Produktionsprimus sucht den Präsidenten
Das Rennen um den Einzug in die Prager Burg geht in die heiße Phase. Indes kämpft Tschechien gegen die Inflation – und für den Ausbau der für das Land wichtigen Produktion.

Heiße Phase im Kampf um das Amt des Präsidenten in Österreichs Nachbarstaat: Tschechien wählt am 27. und 28. Jänner, wer in die Prager Burg einzieht. In der finalen Stichwahl kommt es zu einem ungleichen Duell: Das 10,5 Millionen Einwohner starke Land steht vor der Wahl zwischen Ex-Premier Andrej Babiš und Ex-Generalstabschef Petr Pavel. Der pensionierte Armeegeneral ist im ersten Wahlgang auf 35,4 Prozent gekommen. Herausforderer Babiš, Milliardär und gebürtiger Slowake, war ihm mit 35 Prozent dicht auf den Fersen.
Der hart geführte Wahlkampf – die beiden Kontrahenten werfen sich unter anderem wechselseitig kommunistische Vergangenheit vor – hat auch Auswirkungen auf die operativ-politisch Ebene: So brachte Babiš’ Partei eine Misstrauensabstimmung gegen die Fünf-Parteien-Regierung des konservativen Premiers Peter Fiala im Parlament ein. Oppositionsführer und Präsidentenkandidat Babis bringt das vor allem eine mediale Bühne. Eine politische Show – dabei hätte die Regierung alle Hände voll zu tun. Allem voran mit den wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes. Die durchschnittliche Jahresinflation ist auf 15,1 Prozent geklettert, die Wohnkosten sind explodiert. Daher plane die Regierung, diese auf „30 Prozent ihrer Einkommen bzw. 35 Prozent in Prag zu beschränken“, weiß Roman Rauch, Wirtschaftsdelegierter der Wirtschaftskammer Österreich in der tschechischen Hauptstadt.
Steigende Inflation
Auf die steigende Geldentwertung hat Österreichs sechstwichtigster Wirtschaftspartner bereits reagiert: „Kernstück der Entlastung ist ein Strom- und Gaspreisdeckel für Privathaushalte bzw. kleine und mittlere Unternehmen (KMU, Anm.). Für KMU, die an das Hoch- und Höchstspannungsnetz angeschlossen sind, gilt dabei die Obergrenze von 80 Prozent des höchsten monatlichen Verbrauchs der letzten fünf Jahre. Das soll die Unternehmen zum Sparen motivieren“, erklärt der Wirtschaftsdelegierte. Im Ukraine-Krieg hat sich das Land klar positioniert: „Tschechien gilt als einer der stärksten Unterstützer der Ukraine und liefert Munition und Artillerie-Granaten. Man unterstützt auch bei der Reparatur von beschädigten Panzern“, erzählt Rauch. Die Rüstingsindustrie würde dementsprechend auf Hochtouren laufen, so der Wirtschaftsdelegierte.
Škoda verliert Markt und plant die Gigafactory
Die Folgen des Kriegs sind in Tschechien auch anderweitig spürbar: „Zwar belief sich der tschechische Außenhandel mit Russland und der Ukraine schon vor Kriegsbeginn auf nur drei Prozent des tschechischen Exportvolumens“, sagt Rauch, „dennoch haben große Unternehmen wichtige Auslandsmärkte verloren.“ Allen voran Škoda: Der Autobauer (beschäftigt über 35.000 Mitarbeiter in Tschechien) verlor mit Russland den zweitgrößten Auslandsmarkt – und damit rund 90.000 Fahrzeuge jährlich. Ob Volkswagen eine der sechs geplanten „Gigafactorys“ für Batteriezellen in Tschechien baut, wird in den kommenden Monaten bekannt gegeben. Der Automotive-Hersteller sei ein Paradebeispiel für die Struktur der tschechischen Wirtschaft, sagt Rauch: „Das Land verfügt über die produktionsorientierteste Wirtschaft der EU. Zirka ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts wird mit Produktion erwirtschaftet.“ Diese Qualität stellt Tschechien auch in anderen Bereichen unter Beweis: „Tschechien ist eines der wenigen Länder der Welt, die mit den im Land erzeugten Komponenten ein komplettes Flugzeug bauen können.“ Neben der Automotive-Industrie sei dies ein Segment, in dem steirische Unternehmen künftig Markterfolge erzielen könnten, so Rauch. Auch im Bereich „grüne Transformation“ (Energieeffizienz, Isolierungen, Photovoltaik) würde man in Tschechien einen attraktiven Markt vorfinden.
Kontakt und Information:
Außenwirtschaftscenter Prag, prag@wko.at, +420 222 210 255, WD Roman Rauch