Wo Wachstum noch Wirtschaftsalltag ist
Vietnam befindet sich auf der wirtschaftlichen Überholspur. Davon will man auch im Steirerland profitieren – wir haben die Delegation begleitet.

Mehr als sieben Prozent Wirtschaftswachstum, davon können die meisten Länder nur träumen. Nicht so Vietnam. Der südost-asiatische Tigerstaat hat wirtschaftlich zum großen Sprung angesetzt. Doch dafür braucht es einiges, wie Wirtschaftsdelegierter Dietmar Schwank zu berichten weiß: „Vietnam hat einen großen Nachholbedarf, was seine Infrastruktur angeht. Ob Energie, Eisenbahn, Umwelttechnik, Krankenhäuser oder Straßen – alles wird ausgebaut.“
Davon kann und soll auch die steirische Wirtschaft stärker profitieren. Mit Exporten im Wert von 28 Millionen Euro belegte Vietnam zuletzt gerade einmal Platz 53 im weiß-grünen Exportranking. Viel Luft nach oben, ist Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl überzeugt, die darum gemeinsam mit WKO-Steiermark-Vizepräsident Herbert Ritter und ICS-Aufsichtsratsvorsitzendem Jürgen Roth eine 40-köpfige Delegation nach Vietnam anführte.
Der Zeitpunkt dafür war wohlgewählt. Zum einen feiert man heuer 50 Jahre diplomatische Beziehungen – Österreich knüpfte als eines der ersten westlichen Länder nach dem Vietnamkrieg wieder Kontakte –, zum anderen gibt es seit 2020 ein Freihandelsabkommen mit der EU. „Dadurch wird das Land auch als Alternative zu China immer interessanter, wo es durch die Null-Covid-Politik ja nach wie vor viele Einschränkungen gibt. Zahlreiche internationale Technologieunternehmen, darunter auch einige aus der Steiermark, haben sich in Vietnam bereits angesiedelt“, betonen Ritter und Roth. Im Rahmen der Wirtschaftsdelegation, die vom Internationalisierungscenter Steiermark (ICS) unter der Leitung von Geschäftsführer Robert Brugger und Daniela Guss einmal mehr hervorragend organisiert wurde, standen darum Termine sowohl in Hanoi als auch in Haipong und Ho-Chi-Minh-Stadt, dem alten Saigon, auf dem Programm.
Große Auto-Ambitionen, steirische Verpackungsprofis und welthöchste Seilbahn
In der vietnamesischen Hauptstadt wartete auf die Delegation gleich einmal ein hochkarätiges Businessforum der Außenwirtschaft Austria. Ergebnis? Viele neue Geschäftskontakte, die in den kommenden Monaten hoffentlich auch zu entsprechenden Abschlüssen führen werden. So zum Beispiel beim Voitsberger Röhren- und Pumpwerkspezialisten Bauer. Für dessen hocheffiziente Bewässerungssysteme gäbe es unzählige Einsatzmöglichkeiten im (fast) 100-Millionen-Einwohner-Land.
Wie groß die Ambitionen in Vietnam sind, zeigt Vinfast. Der 2017 gegründete Autohersteller hat binnen 18 (!) Monaten eine Fabrik um vier Milliarden Dollar aus dem Boden gestampft, aus dieser sollen im Vollausbau bis zu 800.000 Fahrzeuge pro Jahr rollen. Davon ist man jetzt mit 40.000 Autos freilich noch weit entfernt, aber nach AVL hoffen nun auch Zulieferer wie MH Automation, DAM Anlagenbau oder llynx electronic durch den Kontakt vor Ort zum Zug zu kommen. Selbiges gilt für Virtual Vehicle und ALP.Lap im Bereich autonomes Fahren. Schon länger vor Ort ist der Seilbahnspezialist Doppelmayr, dieser hat nahe der Halong-Bucht (bekannt u.a. als Drehort für James Bond) die mit 214 Metern welthöchste Seilbahn realisiert.
Abschließend führte der Weg der Delegation noch nach Ho-Chi-Minh-Stadt, wo ebenfalls ein bestens besuchtes Businessforum und politischer Austausch auf dem Programm standen. Dazu stattete man Mayr-Melnhof einen Besuch ab, der steirische Verpackungsprofi betreibt hier seit 2013 ein Werk mit 170 Mitarbeitern. Und zwar in einem von mittlerweile 325 Industrieparks in Vietnam. Zum Vergleich: 1991 war es ein einziger. Nicht nur darum resümiert LR Barbara Eibinger-Miedl höchst positiv: „Vietnam bietet vielen Chancen. Wir werden unsere Betriebe dabei bestmöglich unterstützen.“