Ein Blick von oben auf eine Menschenmenge – davor sieht man eine Frau mit Hörgerät
© Adobe Stock/Pixel-Shot; Adobe Stock/Dmytro

Steirischer KI-Filter sorgt für besseres Hören

Das Grazer Unternehmen „Clir Technologies GmbH“ sagt Störgeräuschen den Kampf an – in Hörgeräten, Videos und Webcalls.

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

Die Idee kam Andreas Krassnitzer schon vor einigen Jahren – durch seinen Bruder: „Damals hatte ich eigentlich vor, mich als Softwareentwickler dem autonomen Fahren zu widmen“, erklärt er. Es sollte anders kommen. Eines Tages probierte Krassnitzer das Hörgerät seines Bruders aus: „Eine Katastrophe. Ich war wirklich schockiert, weil dadurch nicht nur Sprache, sondern auch alle Umgebungsgeräusche massiv ver­stärkt wurden – egal ob Sprache oder Lärm. Gleich mein erster Gedanke war: Das muss doch besser gehen.“ Gesagt, getan, in seiner Mas­terarbeit untersuchte Krassnitzer genauer, wie künstliche Intelligenz Sprache und Hintergrundlärm unterscheiden kann, er forschte in Neuseeland und erkannte – es gibt Bedarf am Markt. Im Juni 2021 schließlich gründete er das Unternehmen „Clir Technologies GmbH“. Mittlerweile sind zwei erste Produkte am Markt und erzielen Umsätze:  „Clir Voice“ und „Clir Clips“. 

Ersteres widmet sich eben jenem Grundproblem, das Krassnitzer einst auf das Thema aufmerksam machte. „Die App verwandelt das Smartphone in ein externes Mikrophon. Umgebungsgeräusche werden herausgefiltert und das Ganze dann über Bluetooth an das Hörgerät oder die Kopfhörer gestreamt“, erklärt er. Heißt: Menschen mit Hörschwäche nutzen bei Gesprächen in lauten Umgebungen, etwa Restaurants oder in Baustellen-Nähe, ihr iPhone (bisher funktionieren Clir-Produkte nur auf Apple-Geräten) als Zwischenstelle, um Unterhaltungen folgen zu können, während Umgebungsgeräusche nicht noch zusätzlich verstärkt werden. Schon jetzt habe man 800 bis 1.000 aktive Nutzer, mittlfristig sei aber der Plan, die Technologie direkt in Hörgeräten oder Kopfhörern anzuwenden – ohne iPhone als Zwischengerät. „Wir sind da schon mit einigen Herstellern in Kontakt“, so Krassnitzer. 

Das zweite Produkt Clir Clips widmet sich der Verbesserung von Videos – mit der App kann man sie von lästigem Hintergrundlärm befreien. „Hier verzeichnen wir schon rund 1.000 monatliche Downloads“, freut sich der Clir-Gründer.

Und es stehen noch weitere Innovationen an. Die neue Applikation „Clir Space“ soll durch künstliche Intelligenz Webcalls, egal ob über Zoom, Teams oder andere Anbieter, von Hintergrundlärm befreien und so den Büroalltag erleichtern. „Damit muss man künftig keinen Meeting-Raum mehr buchen, nur um zu telefonieren“, so Krassnitzer. In der Pipeline befindet sich außerdem die App „Clir Studio“, die vor allem für die Podcast-Postproduktion gedacht ist.


Andreas Krassnitzer
© Clir Andreas Krassnitzer

„Wir wollen eine Art ChatGPT für Sprache, Schall und akustische Wahrnehmung entwickeln. Bisherige Technologien sind viel zu stark textbasiert"


Fokus auf die USA

Die Innovationen des Grazer Unternehmens bleiben jedenfalls nicht unbemerkt – erst kürzlich begeisterte man bei einer vom ICS geförderten Reise in den USA. „Die Bereitschaft, auf neue innovative Lösungen zu setzen, ist dort noch einmal größer als bei uns“, erklärt Krassnitzer. Das erklärt auch, dass das Unternehmen bereits jetzt 70 Prozent seiner Umsätze in den Vereinigten Staaten macht – wie der Clir-Gründer betont, ganz ohne geographisches Trageting, rein durch organisches Wachstum. „Wir wollen hier natürlich massiv expandieren – aber jedenfalls auch einen Standort in Europa behalten.“ Momentan sind vier Vollzeitkräfte bei Clir beschäftigt und die Entwicklungspfeile zeigen klar aufwärts. Abgesehen vom aktuellen Start von Clir Space plant man eine globale Fundraising-Kampagne, um Produktentwicklung und -vermarktung auf ein neues Level zu heben. 



QUERGEFRAGT

Was ist eure Vision?

A. Krassnitzer: Eine universelle Sprachintelligenz, die Menschen in ihrem Alltag unterstützt.

Welchen Herausforderungen steht ihr gegenüber?

A. Krassnitzer: Aktuell geht es um die Etablierung am Markt – und die nötige Liquidität, z.B. durch Fundraising.

Was wünscht ihr euch?

A. Krassnitzer: Partnerschaften mit Unternehmen. Also die Technologie in noch mehr Produkte zu bringen, aber auch Firmen, die unsere Apps für ihre Mitarbeiter nutzen wollen.