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Arbeitskräftemangel: Durchschnittlicher Stellenandrang hat sich in drei Jahren halbiert

Betrug der durchschnittliche Stellenandrang 2019 noch 2,34, so ist er 2022 auf ein Rekordtief von 1,19 gesunken. Wir müssen vom Reden endlich ins Tun kommen“, fordert darum WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk. 

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Aktualisiert am 05.08.2023

Die neueste Auswertung des WKO-Fachkräfteradars für das Jahr 2022 weist für unser Bundesland eine dramatische Verschärfung des Personalmangels aus: Betrug der durchschnittliche Stellenandrang 2019 noch 2,34, so ist er 2022 auf ein Rekordtief von 1,19 gesunken. Als Mangelberufe gelten grundsätzlich all jene Berufe, für die pro gemeldete offene Stelle höchstens 1,5 Arbeitssuchende vorgemerkt sind. In der Steiermark war das im Vorjahr in 129 Berufen der Fall, was ebenfalls einer massiven Zunahme entspricht: 2020 lag diese Zahl noch bei 74 Berufen.  

„Die Situation verschärft sich allen wirtschaftlichen Herausforderungen zum Trotz immer mehr. Wacht die Politik nicht in Bälde auf, fahren wir als Standort mit Vollgas und ohne Airbag gegen die Wand.“

Hauptgrund dafür ist die demografische Entwicklung. Durch sie rollt eine enorme Pensionierungswelle auf unser Land zu. Innerhalb von 15 Jahren hat sich der Anteil der über 50-jährigen unselbständig Beschäftigten in der Steiermark von 68.893 auf 150.981 mehr als verdoppelt. Der Anteil der unter 25-Jährigen in den steirischen Firmen hat dagegen im selben Zeitraum von 71.959 auf 60.962 rapide abgenommen. Für die Jahre ab 2023 sagt die Statistik Austria – trotz Annahme eines fortwährenden Zuzugs – eine Abnahme der Erwerbsbevölkerung (15-64 Jahre) voraus. „Vor diesem Hintergrund wird sich der Arbeitskräftemangel in Zukunft noch verstärken. Wir befinden uns inmitten eines demographischen Tsunamis, dessen Folgen für unsere Gesellschaft nach und nach sichtbar werden“, mahnt WKO Steiermark Präsident Josef Herk. 

Wie massiv heimische Unternehmen diese Folgen bereits spüren, zeigt die aktuelle Auswertung des WKO-Fachkräfteradars. Hierbei wird die Zahl der Arbeitslosen (ab Lehre) pro offene Stelle als Indikator herangezogen, das Ergebnis daraus ist die sogenannte Stellenandrangsziffer. In der Steiermark ist diese in den vergangenen Jahren sukzessive gesunken. Betrug sie 2019 im Schnitt noch 2,34, so waren es 2021 – trotz wirtschaftlicher Coronaverwerfungen – 1,90 und im Vorjahr überhaupt nur mehr 1,19, wobei alle Werte unter 1,5 von den Experten der WKO grundsätzlich als Mangel eingestuft werden. „Wir sprechen darum auch nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem generellen Arbeitskräftemangel“, betont Herk. Sowohl Qualität als auch Quantität dieses Mangels haben sich massiv verschärft. Denn auch die Gesamtzahl der Mangelberufe (Stellenandrang von unter 1,5) ist in der Steiermark innerhalb von nur drei Jahren von 74 auf 129 gestiegen – und das in einer noch nie dagewesenen Dimension, wie das aktuelle Ranking zeigt.


"Mehr Arbeit muss sich für die Menschen lohnen."

Für Herk besteht angesichts dieser Schieflage ein akuter Handlungsbedarf: „Wir haben mittlerweile eine Rekord-Beschäftigungsquote erreicht, trotzdem ist die Arbeitszeit rückläufig, weil vor allem immer mehr Junge nur mehr Teilzeit arbeiten wollen.“ Konkret ist die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen bundesweit von 3,65 (2017) auf 3,73 Millionen (2021) gestiegen, das Arbeitsvolumen im selben Zeitraum aber von 5,77 auf 5,66 Milliarden Stunden gesunken.


Herk tritt darum für zusätzliche Leistungsanreize ein. Er fordert steuerliche Anreize für Vollzeitbeschäftigung für die es auch entsprechende Rahmenbedingungen brauche (flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung für alle Altersstufen), eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden (Erhöhung von derzeit 10 auf 20 steuerbegünstigte Überstunden) und Anreize für ein längeres Arbeiten im Alter (Befreiung von erneuten Pensionsversicherungsbeiträgen für alle, die in ihrer Pension ein gewisses Stundenausmaß freiwillig weiterarbeiten wollen, 1.000 Euro Steuerfreibetrag).


Letzteres sei schon allein angesichts der demographischen Entwicklung notwendig: „Wir werden – der Medizin sei Dank – älter und älter, gehen aber früher in Pension als in den 70er Jahren. Das kann so nicht funktionieren! Wir bauen eine Hypothek gegenüber unserer Jugend auf, die ich für absolut unverantwortlich halte. Darum müssen wir in einem ersten Schritt das faktische Pensionsantrittsalter – derzeit 61,8 Jahre bei Männern und 59,8 bei Frauen – ans Gesetzliche anpassen. Und wir werden über kurz oder lang auch an einer Anpassung dieses Alters an die gestiegene Lebenserwartung nicht vorbeikommen. So ehrlich müssen wir den Menschen gegenüber sein.“ Denn in Österreich arbeiten aktuell gerade einmal 32 Prozent der 60- bis 64-Jährigen, während es in Deutschland 63,2 sind. 


Premiere für Österreichs erste SkillsWeek“

Für Herk steht fest, dass wir „an vielen Schrauben drehen müssen, um die Herausforderungen am Arbeitsmarkt zu bewältigen“. Dazu zählen wichtige Verbesserungen im Bereich der Rahmenbedingungen, etwa was die Kinderbetreuung angeht, genauso wie zusätzliche Leistungsanreize in Form eines degressiven Arbeitslosengeldes oder auch ein klares Bekenntnis zum qualifizierten Zuzug. „Wir sind in allen Bereichen gefordert, das gilt für die Politik genauso wie für uns als Wirtschaftskammer. Darum bauen wir unser Bildungs- und Qualifizierungsangebot auch ständig aus, speziell was den Bereich Berufsinformation angeht.

Mit der ersten österreichweiten „SkillsWeek“ startet hier von 20. bis 24. März ein weiteres neues Format, dass auf Initiative von Josef Herk bundesweit ausgerollt wird. „Nach den erfolgreich durchgeführten Berufsweltmeisterschaften im Jahr 2022 und Berufseuropameisterschaften im Jahr 2021 wird mit diesem neuen, innovativen Projekt ein weiteres Highlight aufgebaut. Ein umfangreiches Programm, dass sich vom Bodensee bis zum Neusiedler See erstreckt“, freut sich Herk. Alle Information dazu gibt es online unter: www.wko.at/skillsweekaustria