Stellungnahme – Novelle Stmk. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz 2019

23.03.2023

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 08.08.2023

Empfänger

Amt der Stmk. Landesregierung
Abteilung 6 Bildung und Gesellschaft
Referat Kinderbildung und -betreuung
Karmeliterplatz 2
8010 Graz

Absender

WKO Steiermark
Präsidium
Körblergasse 111–113
8010 Graz

Datum

Graz, am 23.03.2023

Inhalt

Stellungnahme – Novelle Stmk. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz 2019;
Novelle Stmk. Kinderbetreuungsförderungsgesetz 2019
GZ: ABT06-530/2020-23 und ABT06-530/2020-31

Sehr geehrte Damen und Herren,

die WKO Steiermark dankt für die Übermittlung der Gesetzesentwürfe und nimmt wie folgt dazu Stellung:

Allgemeines

Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen durch ausreichend Kinderbetreuungsangebote sind wesentliche Hebel bei der Bekämpfung des Arbeitskräftemangels. Aus Sicht der Wirtschaft ist daher die Sicherstellung von ausreichend qualitätsvoller Kinderbetreuung ein bedeutendes gesellschafts- und standortpolitisches Thema. Die heimische Wirtschaft begrüßt daher die Bemühungen des Landes Steiermark die angespannte Situation im Elementarbereich zu entschärfen. Besonders positiv hervorzuheben sind dabei die vorgeschlagenen gesetzlichen Erleichterungen in puncto (Wochenend-)Randzeiten, Gruppenzusammenlegungen an Nachmittagen, Tageseltern sowie die Einrichtung eines Verstärkungspools, die Förderung der Überschneidungszeiten von Elementarpädagog:innen im Rahmen der Gruppenübergabe, die geplante Verbesserung des Betreuungsschlüssels in Kindergärten und die Einführung einer steiermarkweiten Sozialstaffel für Kinderkrippen.

Trotz erster wichtiger Schritte in die richtige Richtung, bleiben insbesondere folgende Punkte im vorliegenden Maßnahmenpaket offen:

