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Was wir in Zukunft tanken werden

Der Autoverkehr steht vor einer Revolution. Neue Antriebstechnologien drängen auf die Straße, stoßen aber auf Hürden.

Die Fahrzeuge werden immer moderner, wie auch der Kraftstoff.
© AdobeStock Die Fahrzeuge werden immer moderner, wie auch der Kraftstoff.

Mit ihrer kürzlich verordneten Vollbremsung für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ab 2035 hat die EU mächtig Staub aufgewirbelt. Das Verbot für Zulassungen von diesel- und benzinbetriebenen Autos bedeutet eine Zeitenwende. Einem Großteil der 1,5 Milliarden weltweit gemeldeten Fahrzeuge wurde damit der Stempel „Aussterbende Rasse“ aufgeklebt. Das Ziel ist klar: eine Reduktion der Schadstoffemissionen aus dem Verkehr, um die verschiedenen Etappenziele beim Klimaschutz zu schaffen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg – der viel Platz lässt für Diskussionen um entsprechende Alternativen zu fossilen Treibstoffen. Seitens der Politik setzt man zur Dekarbonisierung auf batteriebasierte Elektro- und Brennstoffzellenautos und versucht die entsprechende Mobilitätswende mit großzügigen Förderungen zu beschleunigen. Das Ergebnis zeigt zwar einen deutlichen Trend, vom angepeilten Ziel ist man aber noch weit entfernt. Von den zuletzt 215.050 Pkw-Neuzulassungen in Österreich waren im vergangenen Jahr 34.179 elektro- oder wasserstoffbetriebene Autos. Zwar ein neuer Rekordwert, vom Ziel, dass jedes zweite Auto ein E-Modell ist, ist man aber noch deutlich entfernt. Dazu kommt der Altbestand, der Jürgen Roth, Vorstandsvorsitzender der eFuels Alliance Austria (siehe unten), davon ausgehen lässt, dass im Jahr 2030 noch immer 87 Prozent der Fahrzeuge mit einem konventionellen Verbrennungsmotor unterwegs sein werden.


Wie „grün“ ist die E-Mobilität?

Als umwelt- und anwendungsfreundliche Alternative setzt ein Teil auf eFuels, also synthetisch hergestellte Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen und CO2 aus der Luft, die im Labor hergestellt werden. Deren Vorteil: Sie können in bestehende Fahrzeuge getankt werden und machen so aus einem fossilen ein „grünes“ Auto. Deren Manko: Sie sind (noch) aufwendig und teuer in der Herstellung und liegen in Sachen Energieeffizienz hinter Wasserstoff und Batterien. Populärer sind weiterhin die batterieelektrischen Antriebe. Wie „grün“ deren Bilanz tatsächlich ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Gerfried Jungmeier hat am Institut für Klimaneutrale Energiesysteme von Joanneum Research Klimabilanzen für verschiedene Fahrzeugtypen von der Produktion bis zur Verschrottung beziehungsweise zum Recycling errechnet. Diese Lebenszyklus­analyse für 240.000 Kilometer Fahrleistung und 16 Jahre Betrieb sieht das Elektroauto bei den Emissionen deutlich vor den Verbrennern, trotz rohstoffintensiver Batterieproduktion. Der konkrete Abstand ist aber abhängig von der Herkunft des Stroms: Stammt er zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen, hat sich ein Elektroauto der Mittelklasse laut Jungmeier bereits nach knapp 30.000 Kilometern „grün gefahren“. Je größer das Auto, je diverser der Strom-Mix, desto länger dauert es. Was bleibt, sind enorme Herausforderungen an die Städteplanung bezüglich der Ladeinfrastruktur: Schnellladestationen befinden sich heute meist am Stadtrand, Einzelladepunkte im öffentlichen Raum sind noch Mangelware, private Ladeboxen nicht überall möglich.

"Eine wunderbare Möglichkeit"

Trotz dieser Herausforderungen hält Helmut Eichlseder, Leiter des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen an der Technischen Universität Graz, elektrisch betriebene Fahrzeuge im städtischen Verkehr für eine „wunderbare Möglichkeit“. Für den Schwerverkehr sieht er aber Vorteile beim Wasserstoff, der aus nachhaltig bereitgestellter Energie erzeugt, gasförmig oder flüssig transportiert und in Brennstoffzellen oder Verbrennungsmotoren eingesetzt wird.

