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Hilferuf aus den steirischen Pflegeheimen

In einem offenen Brief an das Land Steiermark fordert das Bündnis „Gute Pflege“ nach über zwei Jahren Pandemie eine rasche Entlastung und mehr Personal.

Jakob Kabas, Martin Hoff, Franz Ferner, Nora Tödtling-Musenbichler und Walter Dolzer (v.l.)
© Foto Fischer Jakob Kabas, Martin Hoff, Franz Ferner, Nora Tödtling-Musenbichler und Walter Dolzer (v.l.)

Die Corona-Ausnahmesituation hat sich seit März 2020 zu einer  jahrelangen Pandemie ausgewachsen. Ein Umstand, der sich auch in den steirischen Pflegeheimen dramatisch niederschlägt. Die ausgebrannten Mitarbeiter der 220 steirischen Pflegeheime sind bei chronischer Personalknappheit am Ende ihrer Kräfte. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, wie die Vertreter des Bündnisses „Gute Pflege“ in einem offenen Brief an das Land Steiermark beschreiben. Um mehr Qualität in der Pflege langfristig sicherzustellen, ziehen dafür Vertreter der Fachgruppe Gesundheitsbetriebe der WKO Steiermark, Caritas, der Landesverband der Alten- und Pflegeheime Steiermark, Volkshilfe sowie  der Verband steirischer Alten, Pflege- und Betreuungsheime an einem Strang. Sie fordern darin eine rasche Entlastung, mehr finanzielle Mittel, mehr Personal.

Konkret sei das Management der Pflegeheime mit seinen rund 13.000 Mitarbeitern an die Grenzen der emotionalen, ökonomischen und personellen Machbarkeit gestoßen, heißt es darin. „Bis heute ist eine gewaltige Improvisation des gesamten Pflegemanagements gefragt“, so die Verantwortlichen unisono. Das vor kurzem präsentierte Pflegepaket der Bundesregierung ändere an der schwierigen Lage der stationären Langzeitpflegeeinrichtungen nur wenig. „Es gilt auch da, die zugesagten Mittel – vor allem jene für die in der Pflege und Betreuung Beschäftigten – auf den Boden zu bringen.“ 

In puncto Personal könne etwa der sofortige Einsatz von Assistenzkräften für eine Entlastung des Pflegepersonals sorgen – bis zu 800 Vollzeitarbeitsplätze könnten so in den steirischen Gemeinden geschaffen werden. Zahlreiche Maßnahmen werden auch gefordert, um die Teuerung und die gestiegenen Sachkosten abzufedern. Man pocht auf einen lösungsorientierten Dialog mit den Pflegeheim-Betreibern. „Damit wir nicht länger vertröstet werden, sondern endlich Maßnahmen gesetzt werden.“

Was alles gefordert wird:

