„Von einem Konjunktureinbruch oder gar einer Rezession kann keine Rede sein“, so WKO Präsident Josef Herk und WKO Direktor Karl-Heinz Dernoscheg bei der Präsentation des Wirtschaftsbarometers.
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Wirtschaftsbarometer: Stabile Entwicklung bei steigender Unsicherheit

Die steirische Konjunktur präsentiert sich zu Jahresende weiterhin robust, wenngleich sich die allgemeine Wirtschaftsdynamik weiter abgeschwächt hat.

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Aktualisiert am 13.03.2023

Mit einem Saldo von +13,9 Prozentpunkten bleibt das steirische Wirtschaftsklima auch zu Jahresende klar im positiven Bereich. Allerdings: Die Detailwerte fallen schwächer aus als zuletzt. Umsatz, Auftragslage, Preisniveau und Beschäftigung kommen im aktuellen Wirtschaftsbarometer der WKO Steiermark auf einem niedrigeren Wert zu liegen als in der Frühjahrsumfrage. Ausnahme ist hier lediglich der Bereich der Investitionen, wo die Trendpfeile nach oben zeigen. „Wichtig ist, dass der Großteil der Salden nach wie vor deutlich positiv ist. Von einem Konjunktureinbruch oder gar einer Rezession kann also keine Rede sein“, betonen WKO Steiermark Präsident Josef Herk und Direktor Karl-Heinz Dernoscheg. Man müsse die Signale aber natürlich ernst nehmen: „Wir brauchen wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und klare Spielregeln für einen fairen Wettbewerb.“

"Alles in allem solide Konjunkturdaten"

Die steirische Konjunktur präsentiert sich zu Jahresende weiterhin robust, wenngleich sich die allgemeine Wirtschaftsdynamik weiter abgeschwächt hat – das zeigen die Zahlen des aktuellen Wirtschaftsbarometers der WKO Steiermark. Demnach schätzen die Unternehmer den Großteil der abgefragten Parameter erneut positiv ein, wenngleich auf einem niedrigeren Niveau als zuletzt. Im Detail: Beim bisherigen Umsatz beträgt der Positivsaldo +38 Prozentpunkte (Frühjahr 2019: +49,7), bei der Auftragslage +40,3 Prozentpunkte (+41,7), beim Preisniveau +34,7 Prozentpunkte (+45,8), bei den Investitionen +33,6 Prozentpunkte (+30,9) und bei der Beschäftigung +28,6 Prozentpunkte (+38,7). „Alles in allem sind das nach wie vor solide Konjunkturdaten“, betont WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk. Das spiegelt auch das allgemeinen Wirtschaftsklima wider: Dieses bleibt mit +13,9 Prozentpunkten (+14,4) vergleichsweise stabil und vor allem positiv, wenn auch der Ausblick mit -22 Prozentpunkten deutlich schlechter ausfällt als beim letzten Barometer.  

"Lage hat sich leicht verschlechtert, bleibt aber auf stabilem Niveau"

Insgesamt 716 steirische Unternehmerinnen und Unternehmer haben an dieser großen Konjunkturumfrage teilgenommen. „Sie spiegelt sämtliche Branchen, Regionen und Betriebsgrößen wider und lässt darüber hinaus auch einen Vergleich mit bundesweiten Daten zu“, erklärt Karl-Heinz Dernoscheg, Direktor der WKO Steiermark. Für Dernoscheg zeigen die Daten ein klares Bild: „Auch wenn sich die wirtschaftliche Dynamik verlangsamt hat, kann zum jetzigen Zeitpunkt von keinem Konjunktureinbruch oder gar einer Rezession die Rede sein. Die Lage hat sich zwar leicht verschlechtert, bleibt aber auf einem stabilen Niveau.“



So schätzen die Unternehmer die Geschäftsentwicklung ein:

