Krise lässt den Pfusch wieder blühen
2022 wurden in Österreich 28,72 Milliarden Euro „schwarz“ erwirtschaftet – 900 Millionen Euro mehr als zuletzt. Der Erhebungsdienst prüft Verdachtsfälle.

Die Preise steigen wie seit Jahrzehnten nicht, die Inflationsrate hat mittlerweile ein zweistelliges Niveau erreicht. Und die Wirtschaftskrise lässt nun auch den Pfusch blühen, wie eine aktuelle Erhebung der Johannes Kepler Universität Linz zeigt. Demnach hätten zwei Drittel der Bevölkerung den Eindruck, sich in der Krise viele Dinge ohne Schwarzarbeit nicht mehr leisten zu können – und so werden Pfuscher für Elektro-Arbeiten (20 Prozent), Auto 20 Prozent) sowie Schönheitspflege und Massage (15 Prozent) eingesetzt. Aber auch Arbeiten rund um Haus und Garten seien gefragt, genauso wie Nachhilfe, hat Professor Friedrich Schneider erhoben. Entsprechend hat das Volumen der Schattenwirtschaft in Österreich im Vorjahr zugelegt – nämlich auf 28,72 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von sage und schreibe 900 Millionen Euro oder 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Da die Realeinkommen durch die hohe Inflation und die hohen Energiekosten gefallen sind, ist mit einem deutlichen Anstieg bei der Schwarzarbeit zu rechnen“, sagt Schneider. Umgerechnet machen die Pfuscher-Milliarden 7,2 Prozent des BIP aus.
Viel Geld also, das dem Finanzminister und den Sozialversicherungsträgern entgeht. Dennoch wird der Pfusch nach wie vor von zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung als Kavaliersdelikt gesehen, so Schneider. Laut der Untersuchung soll ein Fünftel der Österreicherinnen und Österreicher in den letzten zwölf Monaten auf die Dienste eines Pfuschers zurückgegriffen haben. Der durchschnittliche Stundenlohn wird auf 20 Euro geschätzt.
Maßnahmen zur Reduktion des Pfusches
Doch was tun, um den Pfusch einzudämmen? Schneider empfiehlt neben verstärkten Strafen auch anreizorientierte Maßnahmen. Durch die Abschaffung der kalten Progression erwartet er eine Verringerung der Schattenwirtschaft um 700 Millionen Euro pro Jahr. Die Einführung einer steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und Investitionen im Haushalt bis 2.000 Euro im Jahr würde den Pfusch um weitere 800 Millionen Euro reduzieren. Über die Senkung der Lohnnebenkosten könnte die Schattenwirtschaft ebenfalls gebremst werden. Eine weitere Maßnahme wäre, Unternehmen von Auftragsvergaben für öffentliche Aufträge mehrere Jahre zu sperren, wenn sie schwarz arbeiten (lassen).
Wenn im Raum steht, dass irgendwo „gepfuscht“ wird, ist in der Steiermark der Erhebungsdienst der WKO Steiermark am Zug. Vier Pfuscher-Sheriffs sind von Schladming bis Bad Radkersburg, von Mariazell bis Murau im Einsatz, um Verdachtsfälle zu prüfen. Allein im Vorjahr wurden rund 1.500 Erhebungen durchgeführt, davon wurde in 900 Fällen eine unbefugte Gewerbeberechtigung geprüft, berichtet Teamleiter Fritz Klamminger – unterm Strich sind das deutlich mehr als noch im Jahr davor. „In unserer täglichen Arbeit sehen wir, dass die schwierige wirtschaftliche Lage den Pfusch befeuert“, bestätigt auch Klamminger, der seit 38 Jahren Teil des Erhebungsdienstes ist.
Wie Pfuscher-Sheriffs Verdachtsfälle prüfen
Am häufigsten werde im Kosmetiker- und Friseurgewerbe sowie in der Kfz-Technik gepfuscht, auch im Gärtnergewerbe würden immer wieder Vorfälle gemeldet. Am Bau gebe es weniger Schattenwirtschaft als früher, was Klamminger auch auf die starke Präsenz der Finanzpolizei zurückführt, „mit der wir hervorragend kooperieren.“ Auch Schwerpunktaktionen auf Weihnachtsmärkten oder bei bäuerlichen Selbstvermarktern hätten „Erfolge“ gebracht, berichtet Klamminger: Im Vorjahr wurden 170 Anzeigen erstattet und rund 160 Verwarnungen ausgesprochen, schätzt er. „Unser wichtigstes Anliegen ist aber Bewusstseinbildung. Pfusch ist keine Kleinigkeit, sondern schädigt die Wirtschaft massiv und insbesondere den Mitbewerb, der sein Gewerbe rechtmäßig angemeldet hat und sämtliche Abgaben leistet.“ Zuletzt wurden aber nach der Intervention des Erhebungsdienstes 120 Gewerbeanmeldungen nachgeholt.
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