Hektische Business-Menschen
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Wo am längsten gearbeitet wird

In Österreich wird über Wochenarbeitszeit, Voll- und Teilzeitjobs diskutiert. Aber wie sieht es in anderen Ländern aus?

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

32, 35 oder 40 Stunden? Teilzeit oder Vollzeit? Vier- oder Fünf-Tage-Woche? Die verschiedenen Arbeitszeitmodelle sorgen nicht nur in Österreich regelmäßig für heftige Debatten.  Wo aber wird tatsächlich am längsten gearbeitet? Eine Frage – mehrere Antwortmöglichkeiten. Die OECD ist in ihrer Rechnung am radikalsten. Als Ausgangsbasis werden von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sämtliche Arbeitsstunden eines Jahres (Vollzeit, Teilzeit, Überstunden) zusammengezählt und durch alle Beschäftigten eines Landes geteilt. Von diesem Wert werden gesetzlich zustehende Urlaubszeiten und Feiertage abgezogen. So lässt sich am Ende errechnen, wie viele Stunden eine Person pro Jahr, Woche und Werktag arbeitet. 

Das Ergebnis ist überraschend und konterkariert teilweise tradierte „Workaholic-Landkarten“. So weist diese Statistik Griechenland und Tschechien mit 33 Arbeitsstunden pro Woche als die  fleißigsten EU-Länder aus. Am unteren Ende: Deutschland und Dänemark mit je 26 Stunden. Für Österreich wird ein Pro-Kopf-Wert von durchschnittliche 27 Arbeitsstunden ausgewiesen – macht bei einer Fünf-Tage-Woche knapp fünfeinhalb Stunden pro Tag. Die vergleichsweise vielen Feiertage (13), die großzügigen gesetzlichen Urlaubsansprüche und die hohe Zahl an Teilzeitbeschäftigten führen zu diesem Ergebnis. 


Niederlande sind der EU-Teilzeitspitzenreiter

Bei einem Vergleich der reinen wöchentlichen Arbeitszeit (ohne Berücksichtigung der Urlaubs- und Feiertage) liegt weiterhin Griechenland an der Spitze (41,3 Stunden), gefolgt von Bulgarien und Polen mit jeweils knapp über 40 Stunden. Je höher die Teilzeitquote in einem Land ausfällt, desto weiter rutscht es in dieser Statistik nach hinten. So rangieren unter dem EU-Durchschnitt von 37 Stunden unter anderem Frankreich, Belgien und Irland, aber auch Österreich mit knapp 36 Stunden und Deutschland (34,8 Stunden). Schlusslicht sind die Niederlande mit nur 31 Stunden – Ergebnis der mit 43,5 Prozent höchsten Teilzeitquote der EU.

Engt man den Betrachtungskorridor weiter ein und vergleicht nur die Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten, dreht sich das Bild. Direkt im EU-Durchschnitt von 40,5 Stunden liegen Rumänien und Deutschland, darunter Spanien (40,2), Frankreich (39,9), die Niederlande (39,4), am Ende Finnland mit 37,8 Stunden. An der Spitze behauptet sich Griechenland mit 43,2 Stunden, aber gleich dahinter belegt Österreich mit 42,8 Stunden den zweiten Platz aller 27 EU-Staaten. Zumindest bei Vollzeitjobs gibt’s also Silber.

Weltweiter Vergleich: Gold für Lateinamerika

Das Klischees auch irreleiten können, zeigt der weltweite Vergleich: Nicht in Asien wird am längsten gearbeitet, sondern in Lateinamerika  gibt es die ausgedehntesten Wochenarbeitszeiten weltweit. So beträgt in Brasilien die Wochenarbeitszeit laut OECD-Angaben 44 Stunden, in Mexiko, Argentinien, Peru, Kolumbien, und Bolivien gar 48 Stunden. In Kolumbien sorgen 18 Feiertage aber für Entspannung. In Mexiko wurde mit Jahresbeginn die Zahl der Urlaubstage auf zwölf verdoppelt, in Chile hat das Parlament Mitte April beschlossen, in den kommenden fünf Jahren die wöchentliche Arbeitszeit schrittweise von derzeit 45 auf 40 Stunden zu senken. Damit gleicht man sich in der Region Ecuador und Venezuela an und im internationalen Vergleich beispielsweise China. 

Dort gilt ein striktes Regelarbeitszeitmodell: Acht Stunden am Tag, 40 Stunden pro Woche, zehn Tage Urlaub schreibt das Regime in Peking vor. Das in der Tech-Branche in einzelnen Betrieben praktizierte 9/9/6-Modell – Arbeit an sechs Tagen pro Woche von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends, womit Beschäftigte auf 72 Wochenarbeitsstunden kommen – wurde im August 2021 als Verstoß gegen das chinesische Arbeitsrecht eingestuft.

USA ohne gesetzlichen Urlaubsanspruch

Schlechter gestellt sind Arbeitnehmer in den USA: Dort gibt es keinen gesetzlichen Mindestanspruch auf Urlaub, Regelungen müssen individuell mit dem Arbeitgeber ausgemacht werden. Mehr als zwei Wochen sind es selten, der Durchschnitt liegt bei zehn Tagen. Dazu kommt, dass es immer noch zum guten Ton gehört, möglichst lange zu arbeiten, wobei dabei häufig die Stunden mehr zählen als die Effizienz. 

Großzügiger geht es in Neuseeland zu: 20 Urlaubstage und elf Feiertage sorgen für fixe Freizeit. In Südkorea sind es 15 Urlaubstage und ebensoviele Feiertage. In Japan bestätigt sich ein Klischee allerdings. Laut einer Studie  von 2018 machen japanische Arbeitnehmer weniger Urlaub als die zehn Tage, die ihnen gesetzlich zustehen. So verfällt dort fast die Hälfte der Urlaubstage.