Das Wiener Unternehmen Cubicure stellt 3D-Drucker und dazu passende Kunststoffe für den industriellen Einsatz her. Im Bild: Geschäftsführer Robert Gemeiner (l.) mit einem Mitarbeiter.
© Otmar Winterleitner/Cubicure

Innovation auf Partnersuche

Die Wirtschaftskammer Wien stellt mit der Innovationsbörse eine neue Plattform zur Verfügung, um Unternehmen und Erfinder besser zusammenzubringen. In Wien gibt es dafür jede Menge ungenütztes Potenzial.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Mit seinen 3D-Druckern für die Industrie hat sich das Wiener Unternehmen Cubicure binnen weniger Jahre international einen Namen gemacht. „Wir entwickeln Technologien für den industriellen, stereolithografischen 3D-Druck und sind nicht nur Maschinenhersteller und Prozessentwickler, sondern auch Kunststoffhersteller”, erklärt Geschäftsführer Robert Gmeiner, der Cubicure 2015 mitgegründet hat. „Wir haben erkannt, wie man die dafür notwendigen Prozesse industrialisieren kann”, erklärt er. „Dadurch wurden diese Prozesse produktionsrelevant, etwa für die Herstellung von patientenspezifischen Medizinprodukten in großen Stückzahlen, von denen jedes ein Unikat ist.” Heute hat das Unternehmen mehr als 60 Mitarbeiter, Kunden in Europa, Nordamerika und Asien und reiht sich in seinem Technologiesegment unter die Top 3 der Welt. Seit kurzem präsentiert sich Cubicure als Innovationsunterstützer in der Innovationsbörse der Wirtschaftskammer Wien.

„Bei Innovationen ist entscheidend, dass man sie wirtschaftlich umsetzt.”

Diese neue Plattform vernetzt innovationshungrige Unternehmen mit Erfindern am Standort Wien - sozusagen ein „Tinder” für Erfinder und Betriebe. Mehr als 100 Wiener Innovationsunterstützer und Innovationsanbieter haben sich in der Innovationsbörse bereits registriert. „Innovation ist nie zu Ende. Maschinen werden leistungsfähiger und prozesssicherer, wir wollen zudem immer besser performende Kunststoffe auf den Markt bringen”, erklärt Gmeiner. Auch Künstliche Intelligenz (KI) sei ein Entwicklungsthema für die Branche. „Es gibt noch viele Details herauszuarbeiten, und daher lohnt es sich, hier genau hinzuschauen”, sagt Gmeiner. „In Mitteleuropa unterschätzen wir unser Innovationspotenzial. Es herrscht die Grundstimmung vor, dass wirkliche Innovationen nur aus den USA kommen. Speziell in Österreich hinken wir bei der Risikofreudigkeit hinterher, neue Technologien einzusetzen und geschäftlich weiterzuentwickeln”, so der Unternehmer, der schon früh technische Innovationen nicht nur hervorbringen, sondern auch wirtschaftlich in Umsetzung bringen wollte. „Wir sind offen für Innovatoren”, so Gmeiner.