  • UMSATZ. Im aktuellen Wirtschaftsbarometer melden 52% der steirischen Unternehmerinnen und Unternehmer einen Anstieg und rund 14% einen Rückgang ihres bisherigen Gesamtumsatzes. Der daraus resultierende Saldo sinkt somit gegenüber der letzten Umfrage von +49,7 auf +38 Prozentpunkte. Selbiges gilt für die erwartete Umsatzentwicklung, hier beträgt der Saldo +15,2 Prozentpunkte (Frühjahr 2019: +35,8 Prozentpunkte). Konkret rechnen 33,9% der befragten Unternehmen in der Steiermark in den kommenden Monaten mit einer Umsatzsteigerung und 18,8% mit einem Rückgang.
  • AUFTRAGSLAGE. Auch die Salden zur Auftragslage erweisen sich in der aktuellen Umfrage als rückläufig. Der Saldo zur bisherigen Entwicklung (+40,3 Prozentpunkte) büßt zwar nur leicht ein (Frühjahr 2019: +41,7 Prozentpunkte), doch der Ausblick ist ungewiss: 25,8 Prozent der befragten Unternehmer gehen in der Steiermark von einer steigenden Auftragslage in den kommenden Monaten aus, beinahe ebenso viele von einer Verschlechterung. Damit sinkt der Positivsaldo von zuletzt +23,3 Prozentpunkten auf +0,4.
  • PREISE. Als rückläufig erweisen sich auch die Salden zum Preisniveau, wenngleich diese mit +34,7 (bisher) und +26 Prozentpunkten (erwartet) weiterhin deutlich positiv ausfallen. In den letzten 12 Monaten haben 43,6% ihre Verkaufspreise erhöht und nur 8,9% das Preisniveau gesenkt. Künftig gehen 42,1% von steigenden und 16% von sinkenden Preisen aus. Hauptpreistreiber sind und bleiben steigende Löhne und Gehälter.
  • INVESTITIONEN. Hier zeigen die Trendpfeile gegenüber der Frühjahrsumfrage sowohl was den bisherigen Verlauf – Saldo steigt von +30,9 auf +33,6 Prozentpunkte – als auch was die Erwartungen betrifft – Saldo steigt von +7,9 auf +12 Prozentpunkte – nach oben. Konkret gehen 18,5% der befragten Unternehmen von einer Reduktion ihres Investitionsvolumens aus, 30,6% rechnen dagegen erfreulicherweise mit einer (weiteren) Ausweitung. Die Hauptmotive sind dabei Ersatzbedarf (64,6%), gefolgt von Neuinvestitionen (55,7%).
  • BESCHÄFTIGUNG. Obwohl sich die Wachstumsdynamik im Jahresverlauf merklich verringert hat, wurde bisher noch überwiegend Personal aufgestockt (43% der Unternehmen). In den kommenden Monaten gehen dagegen nur mehr 18,2% Prozent von einem weiteren Mitarbeiteraufbau in ihrem Unternehmen aus, damit rutscht der Erwartungssaldo erstmals wieder in den negativen Bereich (-6,5 Prozentpunkte, aktuell: +28,6 Prozentpunkte).
  • EXPORT. Die Exportwirtschaft konnte in den vergangenen zwei Jahren besonders von der dynamischen Entwicklung der Weltwirtschaft profitieren. Diese hat aber mittlerweile an Schwung verloren, was sich nun auch in den Rückmeldungen zum Exportumsatz bemerkbar macht. In den vergangenen 12 Monaten konnten 31,8% ihre Exportumsätze steigern (im Frühjahr 2019 waren es vergleichsweise noch 56,6%), wohingegen 17,6% bereits einen Rückgang hinnehmen mussten. Die Erwartungen bleiben im Vergleich zur Frühjahrsumfrage annähernd unverändert: Bei einem Erwartungssaldo von +24,1 Prozentpunkten gehen 41,0% von einer positiven Entwicklung ihrer Exportumsätze aus, 16,9% von einer negativen.


Steiermark im Österreichvergleich

Die Konjunktureinschätzung der steirischen Unternehmer liegt im aktuellen Wirtschaftsbarometer einmal mehr klar über dem bundesweiten Trend, der angesichts der zunehmend herausfordernden Rahmenbedingungen aber ebenfalls als solide bezeichnet werden darf. Allerdings eben auf einem niedrigeren Niveau als in unserem Bundesland, wo beinahe alle Werte deutlich über dem Bundesschnitt liegen. Im Detail: Gesamtumsatz (Stmk: +38; Ö: +35), Auftragslage (Stmk: +40,3; Ö: +23,9), Preisniveau (Stmk: +34,7; Ö: +33,4), Investitionen (Stmk: +33,6; Ö: +25,5) sowie Beschäftigung (Stmk: +28,6; Ö: +27,3)

Wirtschaftsklima in den Regionen

Die allgemeinen Konjunkturdaten spiegeln sich größtenteils auch in den Regionen wider: Das bisherige Wirtschaftsklima wird fast durchgehend positiv eingeschätzt. Vor allem von den Unternehmen in der Oststeiermark (Saldo: +25 Prozentpunkte), der Hochsteiermark (+23,1), im Murtal (+20,9), in Liezen (+12,9) und im Großraum Graz (+8) werden die vergangenen Monate bzw. die aktuelle Geschäftslage als durchwegs gut beurteilt, in der Süd- und Weststeiermark (-11,4) fällt die Betrachtung dagegen negativ aus. 



