Die vier Gründer von Skilltree: Viktor Lenlykov, Simon Löwy, Markus Skergeth und Sebastian Wanke (v.l.)
© SABRINA STUMMER - FREILICHTMOMENTE

Steirische Ideen gegen den Arbeitskräftemangel

Wo ein Problem, da eine Lösung. Ein Blick auf drei steirische Unternehmen, die mit innovativen Ansätzen die Personalsuche nachhaltig verbessern und revolutionieren.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Dem Personalmangel entgehen durch die optimale Nutzung interner Ressourcen: Das hat sich das Grazer Unternehmen „Skilltree“ auf die Fahnen geheftet. „Berechnungen zeigen, dass man am deutschsprachigen Markt bis zu 30 Prozent der offenen Stellen mit intern vorhandenen Fähigkeiten besetzen kann“, erklärt Markus Skergeth, einer der Gründer und CEO von Skilltree. „Wir wollten ein System schaffen, in dem die Mitarbeiter ihrem Unternehmen selbst zeigen können, welche Fähigkeiten sie haben. Gerade angesichts des Arbeitskräftemangels sehen wir einen internationalen Trend zu ,skill-based organizations‘.“ Im Fokus stehen nicht mehr strikte Stellenbeschreibungen, sondern verschiedene Aufgabengebiete, je nach Kompetenzen. „Eine Studie von Deloitte zeigt, dass 66 Prozent der Mitarbeiter sagen, dass sie eher bei Firmen arbeiten bzw. dort bleiben wollen, wenn dort Wert auf ihre Fähigkeiten gelegt wird. Es geht um die effizientere Nutzung von Zeit. Ist man nur für eine bestimmte Rolle im Betrieb zuständig, kommt es oft zu Über- und Unterlas­tung. Kann man das aber in Rollenprofile aufsplitten, wird die Arbeit abwechslungsreicher und auch effizienter“, so Skergeth. Durch Skilltree soll man auf einen versteckten Kompetenzpool der Mitarbeiter zugreifen können – ob für Nachfolgeplanung oder die Besetzung neuer Stellen. Den Bedarf bestätigt eine Studie von Skilltree: Rund 70 Prozent der befragten 250 Unternehmen aus dem DACH-Raum gaben an, dass Unternehmen durch den Aufbau einer Fähigkeitsdatenbank den Mangel an Fachkräften durch interne Ressourcen mildern können.

Victoria Schweighofer, Carla Kowanda, Elisa Samitsch (v.l.)
© Daniela Hackinger Das Management-Team: Victoria Schweighofer, Carla Kowanda, Elisa Samitsch (v.l.)

Das Grazer Unternehmen „Talto“ hat es sich zum Ziel gesetzt, Arbeitgeber und Talente zusammenzubringen. Der Grund? „Wir haben immer öfter beobachtet, dass Unternehmen verzweifelt nach Talenten suchen, es aber immer schwieriger wird, sie zu finden. Das liegt auch an einem Generation-Gap – die Wege, junge Mitarbeiter zu finden, haben sich schnell und radikal verändert“, erklärt Mitgründerin Carla Kowanda. So entstand die Idee, den traditionellen Re­cruiting-Prozess zu revolutionieren – mit einer Online-Plattform, die als Sprachrohr zwischen Berufseinsteigern und Betrieben fungieren soll. „Wir interviewen dazu Unternehmen zu jenen Fragen, die Bewerbern auf der Zunge brennen. Auf unserer Plattform sammeln wir diese Informationen und bringen Betriebe mit Studierenden und Absolventen zusammen.“ Mittlerweile treffen auf der Plattform mehr als eine Million Arbeitskräfte mit mehr als 170 Employer Brands aus verschiedenen Branchen aufeinander. „Wir helfen Arbeitgebern, Formate zu nutzen, die für sie kaum greifbar sind. Dazu gehören Reels, TikToks, aber auch Content, der die richtigen Fragen beantwortet  – zu Themen wie Gehalt, Berufsbezeichnungen und wie man sich richtig bewirbt“, so Kowanda. Der Bedarf sei gestiegen – und es zeigen sich Trends; „Wir gehen davon aus, dass sich Talente in Zukunft vermehrt bei Arbeitgebern als für reine Jobs bewerben.“

Helmut Schleich an Schreibtisch vor PC, mit Blick in die Kamera
© Foto Fischer Helmut Schleich

Eine neue Herangehensweise in der Personalsuche – das ist das Konzept der Plattform „meet2find“, die Helmut Schleich – bis Ende 2021 noch Vorstandsdirektor der Merkur Versicherung – vor wenigen Monaten aus der Taufe hob. „Viel zu oft schaffen es Unternehmen nicht, Personal für sich zu gewinnen, weil sie es noch gleich angehen wie vor 20 Jahren“, erklärt er. So kam ihm die Idee  einer Art Datingplattform für Unternehmen und Arbeitssuchende. „Jobinteressierte können kostenfrei und anonym ein Fähigkeiten- oder auch Talenteprofil abgeben – und auch die Rahmenbedingungen, die sie sich wünschen“, so Schleich. Betriebe können meet2find aktuell drei Monate gratis nutzen – sie geben dabei konkret die Fähigkeiten an, die für ihre offenen Stellen gebraucht werden. Passen die Profile zusammen, gibt es einen „Match“. Den Unternehmen werden passende Arbeitssuchende vorgeschlagen, die sie kontaktieren können. Besteht beidseitig Interesse, kommt es zu einem wirklichen Match – erst dann werden die Daten der Jobsuchenden übermittelt, bis dahin sind sie anonym. Der Vorteil? „Die Betriebe kommen so an Menschen heran, die sie sonst nicht erreichen würden. Wir wissen, dass knapp ein Drittel der unselbständig Beschäftigten grundsätzlich gerne den Job wechseln würde – sie wollen sich aber oft nicht ‚outen‘, und der übliche Bewerbungsprozess schreckt sie ab“, erklärt Schleich. Ein weiterer Vorzug: Weil nach Fähigkeiten gesucht wird, kommen auch Menschen für Jobs infrage, für die sie sich sonst mangels Kenntnis vielleicht nicht beworben hätten. Gedacht ist das Portal für alle – auch Praktikanten, Lehrlinge und Pensionisten. Schleich: „Gerade vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels muss man sagen: Die Art, wie viele Unternehmen Personal suchen, funktioniert nicht mehr. Es braucht einen modernen Zugang.“ Keine starren Jobprofile, sondern einen Fokus auf Fähigkeiten und Talente. 


  • 363 tausend zusätzliche Stellen werden in Österreich laut WKO-Analyse bis 2040 von Betrieben nicht besetzt werden können.