  1. Schwerpunkt Personal:  
    • Sofortiger Einsatz von Assistenzkräften um die MitarbeiterInnen in der Pflege zu entlasten
      Unabhängig von der persönlichen arbeitsmarktpolitischen Situation sollten die Heime auf Basis des Kollektivvertrages SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich) Assistenzkräfte anstellen und im Quartal verrechnen dürfen. Diese Personen können nachweislich die derzeit bereits enorm geforderten Pflegekräfte mit einfachen Hilfsdiensten entlasten.
      Arbeitslosigkeit darf hier keine Bedingung für eine Anstellung sein. Damit würden auch bis zu 800 Vollzeitarbeitsplätze in den steirischen Gemeinden geschaffen werden.
      Die Aufgaben dieser Assistenzkräfte liegen nicht in der Pflege selbst, sondern in der Unterstützung der Pflege- und Betreuungsteams (Unterstützung beim Betten machen, Bewohne- rInnen nach Pflegearbeit in Gruppenräume begleiten, Unterstützen bei der Essenseingabe unter Anleitung des Pflegepersonals, usw.). Nach zwei Jahren könnte es dann eine Evaluierung dieser Maßnahmen geben.
    • Anrechnung von Überstundenpauschalen und tatsächlich geleisteten Mehrleistungsstunden der MitarbeiterInnen (38., 39., 40. Std.) bei der Überprüfung der Personalausstattungsverordnung. Die Fixierung bei den Überprüfungen auf die Wochenstundenverpflichtung laut Arbeitsvertrag alleine greift zu kurz und ist nicht gerecht.
    • Dringliche Korrekturen von Bestimmungen im GuKG:        
      - Verlängerung der Möglichkeit zur verkürzten Ausbildung von Pflegeassistenz zum gehobenen Dienst über 2023 hinaus um mindesten 5 Jahre (s. § 44 GuKG). 
      - Verlängerung der beruflichen Erstausbildung zur Pflegeassistenz über 2025 hinaus (Änderung des § 97 GuKG) 
      - Berufsausübung der Pflegeassistenz in Krankenanstalten über 2025 hinaus ermöglichen (Änderung § 117 Abs.23 GuKG), da sonst keine neuen PflegeassistentInnen mehr nachkommen können.

  • Private Ausbildungsinitiativen fördern, beschleunigen und nicht behindern, Anstellungen und Anrechnungen von MitarbeiterInnen - trotz noch nicht vorhandener Nostrifikation bzw. nicht ausreichenden Deutschkenntnissen - unter Auflagen zulassen und dafür sorgen, dass es finanziell gestützte Angebote gibt, um die Nostrifikationen und die Verbesserung der Deutschkenntnisse zu erlangen bzw. diese zu bezahlen.
  • Übernahme der anteiligen Kosten, wenn Pflegeheime bestehende MitarbeiterInnen höherqualifizieren. Die Heime qualifizieren seit Jahren bestehendes Personal mit Mitteln aus dem AMS ESF (Europäischer Sozialfond) höher (von der Reinigungskraft zur Heimhilfe, von der Heimhilfe zur PflegeassistentIn, usw.)
  • Das Höhere Taschengeld für alle in der Pflegeausbildung befindlichen Personen. Es kann nicht sein, dass das Land nur das Taschengeld bei AbsolventInnen in Landeseinrichtungen erhöht und jene auf Grund von Initiativen der Betreiber von Pflegeheimen ausgebildeten Menschen leer ausgehen. Grundsätzlich ist eine Bezahlung eines Lohns bei einer Pflegeausbildung (Anm.: ein Exekutivbeamter verdient im 1. Ausbildungsjahr € 1.820.--) zu überlegen. Hier hoffen wir stark auf die Umsetzung des Bundes Pflegepakets.
  • Finanzielle Unterstützung auch für Berufsumsteiger (Menschen im Arbeitsprozess, welche in die Pflege wechseln wollen) und nicht nur für Arbeitslose; also eine Auszahlung von Arbeitslosengeld und Bonus, damit die Lebenshaltungskosten getragen werden können. Es darf nicht sein, dass jemand, der berufstätig ist und sich in die Pflege umschulen lassen möchte, zuerst sparen muss, um sich das leisten zu können. Hier gehört jede Hürde abgebaut.
  • Zugang zur Pflegeausbildung als Lehrberuf als einen von vielen Wegen zum Berufszugang zu Pflege- und Betreuungsberufen schaffen. Auch das ist inzwischen im Bundespaket verankert.
  • Entbürokratisierte Anerkennungsverfahren im Bereich von Pflege- und Gesundheitsberufen um eine möglichst rasche Integration von Zuwanderern in diesem Bereich zu unterstützen.
  • Frist für das Aussetzen der Nostrifikations-/Registrierungspflicht verlängern (Nostrifikation bezeichnet die Anerkennung von ausländischen Schul- und Studienabschlüssen, sowie akademischen Abschlüssen).
  • Zeitlich beschränkte Unterschreitungsmöglichkeit bei der Personalausstattungsverordnung (PAVO) wieder so wie vor der letzten Novelle implementieren (Heime werden wegen z.B. 0,5 Unterschreitung beim Pflegepersonal mitten in der Pandemie angezeigt und bestraft), also insgesamt einen Monat pro Jahr. 
  • Die Verpflichtung von 5% PflegefachassistentInnen (PFA) in der PAVO um noch ein weiteres Jahr verschieben, da es noch immer viel zu wenig ausgebildete PFA gibt. 
  • Berücksichtigung von Auszubildenden in gesetzlichen oder verordneten Personalvorgaben entsprechend deren Ausbildungsfortschritt in der PAVO.

