

Deutliche Ressourcenschonung

Aus ökologischer Sicht spricht jedenfalls alles für den Einsatz von Altmetallen im Produktionsprozess, betont Heinrich und verweist auf Fakten des Europäischen Recycling-Dachverbands Euric. Demgemäß verringert der Einsatz von Stahlschrott in der Stahlproduktion die CO2-Emissionen um fast 60 Prozent und spart gut 70 Prozent an Energie. Auch Luft- und Wasserverschmutzung sowie der Wasserverbrauch sind beim Einsatz von Stahlschrott signifikant geringer als bei der Produktion von Rohstahl aus Eisenerz. 2017 wurde immerhin schon gut ein Drittel des weltweit erzeugten Rohstahls aus Sekundärrohstoffen hergestellt.

Auch wirtschaftlich ein Gewinn

Urban Mining ist durchaus auch wirtschaftlich lohnend, wie UMC-Gründer Taborsky am Beispiel Kabelrecycling erklärt. „Wir verwenden nicht nur das Kupfer der Drähte, sondern auch das Plastik der Ummantelung. Das war bisher meist Abfall, der deponiert oder thermisch verwertet wurde. Wir erzeugen daraus Platten für verschiedene Zwecke. Die Erlöse übersteigen den Aufbereitungsaufwand bei weitem.” Voraussetzung auch hier: Die sortenreine Demontage. Taborsky hält es für wichtig, den Gedanken des Urban Mining stärker im gesetzlichen Rahmen zu verankern. „Solange es wirtschaftlicher ist, etwas zu deponieren als daraus Sekundärrohstoffe zu gewinnen, wird es auch gemacht werden.”

Pilotprojekt „Digitaler Gebäudepass”

Momentan wird vor der Demontage noch geschätzt, welche Wertstoffe ein Gebäude enthält - mit allen Unschärfen und Unsicherheiten. „Ein digitaler Gebäudepass, wo die im Bauwerk enthaltenen Wertstoffe verzeichnet sind, könnte das entscheidend erleichtern”, sagt Heinrich. Die Planbarkeit sowohl der Abbrucharbeiten als auch der Verwertungs- und Wiedereinsatzmöglichkeiten der Sekundärrohstoffe würde damit deutlich gesteigert. An der Technischen Universität (TU) Wien läuft dazu das Forschungsprojekt BIMstocks -„die Entwicklung einer digitalen Plattform, die den Gebäudebestand in Wien visualisiert, Menge und Art der Materialen in Bestandsgebäuden identifiziert und zukünftige Materialflüsse prognostiziert”, erklärt Iva Kovacic, TU-Professorin und Leiterin des Forschungsbereichs Integrale Planung und Industriebau. Alle Stakeholder erhalten über diese Urban Mining-Plattform Informationen zu künftig verfügbaren Materialen, zur Schadstoff-Prognose und zur Bewertung der Szenarien für Wiederverwendung und Recycling. „Städte und Gemeinden können künftige Materialflüsse prognostizieren und den Wert vom Materialbestand berechnen”, sagt Kovacic. Vorerst wurde das digitale Rahmenwerk geschaffen, die Entwicklung des Produkts soll nun folgen. Die Expertin sieht signifikantes Potenzial für Urban Mining und plädiert für einen überregionalen digitalen Urban Mining-Kataster: „Wenn es künftig ausschließlich Rückbau statt klassischen Abbruch gibt, können 80 Prozent vom Gebäudevolumen wiederverwertet werden.“

meinung
© wkw


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