Entwicklung des Außenhandels in Zeiten von Corona und Ukrainekrieg
Um sage und schreibe 70,4 Prozent sind die Zollanmeldungen im Vorjahr gestiegen. Ein Rekordplus, dessen Hintergründe u.a. im Fokus des Europäischen Zollrechtstags in der WKO Steiermark standen.

Brexit, Corona und jetzt der Ukrainekrieg: Im Außenhandel galt und gilt es jede Menge Herausforderungen zu meistern. Denn die veränderten Rahmenbedingungen und internationalen Krisen haben im Export und Import zu nachhaltigen Veränderungen geführt. Wie man diese meistern kann, darüber tagten internationale Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft beim Europäischen Zollrechtstag, der von 23. bis 24. Juni in der WKO Steiermark stattgefunden hat. Dabei handelte es sich um die größte Expertenkonferenz zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum, bei dem auch die aktuelle österreichische Zollbilanz präsentiert wird:
6.754.079 Zollanmeldungen mit 17.255.486 Warenpositionen stehen fürs vergangene Jahr in unserem Land zu Buche. Das entspricht einem Rekordplus von 70,4 bzw. 56,6 Prozent! Angesichts von internationalen Lieferkettenproblemen und dem coronabedingten Minus 2020 (-4,5 Prozent Zollanmeldungen und -2,6 Prozent Warenpositionen) eine höchst bemerkenswerte Entwicklung.
Hauptgründe dafür sind zum einen der Brexit, durch den viel freier Warenverkehr innerhalb der EU wieder zollanhängig wurde, und zum anderen eine enorme Zunahme an Kleinsendungen, die bis Mitte des Vorjahres nur mündlich angemeldet werden mussten und jetzt elektronisch erfasst werden. Dadurch ist auch in diesem Jahr mit einer weiteren Zunahme zu rechnen. Bei diesen Kleinsendungen handelt es sich um Waren aus Fernost im Wert bis 22 Euro. Durch den Ukrainekrieg stehen nun weitere massive Änderungen durch die Sanktionen gegenüber Russland und Belarus an.
STATEMENTS:
- Christian Haid, Zollexperte WKO Steiermark: „Es freut mich sehr, dass es uns gelungen ist nach 2004 den europäischen Zollrechtstag ein weiteres Mal nach Graz zu holen. Die Änderungen im Bereich des Zollwesens sind massiv, Brexit und die Meldepflicht für Kleinsendungen haben hier trotz internationaler Lieferkettenproblematik zu einem markanten Anstieg geführt. Der Ukrainekrieg stellt die heimischen Exportbetriebe darüber hinaus vor große Herausforderungen bei der Vertragserfüllung vieler bestehender Projekte. Hier unterstützen wir mit entsprechenden behördlichen Bestätigungen, damit es bei Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu keinen Pönalen kommt.“
- Lothar Harings, Vorsitzender des Europäischen Forums für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll (EFA): „Der Europäische Zollrechtstag ist das Forum für den Austausch von Wissenschaft, Praxis und Justiz zu allen Fragen des Außenhandels. Neben den aktuell besonders drängenden Fragen im Zusammenhang mit dem Russland-Embargo widmet sich der Zollrechtstag in diesem Jahr den Sorgfaltspflichten in der Lieferkette, über die das österreichische Parlament gerade in diesem Monat diskutiert hat, und dem Green Deal der EU, insbesondere der CO2-Besteuerung und dem Klimaschutz in der Handelspolitik. Es kommen hier große Herausforderungen auf die Wirtschaft zu.
- Heike Fetka-Blüthner, Vorständin Zollamt Österreich: „Für die Zollverwaltung war das Jahr 2021 ein sehr herausforderndes, neben Brexit und Änderungen im eCommerce Bereich wurde auch die Modernisierung der österreichischen Zollverwaltung umgesetzt. Aber auch die Pandemie mit ihren Auswirkungen auf den Warenverkehr und nun die handelspolitischen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg sind Themen, die uns und unsere Kundinnen und Kunden intensiv beschäftigen. Der internationale Zollrechtstag bietet hier einen wertvollen fachlichen Austausch, auch im Hinblick auf neue Themen und Aufgabenstellungen, die auf uns zukommen.
