Foto-Montage eines Fleischwolfs. Oben kommt Gemüse rein, unten Faschiertes raus. All das auf grünem Hintergrund mit rechts einigem an Gemüse.
© Fotolia/Lucky Dragon; AdobeStock/mizina

Pflanzen sind das „Fleisch“ von morgen

Immer mehr Österreicher wollen, auch zu Ostern, ihren Fleischkonsum einschränken, Ersatzprodukte erobern den Markt, was sich an steigenden Umsatzzahlen zeigt. Auslöser sind Tierwohl und Klimaschutz. 

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

Osterschinken, Selchwürste, gefärbte Eier – dazu Weißbrot (mit oder ohne Rosinen) und kräftig Kren: Da läuft wohl vielen schon das Wasser im Mund zusammen. Denn fest steht, bei Feiertagen wird in Österreich gerne kräftig zugelangt – und tierische Produkte stehen meist im Mittelpunkt. Allerdings, gerade in den letzten Jahren, zeigt sich ein zunehmender Trend in Richtung  fleischlose Ernährung. „Früher gab es gerade am Land bei der Osterjause nur Fleisch – jetzt werden auch Gemüse, Aufstriche und Käse immer beliebter“, bestätigt etwa Sigrid Spath, Obfrau des Landesgremiums des Lebensmittelhandels der WKO Steiermark (Details zum heurigen Oster-Handel siehe S. 20). Auch eine Erhebung der Statistik Austria aus dem Vorjahr zeigt, dass der Pro-Kopf-Verbrauch tierischer Erzeugnisse (Fleisch, Fisch, Milch und Eier) 2021 zurückging – um 8,1 auf nunmehr 226,2 Kilogramm. Elf Prozent der Österreicher gaben laut Statista 2021 an, vegetarisch oder vegan zu leben, der letzte EU Smart Protein Report hält fest, dass 42 Prozent der Österreicher ihren Fleischkonsum reduzieren wollen. In dieselbe Richtung weist eine von Spar im Vorjahr bei Marketagent in Auftrag gegebene Studie: Demnach kochen mehr als 60 Prozent der Haushalte mindestens einmal die Woche vegetarisch, 23,8 Prozent konsumieren mindestens einmal im Monat ein pflanzliches Fleisch­ersatzprodukt. Dieser Markt wächst global und auch in Österreich – zwischen 2018 und 2020 hat sich das Marktvolumen für Fleischersatzprodukte fast verdoppelt – von rund 5,5 auf 9,6 Millionen Euro. 

Am Markt angekommen

Vegetarische und vegane Produkte sind also im Kommen. Das bestätigt nicht zuletzt der Erfolg der Messe „Veggie Planet“, die Anfang Februar in der Grazer Seifenfabrik stattfand. „Obwohl wir kaum Werbung gemacht haben, gab es einen Besucherrekord mit rund 5.000 Gästen“, freut sich Felix Hnat, Obmann der „Veganen Gesellschaft Österreich“. Wenig überraschend plant man dementsprechend eine Wiederholung in der (so Hnat) „Vegan-Hauptstadt Österreichs“. Das nächste Event steht bereits in den Startlöchern: Von 12. bis 13. Mai findet am Tummelplatz das Street-Food-Festival „Veganmania“ statt.

„In Bezug auf die Einwohnerzahl ist Graz vielleicht sogar die Vegan-Hauptstadt Österreichs!“

Und auch abseits solcher Veranstaltungen macht sich der fleischlose Trend bemerkbar – in praktisch jedem Restaurant finden sich pflanzliche Alternativen – und auch Marken, die üblicherweise mit Fleisch assoziiert werden, springen auf den Zug auf. Burger King beispielsweise  präsentierte erst vor einigen Wochen unter dem Motto „Gönn Tier mal ’ne Pause“ eine neue pflanzenbasierte Produktlinie – und auch der zweite Fast-Food-Riese McDonald’s hat einen „McPlant“ im Programm.

