Das Vergaberecht auf dem Prüfstand
Die Coronakrise sorgt für Bewegung im Vergaberecht. Verfahren sollen beschleunigt und Wertgrenzen erhöht werden. Der Experte mit den Details.

„Faktum ist, dass Aufträge der öffentlichen Hand unverzichtbar sind, um die Wirtschaft wieder auf Touren zu bringen“, weiß Gerhard Weyringer, Experte im WKO-Rechtsservice. Auch, dass dafür rechtliche Rahmenbedingungen unerlässlich sind und vor allem viel Geld notwendig ist. Eine zentrale Rolle als öffentliche Auftraggeber kommt dabei den Gemeinden zu.
Gemeinden unterstützen
Das von der Bundesregierung jüngst vorgestellte Konjunkturpaket für Gemeinden fußt auf dem Kommunalinvestitionsgesetz 2020 (KIG), das mit einem Budget von insgesamt einer Milliarde Euro ausgestattet wurde. Die Herausforderung dabei ist aber, dass dieses Geld nur jene Städte und Gemeinden bekommen, die jetzt Investitionen tätigen. Weyringer: „Konkret müssen 50 Prozent der investierten Gelder von den Kommunen selbst aufgebracht werden, um die Förderung auszulösen.“
Vorrangiges Ziel muss es daher sein, die Gemeinden gerade in dieser schwierigen Phase zu unterstützen. Sowohl bei der Realisierung von Investitionsprojekten, die bedingt durch die Coronakrise aufgeschoben wurden, aber auch bei zeitnah geplanten Ausschreibungen.
Wertgrenzen erhöhen
Die rasche und unbürokratische Abwicklung dieser Projekte kann nur über eine Erhöhung der Wertgrenzen erfolgen, die derzeit bei 100.000 Euro liegt. Daher fordert die WKO Steiermark eine bis Jahresende befristete Erhöhung der in der Schwellenwertverordnung festgelegten Wertgrenzen bei der Direktvergabe auf 300.000 Euro sowie beim nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung von aktuell einer auf drei Millionen Euro. Weyringer: „Das wäre ein wichtiger Impuls für die regionale Wirtschaft und würde die von der Regierung zur Verfügung gestellten Hilfsgelder für die Gemeinden auch schnell und zielführend zur Umsetzung bringen.“ Dringlichkeit im Vergaberecht ist in Österreich bereits gelebte Praxis. Bereits im Bundesvergabegesetz 2018 finden sich Möglichkeiten für beschleunigte Verfahren. Jetzt gibt es Stimmen, laut denen die EU, aber auch nationale Gesetzgeber die Lockerungen im Vergaberecht dauerhaft machen sollten – um damit die Basis für den Wiederaufbau nach der schrittweisen Öffnung der Wirtschaft zu schaffen. Es braucht öffentliche Vergaben, um die Wirtschaft nach der Corona-Krise so rasch wie möglich wieder in die Gänge zu bringen. Die Wirtschaftskammer Steiermark verfolgt den Schwerpunkt „Regionen stärken“ schon seit Jahren intensiv. Eine besondere Rolle spielt dabei die Stärkung der regionalen Wirtschaft durch regionale Auftragsvergaben. Weyringer: „Das Vergaberecht bietet dazu ausreichende Möglichkeiten, wie Unternehmen sich am Wettbewerb um öffentliche Aufträge beteiligen können. Durch die Wahl eines regionalfreundlichen Verfahrens, durch gewerksmäßige Ausschreibungen oder lokale Informationen. “