Podium beim steirischen Bautag: Gollenz, Sacherer, Stvarnik und Seitinger mit Zeisberger
© Helmut Lunghammer

Leistbarkeit als größte Hürde beim Wohnen

 „Wie wohnen wir 2035?“ Diese Frage stellte die Bau-Innung der steirischen Wohnbevölkerung und der Bauwirtschaft im Rahmen einer groß angelegten Bau-Enquete. Die Ergebnisse wurden kürzlich beim Steirischen Bautag  im Schloss Vasoldsberg präsentiert.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

Wie wir wohnen (wollen), das ist eines der großen Lebensthemen: Über ein Drittel der Steirerinnen und Steirer machen sich derzeit Gedanken ums Wohnen, und das völlig unabhängig davon, ob sie einen Umzug planen oder eine Wohnung/ein Haus kaufen/bauen wollen. Das ergibt die Studie von mResearch, die im Auftrag der Landesinnung Bau der WKO Steiermark repräsentativ im ganzen Bundesland durchgeführt wurde. Je jünger die Menschen und je höher das Einkommen, desto relevanter wird das Thema. Parallel dazu befragte das Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung die steirische Bauwirtschaft nach den größten Herausforderungen. 

Eigenes Einfamilienhaus vor allem am Land beliebt

Was die Vorstellungen vom idealen Wohnen angeht, ist man sich bei der präferierten Größe relativ einig: 89 Prozent wünschen sich eine Wohnfläche von über 60 Quadratmetern. Bei einem Haus darf’s ein bisserl mehr sein (über 100), Mietwohnungen dürfen auch kompakter sein. Wie der persönliche Wohntraum aussieht, hängt auch davon ab, ob man urban oder ländlich lebt: 46 Prozent der Befragten wünschen sich ein Haus im Eigentum, das ist vor allem am Land „der große Traum“, 20 Prozent präferieren die Mietwohnung, 17 Prozent die Eigentumswohnung, was vor allem in der Stadt ein häufiger Wunsch ist. Zwei Drittel der Menschen leben derzeit im Eigentum und sind damit auch „sehr zufrieden“. Je jünger und je urbaner die Menschen, desto häufiger wird gemietet. 


Nachhaltigkeit, Mobilität und Barrierefreiheit

Wir werden älter und legen mehr Wert auf Nachhaltigkeit: Das sind zwei große Wohntrends der Zukunft in der Steiermark. Bei der Frage nach den Top-„Zusatzfeatures“ bei Wohnung, Haus und Co. spielt die Mobilität eine große Rolle: 72 Prozent brauchen einen Abstellplatz für ein Auto, 45 Prozent wollen eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr. 52 Prozent legen besonderen Wert auf Energieeffizienz. Die Barrierefreiheit wird mit steigendem Alter immer wichtiger. „Die Bauwirtschaft sieht hier einen klaren Auftrag: Ökologische und nachhaltige Bauweise und Ausstattung gehören zu den am stärksten wachsenden Trends bei Menschen, die Wohnraum suchen. Ein Schwerpunkt muss in Zukunft also auf die Umsetzung von ökologischen und nachhaltigen Bauprojekten liegen“, so Innungsmeister Michael Stvarnik. 


Kauf, Miete & Co: die größten Wohn-Hürden

Wer Wohneigentum anstrebt, steht oft vor großen Hürden. Laut der Bevölkerungsbefragung sind das vor allem die Finanzierung, die für 61 Prozent der Befragten ein wichtiges Thema ist, gefolgt von den hohen Kaufpreisen (58 Prozent). Dass die Leistbarkeit von Wohnraum zu einem immer größeren Problem wird, ergibt sich auch aus den Daten des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung vom März 2023. Der Preis für einen Quadratmeter Wohnraum ist in der Steiermark in den letzten 15 Jahren durchschnittlich von unter 1.500 auf 2.000 Euro gestiegen. Dafür muss man hierzulande 27 Tage arbeiten, um sich einen Quadratmeter Wohnraum leisten zu können. Laut Raiffeisenverband stieg der Preis für ein durchschnittliches Einfamilienwohnhaus um das 8,5-Fache eines Jahres-Netto-Haushaltseinkommens. Allerdings gab es keine Veränderung der Kreditraten über diesen Zeitraum, wodurch das Thema „Leistbarkeit“ eine untergeordnete Bedeutung hatte. Auf der anderen Seite schnellte der Baukostenindex für den Wohn- und Siedlungsbau in den letzten Jahren in die Höhe: 2022 lag er bei 210 – im Vergleich dazu lag er im Jahr 2020 bei 170. Fazit: Bauen wird teurer, was letztlich zulasten der wohnenden Menschen geht. Für die Baubranche ergibt sich aus all diesen Faktoren ein klares Signal. Michael Stvarnik: „Mehr leistbares Wohnen ist das Gebot der Stunde. Einsparungen sind etwa denkbar durch mehr Energieeffizienz, etwa durch bessere Gebäudedämmungen, was zu niedrigeren Betriebskosten führt.“ 


„Zeitnahe Lösungen für die Bauwirtschaft“

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion wurden die aktuellen Herausforderungen der Branche diskutiert. Die Vertreter der Genossenschaften und der Immobilienwirtschaft sehen eines der großen Probleme in der Zinssituation: „1 Prozent mehr Zinsen bedeutet 1,20 Euro mehr Quadratmetermiete“, so Wolfram Sacherer. Das sei, so Martin Schaller, auch das Ergebnis einer „verschlafenen Zinspolitik der EZB“. Dazu kommen noch Grundstückspreise, die etwa in Graz „jenseits von Gute und Böse“ seien, so Gerald Gollenz. Hausgemachte Probleme wie die neue Bebauungsdichteverordnung würden das Bauen und somit das Wohnen noch teuer machen, so der Tenor seitens der Bau- und Immobilienwirtschaft. Landesinnungsmeister Michael Stvarnik appellierte mehrmals an Landesrat Johann Seitinger, Rahmenbedingungen zu schaffen, „damit es beim Wohnbau zu keinem Stillstand kommt“. Die Politik sei, so Seitinger, in „guten Gesprächen“ und verspreche „zeitnahe Lösungen für die Anliegen der Bauwirtschaft“.

Zu Wort kamen bei der Bau-Enquete auch der Immobilien-Projektentwickler Karl-Heinz Daurer, der einen Blick auf die aktuellen Trends in der Baubranche warf, sowie Raiffeisen-Generaldirektor Martin Schaller, der einen Überblick über die aktuelle Zinssituation gab.