2. Schwerpunkt Organisation/Teuerung/Sachkosten: 

▪ Es braucht einen echten an konkreten Maßnahmen orientierten Dialog. Regelmäßige La- gebesprechungen der Ressortverantwortlichen mit den Interessensvertretern der Betreiber von Pflegeheimen. Wir fordern Pflegekonferenzen unter Beteiligung der kommunalen Interessensverbänden, von Betreibern, Gewerkschaften, besonders bei der Entstehung des neuen Pflege- und Betreuungsgesetzes wie von Bedarfsplanungen. 

Die Anforderungen an die Heime und ihre MitarbeiterInnen sind mit jeder Entwicklung der Pandemie neue und andere. Einmalige Pflegegipfel reichen und taugen dafür nicht. Das Land muss sich direkt einen Überblick im Austausch mit den Praktikern der Pandemie verschaffen. Ein Notfall-Präventionsplan ist zu erstellen. Eine verbindliche Regel- kommunikation zur gemeinsamen Lagebeurteilung ist einzurichten.    

  • Förderprogramm für Minderauslastung auch 2022 fortsetzen. Für die Quartale 04/2020 und Q1/ 2021, also den Schwerpunkten der Pandemiewellen, wurden für Heime mit nachweislichen Verlusten aus Minderauslastung Förderprogramme aufgelegt. Omikron hat bereits Ende 2021 und vor allem in den ersten Monaten 2022 weiterhin für Cluster und dadurch auch für bedingte Aufnahmemöglichkeiten bei gleichbleibenden Personalaufwand gesorgt. Auch für diesen Zeitraum Jänner bis Juni 2022 benötigen wir eine Neuauflage der bisherigen Fördercalls für jene Heime, die besonders belastet sind.
  • Die Herausforderung Pflegedienstleitung bewältigen: In der Steiermark muss jede Pflegedienstleitung (egal wie groß das Pflegeheim ist) eine Ausbildung vorweisen, welche sie unter anderem auch zur Führung von mehrgliedrigen Krankenhausanstalten ermächtigt. Während Krankenhäuser im Verbund (beispielsweise Feldbach-Fürstenfeld) geführt werden, wo eine PDL 850 MitarbeiterInnen verantwortet, wäre es derselben Person nur möglich die Pflegepersonen eines 70-Betten Pflegeheimes zu leiten. Corona hat auch zu Ausfällen bei diesen hochqualifizierten Pflegedienstleitungen geführt. Das Land muss Rahmenbedingungen für die Betreiber von Pflegeheimen schaffen, welche in begründeten Einzelfällen Pflegedienstleitungen (PDL), die ihre Ausbildung noch nicht zur Gänze abgeschlossen haben, unter gewissen Auflagen (z.B. bei zeitlicher Nähe zum Abschluss oder durch Mentoring und Coaching einer erfahrenen anderen PDL) zulassen. Oder aber man gleicht sich ans Krankenhaussystem an. Entweder darf man als PDL mehrere Betriebe leiten oder nicht; momentan aber darf ein PDL zwei Krankenhäuser leiten aber keine zwei Pflegeheime!
  • Etablierung und Finanzierung eines Masterlehrganges für Diplomierte Pflegefachkräfte auf der Fachhochschule, damit uns in der nahen Zukunft nicht die Führungskräfte ( Pflege- dienstleiterInnen) ausgehen.
  • Erarbeiten eines Handbuches für schlanke und effiziente Pflegedokumentation gemein- sam mit den Expertinnen der Heime und des Pflegereferates um das fachlich qualifizierte Personal wieder näher an den Bewohnerinnen einsetzen zu können. Hier wird derzeit durch Bürokratie eine künstliche Personalanspannung erzeugt, die weniger Zeit für die Pflege übrig lässt.
