Stellungnahme – Stmk. Weinbaurieden-Verordnung
31. Jänner 2022
Empfänger
Amt der Stmk. Landesregierung
Abteilung 10 Land- und Forstwirtschaft
Stabstelle Personal, Agrarrecht und Innerer Dienst
Ragnitzstraße 193
8047 Graz
Absender
WKO Steiermark
Präsidium
Körblergasse 111–113
8010 Graz
Datum
Graz, am 31. Jänner 2022
Inhalt
GZ: ABT10-254922/2021-99
Stellungnahme – Stmk. Weinbaurieden-Verordnung
Sehr geehrte Damen und Herren,
die WKO Steiermark dankt für die Übermittlung eines Entwurfes einer Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung mit der Weinbaurieden festgelegt werden sollen (Steiermärkische Weinbaurieden-Verordnung) und nimmt dazu wie folgt Stellung:
Die WKO Steiermark schließt sich der Position des Landesgremiums des Weinhandels an und darf auf folgende Ausführungen verweisen.
I. Allgemeines
Das steirische Landesgremium des Weinhandels begrüßt die vorliegende Novelle. Sie stellt einen weiteren und wichtigen Qualitätssprung für die steirische Weinwirtschaft dar und schafft für die Betriebe weitere positive Vermarktungsmöglichkeiten. Eine nicht zeitgerechte Erlassung würde zu erheblichem wirtschaftlichen Schaden führen, da die Betriebe für den kommenden Jahrgang 2021 keine entsprechenden Riedenbezeichnungen führen könnten.
Der Verordnungsentwurf beruht auf § 3 Z 16 iVm § 7 des Steiermärkischen Landesweinbaugesetzes 2020. Demnach kann die Landesregierung über Vorschlag der Landwirtschaftskammer mit Verordnung Weinbaurieden gemäß § 3 Z 16 bestimmen. Ein solcher Vorschlag wurde von der Landwirtschaftskammer vorgelegt. Im Vorfeld ist es fast gänzlich gelungen mit den Wirtschaftsbeteiligten eine zufriedenstellende Riedenbezeichnung zu finden und dem Vorschlag der Landwirtschaftskammer, der hierorts nicht vorliegt, wurde offenbar insoweit unstrittig entsprochen. Als strittig haben sich allerdings die Riedenbezeichnungen „Pössnitzberg“ und „Poharnigberg“ herausgestellt. Dem Vernehmen nach wurde auch zu diesen Regionen ein Vorschlag der Landwirtschaftskammer eingebracht.
II. Im Detail
Gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 des Stmk. Landesweinbaugesetzes steht dem Regionalen Weinkomitee ein Anhörungsrecht zu. Das Regionale Weinkomitee hat sich am 16.11.2021 mit der Frage „Pössnitzberg“ befasst und aufgrund der vorgelegten Informationen den einstimmigen Beschluss gefasst, dass die Lage „Pössnitzberg“ auf beiden Seiten der Pössnitz (somit beiderseits der Landesstraße L 614) verordnet werden soll.
Bei einer zu wählenden Riedenbezeichnung geht es gerade im Weinbezeichnungsrecht um ein substantielles Vermarktungsmerkmal mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Potential für die Gegenwart und Zukunft. Eine Riedenbezeichnung schafft damit dem Weinbautreibenden oder im Falle einer Verpachtung dem Pächter, ein zum Eigentum bzw. zur Pacht gehöriges Recht.
Der Verordnungsgeber hat nun im strittigen Fall „Pössnitzberg“, offenbar nicht gleichlautend mit dem Vorschlag der Landwirtschaftskammer, eine Riedenbezeichnung „Pössnitzberg“ und eine weitere, offenbar neu kreierte, Riede „Oberpössnitz“, für nördlich der Landesstraße L 614 gelegene Gebiete, im Begutachtungsentwurf vorgelegt. Basis dafür war entsprechend den Erläuterungen ein in Auftrag gegebenes Gutachten.
Damit weicht der Verordnungsgeber aber in einem wesentlichen Punkt vom Gesetzeswortlaut und vom vorgesehenen Verfahren der Riedenverordnung des Landesweinbaugesetzes 2020 ab. Diese sieht gemäß § 7 zunächst eine Anregung des Bewirtschaftenden oder eines Weinbauvereines vor und die Landwirtschaftskammer erstattet dann einen entsprechenden Vorschlag. Die Landwirtschaftskammer kann nach den Erläuterungen zum Landesweinbaugesetz sogar „amtswegig“ eine Riede in den Vorschlag aufnehmen.
Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf wird seitens des Verordnungsgebers von diesem Procedere abgewichen und auch in die Eigentumsrechte der betroffenen Wirtschaftsbeteiligten, hier vor allem der nördlich der Landesstraße L 614 gelegenen Gebiete, eingegriffen. Zudem wird eine neue Riede kreiert, die offenbar nicht über Vorschlag der Landwirtschaftskammer eingebracht wurde. Gerade das Weinbezeichnungsrecht stellt den bestimmenden Faktor für den marktwirtschaftlichen Erfolg von Weinbautreibenden dar. Das Eigentum ist eines unserer höchsten Rechtsgüter und ist entsprechend verfassungsrechtlich geschützt. Mit diesem Entwurf findet aber faktisch eine materielle Enteignung in Bezug auf die Verwendung des Riednamens „Pössnitzberg“ für die Weinbautreibenden nördlich der Landesstraße L 614 statt. Ein derartiger schwerwiegender Eingriff ist im Landesweinbaugesetz unserer Ansicht nach nicht vorgesehen und bedürfte wohl eines weit strengeren Regelungsregimes, um rechtskonform zu sein. Ansonsten könnte der Verordnungsgeber ja von sich aus, zwar aufgrund eines Gutachtens, aber dennoch, sämtliche Riedenbezeichnungen unabhängig von bestehenden Eigentumsrechten und auch unabhängig von einem Vorschlag der Landwirtschaftskammer abweichend gestalten. Eine derartig weitreichende gesetzliche Ermächtigung an den Verordnungsgeber war mit Erlassung des Landesweinbaugesetzes sicher nicht beabsichtigt.
Der Vorschlag der Landwirtschaftskammer ist daher aus unserer Sicht essentiell, um einen ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Verfahrensablauf bei einer zu erlassenden Riedenverordnung einzuhalten. Ansonsten setzt sich die vorgelegte Verordnung dem Vorwurf einer möglichen Verfassungs- bzw. Rechtswidrigkeit aus.
Dieselben rechtsstaatlichen Bedenken gelten im zweiten strittigen Fall zur Riedenbezeichnung „Poharnigberg“.
Das Landesgremium des Weinhandels unterstützt das Interesse der Wirtschaftsbeteiligten nach einer möglichst weitgehenden Verordnung von angeregten Rieden, um den Betrieben ihre Vermarktungschancen zu sichern. Da Subrieden bereits in anderen Bundesländern vorliegen, sollten keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken dagegen bestehen.
Aus den angeführten Gründen wird die gegenständliche Verordnung in Bezug auf die strittigen Riedenbezeichnungen „Pössnitzberg“ und „Poharnigberg“ abgelehnt. Der Verordnung von angeregten Rieden sollte der größtmögliche Vorzug gegeben werden, da die Verordnung dieser Rieden von großem Interesse der steirischen Weinwirtschaft ist. In den anderen Teilen wird die gegenständliche Verordnung begrüßt und befürwortet.
Die WKO Steiermark ersucht um Berücksichtigung der vorgebrachten Änderungswünsche.
Freundliche Grüße
Ing. Josef Herk, Präsident
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA, Direktor
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