Arbeiter und Angestellte: Intelligente Lösungen statt Schnellschüsse
Christoph Jenny, Dir.-Stv. der Wirtschaftskammer Vorarlberg: „Kostenrucksack für Betriebe muss leichter, nicht schwerer werden.“

„Unabhängig davon, dass es befremdlich ist, drei Tage vor der Wahl Beschlussfassungen im Parlament mit fundamentalen Auswirkungen anzudenken, ist die geplante Angleichung zwischen Arbeitern und Angestellten eine kopflose Hauruck-Aktion“, kritisiert der stellvertretende Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Dr. Christoph Jenny, die parlamentarische Vorgehensweise in Wien.
Angleichung ja, aber mit Vereinfachungen
Eine mittelfristige Angleichung mit dem Ziel, Arbeiter und Angestellte zu einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff zusammenzuführen, ist für Jenny ein durchaus überlegenswerter Ansatz. Aber weiterhin in den Betrieben zwischen Arbeitern und Angestellten unterscheiden zu müssen, obwohl für beide Gruppen künftig die gleichen gesetzlichen Bestimmungen gelten sollen, würde für die Wirtschaft gravierende Mehrkosten bedeuten, ohne dass daraus für die Unternehmen irgendein Vorteil zu erwarten wäre. „Es wäre unsinnig, gleiche Rahmenbedingungen für Arbeiter und Angestellte zu schaffen, diese aber in unterschiedlichen Gesetzen zu regeln.“
Intelligente Lösungen
Es braucht daher wohlüberlegte und intelligente Lösungen, die auch die Interessen der Wirtschaft berücksichtigen. Durch eine Zusammenführung von Arbeitern und Angestellten in einen gemeinsamen Arbeitnehmerbegriff könnten nicht nur zahlreiche gesetzliche Bestimmungen gestrichen werden, künftig könnte in den einzelnen Branchen auch für alle Arbeitnehmer mit nur einem Kollektivvertrag das Auslangen gefunden werden. „Dieser Ansatz ist zwar anspruchsvoller und braucht sicher etwas mehr Zeit, brächte aber den von der Politik immer wieder versprochenen Bürokratieabbau“, betont Christoph Jenny.
Auch Industriespartenobmann DI Georg Comploj sieht das so: „Grundsätzlich ist eine Angleichung sinnvoll, aber bitte nicht auf diese schnelle und unüberlegte Art und Weise. Etwa die Kündigungszeiten einfach für alle gleichzustellen, wäre kontraproduktiv und würde Arbeitsplätze vernichten statt schaffen.“
Das Regelwerk sei über Jahrzehnte sozialpartnerschaftlich gewachsen und nicht mit einem Federstrich einfach änderbar. Auch Sigi Menz, Obmann der Bundessparte Industrie der WKÖ, begrüßt grundsätzlich Harmonisierungsüberlegungen, „doch so ruckzuck und unüberlegt wie nun, wären sie fatal. Es bliebe nicht einmal Zeit für die Folgen und deren Wirkungen abzuschätzen, eigentlich ein Muss bei jedem neuen Gesetz".
„Es gibt kaum einen Betrieb in der Industrie, der nicht betroffen wäre“, erklärt Menz, der insbesondere auf Branchen wie die Bauindustrie, die Holzindustrie oder den Bereich Textil-Bekleidung-Schuh-Leder verwies, in denen die Angleichung zu massiven Mehrkosten führen würde. Der Kündigungsschutz etwa verlängerte sich teils enorm, die Entgeltfortzahlung stiege.
„Eine bloße Nivellierung in allen Bereichen zwischen Arbeitern und Angestellten nach oben, ist da sicher keine intelligente Lösung. Zu massiv wären die daraus folgenden Mehrkosten für die Unternehmen.“
„Es kann nicht sein, dass bei einer Angleichung jeweils die vermeintlich bessere Gesetzeslösung gilt. Über Jahrzehnte gewachsene Regelwerke sind nicht einfach mir nichts, dir nichts mit einem Federstrich änderbar.“
„Eine Harmonisierung ist durchaus zu begrüßen, doch so ruckzuck und unüberlegt wie nun, wäre sie fatal. Es bliebe nicht einmal Zeit für eine Wirkungsfolgenabschätzung, eigentlich ein Muss bei jedem neuen Gesetz.“