Mix an Motoren

Grundsätzlich sei ein Mix aus verschiedenen Antriebstechnologien am sinnvollsten, betont man auch beim Motorenentwickler AVL List: Für Kurzstrecken im urbanen Bereich batteriebetriebene Elektroautos (auch mit innovativen Ladelösungen, siehe rechts), für den Überlandverkehr  Hybrid- oder eFuels-Lösungen und für den Schwerverkehr Wasserstoff. „Ich würde mir wünschen, dass es mehr Technologieoffenheit gäbe und nicht dogmatisch ein System forciert werden würde“, betont Eichlseder.

Interview mit Jürgen Roth, dem Vorstandsvorsitzender der eFuel-Alliance Austria, einem Zusammenschluss von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die sich mit klimaneutralen Kraft- und Brennstoffen befassen:

Das EU-Parlament hat das Aus für Neuzulassungen für Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 beschlossen. Damit wären auch eFuels aus dem Rennen, bevor sie am Start waren. Sind Sie enttäuscht, verärgert, verwundert?

Jürgen Roth: Enttäuscht, weil es einer Selbstbestrafung gleichkommt und sich Europa in eine neue Abhängigkeit begeben würde. 83 Prozent der für die E-Mobilität notwendigen Rohstoffe sind in chinesischem Eigentum. 

Der deutsche Verkehrsminister ist jetzt zurückgerudert und droht mit einem Veto auf EU-Ebene, sollte die Nutzung von synthetischen klimafreundlichen Kraftstoffen nach 2035 nicht möglich sein. Beruhigt Sie das?

Roth: Auch Italien klettert bereits auf die Barrikaden. Aber mit dem  EU-Vorschlag der Evaluierung bis 2026 verlieren wir wieder wertvolle Zeit am Weg zu den Klimazielen. Die Politik hat da den bewährten Weg verlassen, das Ziel vorzugeben und die Wirtschaft auf Basis der besten Ideen entscheiden zu lassen, wie man dieses Ziel am besten erreicht. Mit der vorliegenden Regelung lässt man das nicht zu. Das sind Fehler, die standortgefährdend sind.

Auch für die Steiermark?

Roth: Die Steiermark ist ein Industrieland mit starken Zulieferbetrieben Richtung deutscher Automobilindustrie. Insofern sind wir betroffen. Denn Elektromotoren sind weniger komplex – dafür sind weniger Komponenten notwendig. Dazu kommt, dass Automobilhersteller weniger in die Entwicklung von Verbrennungsmotoren investieren. Das trifft wiederum Forschungsunternehmen.

Was hätten Sie sich gewünscht?

Roth: Dass man den Green Deal, mit dem Europa seine Klimaschutzziele erreichen will, einem Stresstest unterzieht und prüft, ob die Annahmen noch sozial- und standortverträglich sind.  

Was braucht es?

Roth: Keine Technologie soll ausgespart werden, wenn es darum geht, Millionen Tonnen von CO2-Emissionen einzusparen. Dafür braucht es eine Technologie-Neutralität, denn mit Elektromobilität alleine wird es nicht zu schaffen sein. Dafür fehlt die Netzinfrastruktur.    

Und die Ladeinfrastruktur?

Auch. Es werden 2030 noch immer bis zu 87 Prozent Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor unterwegs sein. Für sie gibt es in Österreich derzeit 3.000 Tankstellen mit je zehn Zapfsäulen. Dort dauert ein Tankvorgang für 1.000 Kilometer ein bis zweieinhalb Minuten. Bei E-Tankstellen dauert das Laden für 300 Kilometer 30 Minuten. Man kann dort vielleicht die Hälfte der gewünschten 10.000 Elektroautos elektrisch laden, aber nicht hundert Prozent. 

eFuels sind aber verhältnismäßig teuer.

Roth: Die AVL entwickelt in Graz eine Anlage, die beweisen wird, dass es auch kostengünstig möglich ist. Außerdem haben eFuels den Vorteil, dass eine Produktion umso billiger wird, je mehr produziert wird. Die synthetischen Quellen sind im Vergleich zu Biokraftstoffen unendlich. Man kann eFuels ja dort produzieren, wo es mehr Sonne, Wind und Wasser gibt als in Österreich. Wir haben 90 Länder identifiziert, die dafür in Frage kommen. Und für Transport und Konsum existiert die Infrastruktur bereits. Man kann bestehende Lager, Tankwagen und Autos benutzen. 


Jürgen Roth
© Kurt Keinrath Jürgen Roth


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