Ein Cartoon-Mensch hält einen großen Magneten und zieht damit Menschen, Likes und mehr an.
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Wie man Kunden digital ans Unternehmen binden kann

Kundenbindungsprogramme werden, vor allem digital, immer beliebter. Was sie bringen? Wir haben uns das näher angeschaut und mit steirischen Anbietern gesprochen.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Die gleich mehreren Lockdowns der letzten Jahre machten es Dienstleistern, Gastronomen und Händlern nicht leicht, Nähe zu ihren Kunden herzustellen. Gerade das wird aber angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen, von Teuerungen bis zu Lieferkettenproblemen, immer wichtiger. Daher wundert es nicht, dass Kundenbindungsprogramme (siehe Factbox) an Bedeutung zu gewinnen scheinen – und das Ende der Fahnenstange dürfte noch nicht erreicht sein. Bei einer Inflation von 11,2 Prozent (im Jänner) liegt es nahe, Kunden mit Rabatten oder Gutscheinen zu locken. Kaum ein größeres Handelsunternehmen hat mittlerweile keine Kundenkarte oder Vergleichbares.

Der Trend lässt sich an Zahlen nachvollziehen. So zeigt eine Erhebung von Statista, dass Kundenbindungsprogramme gerade jüngere Menschen (unter 30 Jahren) ansprechen – und dementsprechend ein Zukunftsmodell sein dürften. Auch eine im Vorjahr von Forrester Consulting im Auftrag des IT-Dienstleisters Comarch durchgeführte Studie unter 549 internationalen Entscheidungsträgern, 121 aus dem DACH-Raum, zeigt: Die Mehrheit (57 Prozent) der Unternehmen hatte seine Kundenbindungsprogramme erst weniger als zwei Jahre im Einsatz. Sie verzeichneten durch ebendiese Programme bis zu 3,5-mal mehr Transaktionen pro Teilnehmer.

„Wir wissen, dass sich das Kaufverhalten durch Kundenbindungsprogramme stark steigert. 30 Prozent der Menschen, die bei Treue-Programmen dabei sind, kaufen mehr. 45 Prozent finden, dass die Attraktivität der Unternehmen dadurch zugenommen hat“, bekräftigt Maximilian Ritter, der in Graz mit einem eigenen Programm durchgestartet ist – der „Wardy-App“. Der Steirer hat dabei das Konzept des Stempelpasses in den digitalen Raum transferiert. Denn gerade dort dürfte auch in diesem Bereich die Zukunft liegen, wie auch Dominik Hütter, Mitgründer der Grazer Itell.Solutions GmbH, die mit „Kubo“ ebenfalls eine App auf den Markt gebracht hat, bestätigt: „Digitale Kundenbindungsprogramme bieten den Unternehmen eine direkte Verbundenheit zu ihren Kunden, auch wenn sie gerade nicht bei ihnen im Geschäft stehen.“

Kubo-Gründer Dominik Hütter mit einem Häferl mit Kubo-Sticker.
© ITELL.SOLUTIONS GmbH Kubo-Gründer Dominik Hütter wirbt in den Betrieben mit Sticker & Co für die App-Nutzung.
Maximilian Ritter und Anton Maresch (v.l.) stehen nebeneinander im Freien.
© Wardy Maximilian Ritter und Anton Maresch (v.l.) sind die beiden Köpfe hinter der Wardy-App.


Regionale Lösungen für alle

„Mein Mitgründer Anton Maresch hat sich bei seinem Lieblings-Kebab-Laden früher immer geärgert, dass es den Stempelpass nicht digital gibt“, erklärt Ritter die Idee. Gleichzeitig habe man eine Scheu der Menschen bemerkt, viele verschiedene Apps nutzen zu müssen. „Deshalb wollten wir eine All-in-one-Lösung schaffen.“ Mittlerweile verzeichnet Wardy 9.000 Downloads, 4.200 aktive Nutzer in den letzten sechs Monaten. Der Vorteil: Man bekommt nicht einen Stempelpass für ein Unternehmen, sondern gleich für verschiedene – vom Café bis zur Friseurin, von den Blend Coffee Roas­ters in Graz bis zum Salon Monika in Raaba.

