Sich um jeden Preis bewerben
Viele Branchen suchen händeringend nach Mitarbeitern. Bewerbungsgespräche boomen, wer aber trägt entstehende Kosten?

Vorstellungskosten sind Kosten, die einem Stellenbewerber anlässlich seiner Bewerbung um eine freie Stelle bei einem Arbeitgeber entstehen. Ute Gritsch, Expertin im WKO-Rechtsservice, konkretisiert: „Solche Kosten sind typischerweise Fahrtkosten, Übernachtungskosten und Kosten für Unterlagen.“ In der Praxis machen Stellenwerber Vorstellungskosten meist nur geltend, wenn der erwünschte Abschluss eines Arbeitsvertrages scheitert. Gritsch: „Ob ein Stellenbewerber die ihm entstandenen Vorstellungskosten vom potentiellen Arbeitgeber ersetzt bekommt, hängt ganz vom Verhalten des potentiellen Arbeitgebers vor dem Vorstellungsgespräch ab. Im geltenden Recht findet sich keine ausdrückliche Regelung über den Ersatz der Vorstellungskosten.“
OGH-Entscheidung
Der Oberste Gerichtshof hat allerdings entschieden, dass der potentielle Arbeitgeber dann die Vorstellungskosten zu übernehmen hat, wenn er den Stellenbewerber ausdrücklich zur persönlichen Vorstellung aufgefordert hat. Dazu die Expertin: „Die Aufforderung des Betriebes an den Bewerber, zu einem Vorstellungsgespräch zu erscheinen, wird vom Obersten Gerichtshof als Angebot eines Auftrages gesehen, der einerseits vom Bewerber ausdrücklich oder stillschweigend durch schlüssige Handlungen angenommen wird und andererseits einen Ersatzanspruch für den dabei entstehenden Aufwand des Stellenbewerbers begründet.“ Kurz gesagt: Wer den Auftrag für die Abwicklung des Vorstellungsgespräches erteilt, hat für die entstehenden Kosten (z.B. Fahrtkosten) aufzukommen. Der Arbeitgeber kann seiner Verpflichtung ganz oder teilweise entgehen, indem er in seiner Einladung zum Bewerbungsgespräch den Anspruch auf den dabei entstehenden Aufwandersatz explizit ausschließt. In der schriftlichen Einladung zu einem konkreten Bewerbungsgespräch sollte der Arbeitgeber daher unmissverständlich darauf hinweisen, dass er die im Zusammenhang mit der Bewerbung entstehenden Kosten nicht trägt.
Richtig formulieren
Eine entsprechende Formulierung könnte wie folgt lauten: „Wir möchten betonen, dass wir Ihnen entstehende Aufwendungen – wie z.B. Fahrtkosten, Tages- oder Nächtigungsgelder – nicht ersetzen werden“. Keinesfalls sind Vorstellungskosten vom Arbeitgeber zu tragen, wenn sich der Arbeitnehmer bloß aufgrund einer Annonce des Arbeitgebers (z.B. aus dem Stellenangebot einer Zeitung) oder ohne vorhergehende Kontaktaufnahme beim potentiellen Arbeitgeber persönlich vorgestellt hat.
Eine unaufgeforderte Bewerbung begründet nach Meinung des OGH deshalb keinen Anspruch des Stellenbewerbers auf Ersatz für den dabei entstehenden Aufwand, weil eine Zeitungsannonce des Arbeitgebers noch keine Aufforderung zu einem Bewerbungsgespräch darstellt.