Freihandschmieden: Wiener betreibt traditionelles Handwerk, das jetzt UNESCO-Weltkulturerbe ist
Freihandschmieden neu im Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes Österreichs – Wiener Schmiedemeister einer der letzten Handwerker seiner Zunft in der Bundeshauptstadt

„Um das traditionelle Schmiedehandwerk in Österreich zu sichern, hat die Wirtschaftskammer einen Antrag zur Aufnahme des Freihandschmiedens in die Liste ,Immaterielles Kulturerbe‘ an die UNESCO gestellt. Nun wurde seitens der UNESCO die Aufnahme erfreulicherweise bestätigt“, sagt Georg Senft, Innungsmeister der Landesinnung der Metalltechniker der Wirtschaftskammer Wien.
„Die kulturelle Bedeutung des Schmiedehandwerks ist groß, wir wollen dem traditionellen Handwerk wieder mehr Wertschätzung entgegenbringen“
Wiener Schmiedemeister als einer der letzten Freihandschmiede
Schmiedemeister Michael Truchlar ist einer der letzten Wiener, der das Handwerk des Freihandschmiedens in seinem Betrieb noch ausübt. „Beim Freihandschmieden wird mit den vier Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde gearbeitet. Heute wie damals werden Schmiedeeisen und Stahl in glühendem Zustand durch Schlagen oder Drücken in freier Handarbeit bearbeitet. Durch unterschiedliche Schmiedeverfahren und unter Einsatz von Stöckel und Hämmer werden in jahrhundertalter Technik die Materialien geformt“, so Senft. Seit über 38 Jahren wird die Schlosserei Truchlar als Familienbetrieb geführt. Werner Truchlar gründete die Schlosserei Truchlar 1983 nach Erhalt seines Meisterbriefes in Grinzing. Zu seinen Arbeiten zählten die "klassischen" Schlosserarbeiten - vorwiegend für die Gemeinde Wien. Doch aus Platzmangel übersiedelte der Betrieb 1986 an den heutigen Standort Wagramer Straße 46 b im 22. Wiener Gemeindebezirk. Hauptaufgabenbereich der Schlosserei sind Kunstschmiedearbeiten wie Fenstergitter, Zäune und Einfriedungen, Schiebetore, Geländer, Stiegen aber auch Schmiedearbeiten wie Kerzenständer und Kleinteile. Vieles davon wird noch in der Kunst des Freihandschmiedens hergestellt.
Gelebte Handwerkstradition
Senft: „Eine klassische Schmiedewerkstatt weist dabei nach wie vor große Ähnlichkeiten auf mit solchen, die bereits vor hunderten Jahren existierten.“ Vorzufinden sind eine Schmiedeesse bzw. ein Ofen mit Feuerschüssel, wo das Schmiedeeisen zum Glühen gebracht wird, sowie Werkzeuge wie Hand- und Setzhämmer, welche als Vorschlaghämmer das Werkstück formen. Das Wissen umfasst neben der Anfertigung von Objekten auch die Reparatur und Instandhaltung dieser. „Dadurch leisten Schmiede auch einen wichtigen Beitrag gegen die Wegwerfgesellschaft“, so der Innungsmeister. Viele stellen zudem ihre benötigten Werkzeuge und Schablonen oft selbst in ihren Werkstätten her.
Kulturgut Schmiedehandwerk bewahren
„Die kulturelle Bedeutung des Schmiedehandwerks ist groß, wir wollen dem traditionellen Handwerk wieder mehr Wertschätzung entgegenbringen“, so Senft. In Wien bestehen aktuell rund 40 Schmiedebetriebe, davon sind es etwa fünf, die das Handwerk des Freihandschmiedens tatsächlich noch praktizieren.
Lehrlinge lernen Schmieden
Um das traditionelle Handwerk des Schmiedens ins Rampenlicht zu rücken, will die Branche der Metalltechniker künftig verstärkt die Werbetrommel schlagen. Aktuell freut man sich in Wien über 310 Metalltechnik-Lehrlinge. Die traditionellen Techniken des Bearbeitens und Härtens der Werkstücke erfordern langjähriges Erfahrungswissen. Dies wird im Lehrberuf, aber vor allem durch erfahrene Meister an die Lehrlinge weitergegeben. Ist die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt worden, schlägt der junge Schmiedemeister einen selbstgemachten Nagel als "Visitenkarte" in einen alten Eichenstamm, der bereits von vielen vorangegangenen Generationen mit Nägeln bestückt wurde. Zudem hat jeder Schmid ein eigenes Punze-Zeichen, welches abschließend in jedes Werkstück eingeschlagen wird. Zur weiteren Attraktivierung will man in Zukunft auch Auslandspraktika in den Nachbarländern Schweiz, Deutschland und Dänemark anbieten.