Ähnlich war es laut Hütter bei Kubo. Als durch die Registrierkassenverordnung QR-Codes auf Rechnungen verpflichtend wurden, entstand die Idee: „Wieso machen wir nicht eine App, in der die Kunden ihre Rechnung einfach scannen können und automatisch Treuepunkte bei ihren Lieblingsbetrieben bekommen?“ Gesagt, getan, mittlerweile wurden schon 200.000 Rechnungen eingescannt, mehr als die Hälfte der Punkte sei schon wieder eingelöst worden. Auch Kubo setzt auf ein breites Portfolio – mit dabei sind etwa die Diesel Kinos oder das Café Fotter in Graz. 

Die Kubo-App im Einsatz im Café Fotter: Nutzer scannen einfach QR-Codes auf Rechnungen ein.
© Café Fotter Die Kubo-App im Einsatz im Café Fotter: Nutzer scannen einfach QR-Codes auf Rechnungen ein.
Ein Kunde kauft eine Kaffe und hält sein Handy hin, damit es digital abgestempelt wird.
© Wardy Wardy-Nutzer holen sich im Betrieb (hier im Ducks Coffeeshop) einen digitalen Stempel ab.


Einfachheit ist der Schlüssel

Die beiden regionalen Kundenbindungsexperten sind sich jedenfalls einig, was den Erfolg eines solchen Programms ausmacht. „Einfachheit ist das Um und Auf“, betont Ritter. Hütter ergänzt: „Es darf weder für die Betriebe noch für die Unternehmen ein großer Auftrag sein.“ Und: „Das Ziel muss für die Kunden erstrebenswert sein.“ Also: Rabatte, Gutscheine – die auch nicht allzu schwer erreichbar sind. 

Der digitale Raum biete Unternehmen dabei zusätzlich zum Aufbau von Loyalität auch die Möglichkeit, Kontakt mit den Usern aufzunehmen – im Fall von Wardy oder Kubo direkt über die App. „Sie können ihnen zum Beispiel einen Kaffeegutschein zukommen lassen, wenn Kunden schon länger nicht mehr im Geschäft waren“, erzählt Hütter. Richter bekräftigt: „Wir können den Betrieben auch wichtige Daten liefern – und nachvollziehen, an welchen Tagen oder zu welchen Uhrzeiten mehr gestempelt wird.“ Gleichzeitig setzen beide Unternehmen auf Datenschutz – in der Vergangenheit immer wieder ein Streitthema bei Kundenbindungsprogrammen. Die Anmeldung bei beiden Apps funktioniert auch anonym – erreichbar ist man für die jeweiligen Betriebe nur darüber.

Wo sich Kundenbindung hinentwickeln wird? „Corona hat dem digitalen Bereich, etwa auch QR-Codes, einen Schub gegeben. Auch der regionale Fokus hat sich verstärkt“, analysiert Hütter. Und Richter ist überzeugt: „Das Bilden von Communities wird wichtiger werden.“ So wie es die beiden steirischen Betriebe mit ihren unternehmensübergreifenden Kundenbindungsapps schon jetzt schaffen.



Arten von Kundenbindungsprogrammen

Ein Klassiker der Kundenbindung ist das Treuepunktesystem. Der Kunde sammelt mit jedem Einkauf Punkte, mit welchen er anschließend Ermäßigungen erhält. Ähnlich verhält es sich mit gestaffelten Programmen, wobei sich hier die Höhe des gewährten Rabatts an einer Staffelung der gesammelten Punkte orientiert. Bei bezahlten Treueprogrammen (Mitgliedschaft) zahlt der Kunde eine Teilnahmegebühr, um Vorteile eines Unternehmens in Anspruch nehmen zu können. Mit wertbasierten Bindungsprogrammen werden die Prämieneinnahmen der Kunden gespendet. 



  • 57,1 Prozent sind laut Retail- Loyalty-Studie 2022 des Unternehmens Knistr von mindestens einem Kundenbindungsprogramm begeistert. 11,2 Prozent mehr als 2020
  • 3,5 mal mehr Transaktionen pro Teilnehmer bringen Kundenbindungsprogramme. So eine Studie aus dem Vojahr im Auftrag von Comarch.