So echt wie ein Foto

Auch Andrea Burgstaller bietet ihr Unternehmen immoviz.art auf der Innovationsbörse der WK Wien als Innovationsunterstützerin an. „Es ist eine interessante Plattform, auf der man auftreten soll. Ich bin gespannt, in welche Richtung es hier gehen wird und welches Potenzial drinnen steckt”, sagt die Ein-Personen-Unternehmerin, die immoviz.art vor einem Jahr gegründet hat und auf die 3D-Visualisierung von Gebäuden und Wohnräumen spezialisiert ist. „Ursprünglich habe ich mich für Home Staging interessiert, aber ständig Möbel von Wohnung zu Wohnung transportieren, wollte ich nicht. Ich dachte mir, das muss auch digital gehen”, sagt Burgstaller. Heute erzeugt sie fotorealistische Visualisierungen (siehe rechts) für Immobilienmakler, Bauträger, Projektentwickler und private Hausbauer. Sie liebt die persönliche Interaktion mit Kunden, bei der durch die Visualisierung von Plänen ein Projekt lebendig wird und Verbesserungspotenziale leichter sichtbar werden. In Künstlicher Intelligenz sieht Burgstaller nun eine technologische Entwicklungsoption, die sich über die Innovationsbörse vielleicht ergeben könnte. „KI arbeitet in meinem Bereich momentan noch sehr textbasiert. Man muss also sehr genau ausformulieren, was man will, damit die KI weiß, was sie zu tun hat”, erklärt Burgstaller. „Die KI müsste weg von textbasierten Eingaben hin zu Bildern. Hier eine Kooperation einzugehen, wäre durchaus interessant”, sagt die Unternehmerin.

Erfinderreichtum ohne Grenzen

Einer der Kooperationspartner der Innovationsbörse ist der Österreichische Innovatoren-, Patentinhaber- und Erfinder-Verband (OPEV), der rund 200 Mitglieder zählt. „Wir nützen die Plattform, um unsere Mitglieder dort zu platzieren. So können andere auf ihre Ideen zugreifen. Das erleichtert die Kooperation und ist eine Win-win-Situation für alle”, sagt OPEV-Präsident Walter Wagner. Gerade bei Produktion, Vertrieb und Finanzierung würden viele Erfinder einen Partner suchen. „Viele gute Ideen scheitern an Kleinigkeiten oder der Finanzierung. Eine Kooperation kann das verhindern”, so Wagner. Auch Walter Nossek sucht über die Innovationsbörse Partner für seine Erfindung. Der Techniker und Geschäftsführer der APA-Die-Bessermacher GmbH hat ein „Paternoster-Beet” kreiert: Eine Bepflanzungsanlage mit vertikal angeordneten Beeten, die dank eines Rundum-Kettenzugs höhenverstellbar sind. Somit können die Beete für das Bepflanzen, Gießen und Pflegen immer in die gewünschte Höhe bewegt werden - je nach Größe der Anlage einfach per Hand oder mit Motor. Nossek sieht für seine Innovation viel Potenzial, vor allem in der Stadt, wo mehr Grün wichtig ist, um die Lebensqualität zu erhöhen und das Mikroklima zu verbessern. „Die Paternoster-Beete können in- und outdoor eingesetzt werden, als Fassadenbegrünung, Raumteiler, lebender Zaun oder für Urban Gardening am Balkon”, so Nossek. Alleine in Wien, betont er, gibt es rund 13.000 Hektar an Fassadenfläche - das bietet viel Platz für seine vertikalen Paternoster-Beete. Ein Prototyp ist bereits erfolgreich im Einsatz. Jetzt sucht Nossek über die Innovationsbörse einen heimischen Betrieb für die weitere Optimierung und Serienfertigung des Produkts, „einen Partner, der unsere Ideen weitertreibt, umsetzt und damit auch Geld verdient”, sagt er. Für ihn selbst steht der ökosoziale Mehrwert seiner Ideen im Vordergrund. „Ich bin ein Kreislaufdenker, ein wirtschaftsorientierter Philanthrop, der das Richtige tun will.”

Innovationen gut schützen

Um aus Erfindungen auch wirtschaftlichen Erfolg zu ziehen, sollten diese vor Nachahmern geschützt werden. Die WK Wien bietet Wiener Unternehmern dazu regelmäßig einen Patentsprechtag mit einem Experten an. „Dieser entwirft aus einer Vielzahl von möglichen Strategien eine Vorgehensweise, die auf die Bedürfnisse des Mandanten maßgeschneidert ist”, erklärt Patentanwalt Thomas Neubauer, der regelmäßig beim Patentsprechtag der WK Wien im Einsatz ist. Im Wesentlichen gehe es darum, für die Erfindung den größtmöglichen Schutzbereich zu erzielen. „Ideal wäre es, sich bereits zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Erfindung erstmals als solche erkennbar ist, Hilfe zur Seite zu holen”, sagt Neubauer. Denn neben der Monopolwirkung stelle ein Patent auch einen Vermögenswert dar.