  1. Maßnahmen zur Deckung des langfristig steigenden Personalbedarfs
    Das Land Steiermark geht in seinen Erläuterungen zur Novelle des StKBBG 2019 davon aus, dass der Personalbedarf in den nächsten Jahren bei den Pädagog:innen um ca. 1.000 und bei den Betreuer:innen um ca. 500 Personen steigen wird. Um diesen Bedarf decken zu können, braucht es zusätzlich zur 15.000 Euro-Prämie des Landes Steiermark und der geplanten Ausbildungsoffensive des Bundes weitere Begleitmaßnahmen. Aus Sicht der Wirtschaft wäre die Initiierung einer steiermarkweiten Ausbildungsoffensive wünschenswert. Neben einer Imagekampagne zur Aufwertung der Berufe im Elementarbereich und einer breiten Bewerbung der bereits bestehenden (Aus-)Bildungsmöglichkeiten in der Steiermark (von den BAfEP, über die Angebote der Pädagogischen Hochschulen bis hin zum Masterstudium Elementarpädagogik an der Uni Graz), braucht es vor allem attraktive berufsbegleitende Ausbildungsangebote bzw. Aufschulungsangebote für Betreuer:innen und Tageseltern. Da laut einer österreichweiten Studie des ÖIFB aus dem Jahr 2022 nur 54,7% der Absolvent:innen der 5-jährigen BAfEPs in einschlägige Sektoren eintraten, allerdings 83,7% der Kolleg-Absolvent:innen, sollten insbesondere Kolleg-Angebote bzw. Angebote für Quereinsteiger:innen in der Steiermark (vor allem auch an den Pädagogischen Hochschulen) ausgebaut werden.
    Ausbildungsprogramme und Förderangebote gemeinsam mit dem AMS – wie z.B. Ausbildungen zur Betreuer:in, Implacementstiftungen mit Landesbeteiligung, das Fachkräftestipendium oder die Qualifizierungsförderung für Beschäftigte zur Höherqualifizierung – wären ebenfalls Möglichkeiten, um dem steigenden Personalbedarf im Elementarbereich zu begegnen.
    Gleichzeitig sollte die Einrichtung gemeinde- und trägerübergreifender Springer:innen-Pools vom Land Steiermark forciert werden, um Personalausfälle besser kompensieren und das Betreuungsangebot aufrecht erhalten zu können. Für einen funktionierenden Springer:innen-Pool ist es zudem notwendig, den Adressatenkreis zu erweitern und in Richtung BAfEP-Absolvent:innen und BAfEB-Praktikant:innen am Ende der Ausbildung Anreize zu setzen, sich als Springer:innen zur Verfügung zu stellen (z.B. bei Studierenden zusätzlich die Anrechnung als freies Wahlfach bzw. Erlangung von ECTS-Punkten, längere Berufspraktika der BAfEP-Schüler:innen etc.).
  2. Maßnahmen zur Erleichterung der Administration und Verwaltung in Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtungen
    Um dem Ziel „Entlastung des Betreuungspersonals“ gerecht zu werden, gilt es eine steiermarkweite Digitalisierungsoffensive im Elementarbereich zu starten. Digitale Hilfsmittel können nicht nur die erforderliche Administration und Dokumentation vereinfachen, sondern auch gezielt für die Planung und Steuerung des regionalen Kinderbildungs- und -betreuungsangebotes in der Steiermark eingesetzt werden (z.B. Modernisierung des KIN-WEB-Tools).
    Darüber hinaus wäre es sinnvoll, die bestehende Verpflichtung zur schriftlichen Bildungs- und Arbeitsdokumentation zu evaluieren und gegebenenfalls – unter Einbeziehung der diesbezüglichen wissenschaftlichen Expertise am Hochschulstandort Steiermark – praxistaugliche Lösungen zu erarbeiten.
  3. Maßnahmen zum Ausbau und zur Flexibilisierung des VIF-konformen Kinderbildungs- und -betreuungsangebotes
    Ergänzend zu den angestrebten qualitativen Verbesserungen der Rahmenbedingungen in Kindergärten ist es unerlässlich, den Ausbau eines VIF-konformen Kinderbildungs- und -betreuunsgangebotes in der Steiermark – besonders im Bereich der unter 3-Jährigen – weiter voranzutreiben. Dafür müssen von Landesseite auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Uns ist bewusst, dass sich in Zeiten knapper öffentlicher Haushalte und vor dem Hintergrund eines akuten Personalmangels bei gleichzeitiger Verbesserung des Betreuungsschlüssels ein Ausbau als schwierig gestaltet, langfristig muss dieser aber weiterhin priorisiert werden. In puncto Betreuungsquoten (auch unter Berücksichtigung der von Tageseltern betreuten Kinder) rangiert die Steiermark weiterhin am unteren Ende im Bundesländervergleich. Die Betreuungsquoten sollten daher so rasch wie möglich zumindest an den österreichischen Durchschnitt angepasst werden, damit die Steiermark weiterhin als Lebens- und Wirtschaftsstandort attraktiv bleibt.
    Dahingehend wäre es auch sinnvoll, die betriebliche Kinderbildung- und -betreuung in der Steiermark zu attraktivieren. Dazu gehört u.a. die gezielte Bereitstellung von Informationen für Unternehmen (Informationsfolder zu den Organisationsformen, den Raumerfordernissen, Förderungen etc.), mehr Flexibilität bei den Betreuungszeitmodellen, attraktive Förderangebote für Betriebe sowie eine unbürokratische Abwicklung. 

Zur Begutachtung

Novelle Stmk. Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz 2019

§ 15 – Zusammenlegung von Gruppen

Abs 2 – Kinderhöchstzahl bei zusammengelegten Gruppen
Die Zusammenlegung von Gruppen sollte zu denselben Kinderhöchstzahlen erfolgen können wie in § 14 und nicht strenger geregelt werden.

Abs 3 - Zusätzliche Flexibilität
Die Einführung von Kern- und (Wochenend-)Randzeiten sowie die Schaffung zusätzlicher gesetzlicher Flexibilität wird begrüßt.

§ 17 Abs. 3a – Personal je Gruppe

Die Möglichkeit, an den Randzeiten und bei unvorhersehbarer Minderausstattung die Gruppenführung an die pädagogische Hilfskraft zu übertragen, wird begrüßt.

Vor dem Hintergrund des akuten Personalmangels an ausgebildeten Elementarpädagog:innen regen wir an, generell die Möglichkeit zu schaffen, an den Randzeiten die Aufgaben der gruppenführenden Pädagog:in Betreuer:innen übertragen können, sofern es mit dem pädagogischen Konzept der jeweiligen Einrichtungen vereinbar ist.

§ 24 Abs. 2 – Vertretungsregelung

Die Möglichkeit innerhalb eines Zeitraumes von 6 Wochen Pädagog:innen durch geeignete Aufsichtspersonen zu ersetzen wird grundsätzlich begrüßt, allerdings sollte für einen ausreichend großen träger- und gemeindeübergreifenden Springer:innen-Pool Sorge getragen werden, damit zumindest die quantitativen Vorgaben zur Personalausstattung (zwei Betreuungspersonen pro Kindergartengruppe) erfüllt werden können.

Die WKO Steiermark ersucht um Berücksichtigung der vorgebrachten Änderungs- und Ergänzungswünsche.

Freundliche Grüße

Ing. Josef Herk, Präsident

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA, Direktor


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