  • Einführung eines für 2022 befristeten Stabilisierung – Euro im Bereich der Sach- und Betriebskosten des Normkostenmodells. Neben der teilweise gesondert finanzierten Schutzausrüstung steigen die Kosten bzw. der Verbrauch in den allgemeinen Bereichen (Pflege- und Hygienematerialien, Geringwertige Wirtschaftsgüter, Energiekosten etc.) seit Februar 22 enorm. Der Tagsatz 2022 wurde bereits 2021 abgeschlossen und bildet nichts davon wirklich ab (Sach und Betriebskosten wurden mit 1,5 % valorisiert). Hier benötigt es zur Stabilisierung eine befristete Hilfe. In der Valorisierung 2023 des Tagsatzes werden dann wie bisher üblich die VPI-Entwicklungen der Monate September 2021 bis September 2022 eingepreist und führen für das Folgejahr zumindest für höhere Kostenersätze in diesen Be- reichen. Alternativ könnte die im Normkostenmodell festgelegte Auslastungskennzahl von derzeit 93 % auf rund 90 % reduziert werden.     
  • Sofortige Kostenübernahme der Behörden bei Aufnahme von bezuschußten Bewohnerinnen (in einzelnen Bezirken warten wir teilweise monatelange auf das Geld für bereits er- brachte Leistungen von betreuten Bewohnerinnen, weil die Verwaltung die fristgerecht eingereichten Fälle nicht mehr zeitnah bearbeiten kann. Dies stellt Betreiber von Pflegeheimen vor große wirtschaftliche Herausforderungen).
  • Zahlungsfrist für die monatlichen Abrechnung der Heimaufenthaltskosten verkürzen. Nach vorgelegter Abrechnung auf 14 Tage (statt bisher 30 Tage), damit Heime die Löhne nicht ständig zwischenfinanzieren müssen.
  • Höhere Tagsätze für kleinere (bis zu 50 Plätze) Pflegeheime. Von den in der Steiermark vom Land bewilligten Heimen haben fast die Hälfte der Heime bis zu 50 Plätze. Mit den aktuellen Belastungen können größere Heime derzeit leichter umgehen als kleine Einrichtungen.
  • Valorisierung des Gebäudeanteils im Normkostenmodell umsetzen. Seit Einführung des Normkostenmodells mit Ende 2018 wurde der im Modell enthaltene Anteil für Gebäude vom Land bei den jährlichen Valorisierungen nicht erhöht (z.b. um VPI oder Baupreisindex).

  • Entwickeln eines klaren Kriterienkatalogs/Prüfplans für Überprüfungen der Amtssachverständigen. Somit können Überprüfungen effizienter, objektiver und friktionsfreier (hoher Stresspegel bei Führungskräften) durchgeführt werden, und unnötige Diskussionen werden vermieden.
  • Für Heime, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das gesetzlich erforderliche Ausmaß hinaus durch Initiativen wie z.B. das Hospiz- und Palliativgütesiegel im Sinne einer zeitgemäßen Lebensqualität, Betreuung wie Begleitung qualifizieren, sollen vergleichbar mit den Unterstützungen für das Nationale Qualitätszertifikat finanziell Anreizsysteme für diesen Qualitätsschub geschaffen werden.   


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