Auf fleischlose Alternativen setzt man jedenfalls auch im Lebensmittelhandel. Nicht umsonst eröffnete Billa im September mit „Pflanzilla“ einen ersten Standort mit 100 Prozent pflanzlichen Produkten und setzt unter anderem auf die Eigenmarke „Vegavita“. Mit Spar baut auch ein weiterer Branchengigant auf den Trend zu veganer Ernährung. 2012 wurde die Eigenmarke „Spar Veggie“ mit 30 Artikeln gestartet. „Heuer führen wir bereits 134 Produkte unter dieser Marke“, betont Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann. Vegane und vegetarische Ernährung seien ein „Megatrend“, auch aufgrund des technologischen Fortschritts: „Waren die Fleischalternativen früher ein ‚Chemiebaukasten‘ auf Soja-Basis, so sind es heute möglichst natürliche Produkte, die aus verschiedenen Zutaten wie Erbsen, Lupinen oder Weizen bestehen und auch wirklich gut schmecken.“ Das zeigt auch die Marketagent-Studie: Demnach sind Erbsen die beliebteste Basis von Fleischersatzprodukten (36 Prozent), gefolgt von Pilzen (33,1 Prozent) und Soja (29,7 Prozent). Für jene, die sich geschmacklich noch nicht für Ersatzprodukte begeistern können, ihren Tier-Konsum aber gerne einschränken würden, gibt es übrigens Hoffnung: Grazer Forscherinnen des Austrian Centre of Industrial Biotechnology arbeiten an umwelt- und tierfreundlichem Fleisch aus dem Reagenzglas.

Faktor Klimaschutz

Der Trend dürfte jedenfalls so bald nicht abreißen: Laut dem Marktforschungsunternehmen Nielsen hat sich die Nachfrage nach pflanzlichen Fleischersatzprodukten im Jahresvergleich um 16 Prozent, bei Milchersatzprodukten um 7,6 Prozent gesteigert. Was dahintersteckt? Auch das wurde in der Marketagent-Studie abgefragt: 52,2 Prozent der 500 Befragten gaben Tierwohl/moralische Bedenken als Gründe für eine fleischlose Ernährung an, an zweiter Stelle folgten Sorgen um Umwelt und Klima.


Tatsächlich schneiden Fleischersatzprodukte in puncto Treibhausgase deutlich besser ab als ihre tierischen Vorbilder. Laut einer Untersuchung des deutschen Umweltbundesamts werden bei einem Kilogramm Fleischersatz auf Sojabasis 2,8 kg an Treibhausgasen ausgestoßen, bei Rindfleisch sind es ganze 30,5. Angesichts des Klimawandels könnte dieses Argument noch an Bedeutung gewinnen – und die Osterjause in 20 Jahren ganz anders aussehen, als wir sie heute kennen.



  • 226,2 Kilogramm an tierischen Erzeugnissen wurden laut Statistik Austria 2021 pro Kopf verbraucht. 8,1 kg weniger als im Jahr davor. 
  • 42 Prozent der Österreicher wollen laut EU Smart Protein Report den Fleischkonsum reduzieren. 11 Prozent lebten 2021 vegetarisch oder vegan.
  • 16 Prozent stieg laut Nielsen die Nachfrage nach pflanzlichen Fleischersatzprodukten im Jahresvergleich, um 7,6 Prozent bei Milchprodukten.
  • 9,6 Millionen Euro betrug das Marktvolumen für Fleischersatzprodukte in Österreich 2020, im Jahr 2018 waren es nur 5,5 Millionen Euro. 
  • 2,8 Kilogramm Treibhausgase werden laut einer Studie des Umweltbundesamts in der Produktion von 1 kg Soja-Fleischersatz ausgestoßen.
  • 30,5 Kilogramm an Treibhausgasen resultieren laut Studie aus 1 kg Rindfleisch, 4,1 kg sind es bei Schweinefleisch, 4,3 kg bei Geflügel.

Eine herzhafte Jause mit Würsten und bunten Eiern
© Adobe Stock/Lumixera Die klassische Osterjause könnte in Zukunft seltener zu sehen sein