Was es nun für mehr Netto vom Brutto braucht
Die Herbstlohnrunden laufen, doch wie immer die Verträge ausfallen werden, der Hauptprofiteur steht bereits fest: Vater Staat.

Die Herbstlohnrunden sind in vollem Gange und sorgen, im Gegensatz zu den schnellen Kollektivvertragsabschlüssen im letzten Jahr, wieder traditionsgemäß für heiße „Gefechte“ zwischen den Verhandlungspartnern. So konnte etwa bei den richtungsweisenden Metaller-KV-Gesprächen nun auch in der vierten Runde keine Einigung erzielt werden, Kampfmaßnahmen stehen im Raum. „Wir haben einen fairen Vorschlag vorgelegt und sind bereit, die Löhne und Gehälter sowie Zulagen in unserer Branche in jedem Fall klar über der Inflation der letzten zwölf Monate zu erhöhen – das wäre somit ein echter Reallohngewinn“, betont Chefverhandler Christian Knill. „Das Angebot einer Erhöhung von 2,75 Prozent – was ein Gesamtpaket mit Mehrkosten für die Betriebe von rund 3,2 Prozent bedeutet – wurde jedoch von den Gewerkschaften abgelehnt.“ Es bleibt also spannend – und gibt Grund, nachzufragen, was es wirklich braucht, damit das „mehr Netto vom Brutto“ in den Börseln erreicht werden kann. Denn von den Kollektivvertragserhöhungen kommt nur ein geringer Teil den Beschäftigten zugute.
Und auch müsse hier die gesamtwirtschaftliche Situation realistisch und umfassend betrachtet werden, erklärt Ewald Verhounig, Leiter des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung an der WKO Steiermark. Er warnt vor überzogenen KV-Abschlüssen: „Die von den Gewerkschaften vorgehaltenen Konjunkturdaten sind kein echtes Produktivitätswachstum, es sind lediglich Aufholeffekte.“ Und nachhaltig gesichert sei dieser „Aufschwung“ keineswegs, zu problematisch stellten sich weiterhin Zulieferengpässe, Rohstoffpreise und auch der Mangel an Fachkräften dar. Und nicht zu vergessen, der Hauptprofiteur sei immer der Staat, nicht der Arbeitnehmer, so Verhounig. „Natürlich, ein Abschluss im Bereich der Inflationsentwicklung von rund drei Prozent würde sich mit rund fünf Milliarden Euro niederschlagen. Wenn sich das 1:1 in privater Kaufkraft realisieren würde, wäre das gesamtwirtschaftlich betrachtet sehr positiv. Doch aufgrund der steuerrechtlichen Grundlagen hierzulande bleibt dieser Effekt jedoch überschaubar.“
„Der große Teil der KV-Erhöhungen wandert in die Staatskasse. Nur knapp 40 Prozent kommen bei den Leuten an.“
Ein probater Weg zur echten Entlastung sei beispielsweise die Reduktion der Beitragssätze für die Kranken- und Arbeitslosenversicherung auf Sonderzahlungen von aktuell 6,87 auf rund vier Prozent, so Verhounig: „Das würde sicherstellen, dass bei einer KV-Erhöhung von drei Prozent auch eine Nettolohnerhöhung von drei Prozent ankommt.“