Wiener Forschung mit Top-Ergebnissen

Beim Europäischen Patentamt in München hat man mit Patentanmeldungen aus Wien laufend zu tun. Seit Jahren führt Wien hier das österreichische Bundesländer-Ranking an. Im Jahr 2022 stammten 612 von 2388 österreichischen Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt aus der Bundeshauptstadt - also mehr als ein Viertel. Die Zahl der österreichischen Patentanmeldungen in München steigt kontinuierlich. 2022 erreichten sie ein Allzeit-Hoch. Der Forschungsstandort Wien hat noch mehr beeindruckende Zahlen zu bieten: Mehr als 50.000 Menschen arbeiten in Wien in der Forschung und Entwicklung, mehr als 1700 Forschungsstätten gibt es - die meisten davon in Unternehmen. Tendenz stark steigend, denn immer mehr Klein- und Mittelbetriebe sind in der Forschung aktiv. Auch bei den Forschungsausgaben ist Wien top: 31 Prozent der heimischen Forschungsgelder kommen von Wiener Einrichtungen - das ist deutlich über dem Durchschnitt, was auch an den vielen Hochschulen liegt. Mehr als die Hälfte der Wiener Forschungsausgaben leisten Unternehmen. Die großen Summen stemmen wenige Großunternehmen, die hohe Zahl an Forschungsstätten kommt aber von den Kleinen: Jedes zweite forschende Unternehmen in Wien hat weniger als zehn Mitarbeiter.

Zu wenig Frauen in der Forschung

Deutlichen Aufholbedarf gibt es jedoch in der Geschlechterverteilung. In Österreich sind nur 24 Prozent der in der Forschung Beschäftigten Frauen - in Wien sind es immerhin 34 Prozent, dank der vielen Hochschulen. Im europäischen Vergleich gehört Österreich hier mit großem Abstand zu den Nachzüglern. Das zeigt sich auch deutlich bei den Patentanmeldungen: Laut einer Studie des Europäischen Patentamts kommen nur acht Prozent der österreichischen Patente von Frauen. Das ist der letzte Platz unter 38 verglichenen Staaten. Beobachtet wurde der Zeitraum von 1990 bis 2019. Führend ist in diesem Vergleich Lettland mit mehr als 30 Prozent Frauenanteil. In Wien waren es knapp 15 Prozent - der höchste Wert im österreichischen Bundesländervergleich. Auch bei Start-up-Gründungen liegt der Frauenanteil in Österreich lediglich bei 19 Prozent, so der jüngste Austrian Start-up Monitor. Auf den ersten Blick gut sieht die Prognose der Statistik Austria zu den österreichischen Forschungsausgaben im heurigen Jahr aus: Sie dürften um acht Prozent auf 15,5 Milliarden Euro ansteigen. Wegen der hohen Inflation bleibt die Forschungsquote - der Anteil der Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) - aber unverändert bei 3,22 Prozent. Wien liegt hier besser. „Wien ist die Forschungshauptstadt Österreichs. Wichtig ist jedoch, Innovationen in wirtschaftliche Umsetzung zu bringen”, sagt WK Wien-Präsident Walter Ruck. Vernetzung wie durch die Innovationsbörse der WK Wien und Zugang zu Finanzierungen seien entscheidend.

Quelle: Stadt Wien „Wien in Zahlen - Forschung & Entwicklung 2022“; Europäisches Patentamt; Austrian Start-up Monitor 2022
© Quelle: Stadt Wien „Wien in Zahlen - Forschung & Entwicklung 2022“; Europäisches Patentamt; Austrian Start-up Monitor 2022