Geschäftslage nach Betriebsgröße

  • KLEINUNTERNEHMEN. Wenngleich die Trendpfeile der steirischen Kleinunternehmen im Herbst 2019 nach unten zeigen, liegen beinahe alle Salden über der Nulllinie. In punkto Gesamtumsatz weisen die Kleinbetriebe im Größenklassenvergleich den niedrigsten Saldowert auf, bei einem Saldo von 29,2 Prozentpunkten ziehen diese dennoch eine gute Bilanz. Konkret konnten 46,1% der befragten Kleinunternehmen im vergangenen Jahr Umsatzzuwächse verbuchen, wohingegen 16,9% Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Der Erwartungssaldo fällt in der Herbstumfrage zwar auf 9,8 Prozentpunkte, nichtsdestotrotz rechnen 29,6% mit einer weiteren Umsatzsteigerung in den kommenden 12 Monaten. Demgegenüber stehen 19,8% die von einer negativen Umsatzentwicklung ausgehen.
  • MITTELUNTERNEHMEN. Das Konjunkturprofil der steirischen Mittelbetriebe gestaltet sich angesichts der Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen recht gut: Die Salden des bisherigen und erwarteten Gesamtumsatzes sind zwar gesunken, bleiben aber auf soliden Niveaus. Die Hälfte (50,2%) der Befragten konnte in den vergangenen 12 Monaten eine Verbesserung der Umsatzsituation verbuchen, während 11,6% mit einer Verschlechterung zu kämpfen hatten (Saldo bisher: +38,6 Prozentpunkte). Auch der Ausblick bleibt mit einem Erwartungssaldo von +18,3 Prozentpunkte positiv: Konkret gehen 36% von einer (weiteren) Umsatzsteigerung und 17,7% von einem Umsatzrückgang im kommenden Jahr aus.
  • GROSSUNTERNEHMEN. Das Konjunkturprofil der steirischen Großunternehmen gestaltet sich insgesamt etwas schlechter als im Frühjahr 2019. Die Entwicklung des Gesamtumsatzes in den vergangenen 12 Monaten wird dennoch überwiegend positiv beurteilt. Mehr als die Hälfte der befragten Betriebe (56,9%) berichtet von steigenden und 13,7% von sinkenden Gesamtumsätzen im letzten Jahr (Saldo bisher: +43,2 Prozentpunkte). Der Erwartungssaldo rutscht im Vergleich zur Frühjahrsumfrage zwar auf +16,2 Prozentpunkte, die Optimisten (35,2%) überwiegen jedoch nach wie vor die Pessimisten (18,9%). 45,9% der befragten Großbetriebe gehen davon aus ihr Umsatzniveau in etwa halten zu können.


Denkanstöße für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand

Damit die steigende Unsicherheit mittel- und langfristig keine konjunkturelle Vollbremsung auslöst, brauche es Entlastung und Reformen, stellt WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk klar: „Wer mich kennt, der weiß, ich bin ein grenzenloser Optimist. Aber wir müssen die Signale einer nachlassenden Konjunkturdynamik ernst nehmen.“ Darum habe die WKO Steiermark nun auch Denkanstöße und Ideen für die Zukunft unseres Landes quer durch alle Branchen und Regionen gesammelt. „Eine größere Breite und Ausgewogenheit ist aus Sicht der Wirtschaft nicht möglich“, so der Präsident. Neun Schwerpunktthemen mit insgesamt 120 Einzelmaßnahmen finden sich im Programm, nachzulesen unter www.iws-studien.at. Besonders wichtig sind Herk und Dernoscheg dabei die Umsetzung der eigentlich schon beschlossenen Steuerreform sowie die Schaffung fairer Rahmenbedingungen im digitalen Wettbewerb und Maßnahmen wider den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Im Detail:

 

 Selbstverständlich selbständig: Hürden für Unternehmer beseitigen

  • Entlastung von Selbständigen und Arbeitnehmern
  • Faire Rahmenbedingungen/Digitalsteuerpaket
  • Priorisierung der für die Wirtschaft notwendigen Infrastrukturmaßnahmen
    (z.B. Ausbau der Phyrn-Schober-Achse, dreispuriger Ausbau der Südautobahn zwischen Leibnitz und Graz etc.) 
  • Arbeitswelt von morgen: wider den Fachkräftemangel
    • Forcierung der betrieblichen Lehrlingsausbildung und der Aus- und Weiterbildung in den Betrieben (z.B. AQUA Programm AMS)
    • Mobilisierung des vorhandenen Potentials (Jobmessen) – verstärkte überregionale Vermittlung durch das AMS
    • Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausbauen (Arbeitsmarktreserve Frauen)
    • Öffnung des Arbeitsmarktes für qualifizierte Zuwanderung, Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot-Karte, Zuwanderungspotenziale nutzen 

Das Video zum Wirtschaftsparlament: